Die Entwicklung des Berliner Flaschenbiergeschäfts. Stresemann Gustav

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Die Entwicklung des Berliner Flaschenbiergeschäfts - Stresemann Gustav


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324108 zu 544723 verschoben und vom Jahre 1869 an begann die Produktion des nach bayrischer Art gebrauten Lagerbieres die der obergährigen Biere zu überholen, und hat sich bis in die Gegenwart hinein aus ihrer führenden Stellung nicht mehr verdrängen lassen.

      Zunächst wurde, wie schon bemerkt, eine auffallende Aenderung in der Form des Flaschenbierhandels durch die Einführung und schnelle Ausbreitung des Konsums von »bayrischem Bier«, wie es in Berlin genannt wurde, nicht bewirkt. Eine Konkurrenz wurde dadurch den Weissbierbrauereien und den auswärtigen Brauereien geschaffen, die Bier nach Berlin exportierten. Diese Konkurrenz wirkte auch auf die Bier-Niederlagen ein, denn es ist ersichtlich, dass z. B. der Absatz auswärtiger untergähriger Biere durch die Konkurrenz des neuen Berliner untergährigen Bieres bedroht sein musste. Die übrigen Bierhändler schwankten eine Zeit lang in ihrer Stellungnahme zu dem neuen Biere; ein Teil unter ihnen beschränkte sich bis in den Anfang der sechsziger Jahre hinein auf den Absatz von Weiss- und Braunbier. Die Mehrzahl jedoch kam dem Verlangen ihrer Kunden nach, zog auch das »bayrische Bier«[8] auf Flaschen und versuchte dadurch den Ausfall der durch die Zurückdrängung des Konsums von Weissbier herbeigeführt wurde, zu kompensieren. Allerdings waren ja von vornherein für den Flaschenbiervertrieb die Chancen bei dem bayrischen Biere erheblich ungünstigere als bei dem Weissbier. Da das Weissbier auf Flaschen gezogen werden musste, so war bei ihm der Absatz in Flaschen gleich 100 %. Das bayrische Bier dagegen kam zu etwa 70 % vom Fass zum Ausschank und nur der kleinere Teil wurde in der Form des Flaschenbieres genossen. Neben den grossen Ausschanklokalen, in denen — schon der Bequemlichkeit halber — das bayrische Bier sich äusserst schnell einbürgerte, begannen auch die Gastwirte nach und nach mit dem Ausschank und wenn es auch gewiss in den sechsziger Jahren noch keine Gastwirtschaften gab, welche nur bayrisches Bier ausschänkten, so verringerte sich doch andererseits auch ständig die Zahl derjenigen, welche nur Weissbier führten und allmählich begannen diejenigen Geschäfte zu überwiegen, bei denen das Hauptgewicht auf dem Ausschank des bayrischen Bieres lag.

      Auf den ersten Blick scheint es, als wenn diese Veränderung in den Konsumtionsverhältnissen den Bierhändlern nur Nachteile hätte bringen können. Vor allen ging die Lieferung an die grossen Ausschanklokale in Berlin und Umgegend zurück; eine Kompensation durch Lieferung von bayrischem Bier war hier ausgeschlossen, denn wenn diese Ausschankstätten bayrisches Bier verschänkten, so bezogen sie es in Fässern von den Brauereien. Doch stand dieser Absatzminderung zunächst die absolute Steigerung der Weissbierkonsumtion entgegen, die im Zusammenhang mit der Bevölkerungszunahme auch damals anhält. Dazu kommt aber noch ein anderes Moment. In vielen Gastwirtschaften hatte, wie schon bemerkt, der Ausschank von bayrischem Bier den des Weissbieres bei weitem überflügelt. Unter diesen Umständen hielt es der betreffende Gastwirt nicht mehr für nötig, das Weissbier selbst abzuziehen, sondern bezog es in Flaschen vom Bierverleger. Es hängt dies damit zusammen, dass der Abzug des bayrischen Bieres, das Verschänken des in der Brauerei genussreif hergestellten Bieres durchaus keine Schwierigkeiten macht, im Vergleich zu dem Abzug von Weissbier, das zumal früher eine individuelle Behandlung verlangte (vgl. später S. 58). So kam es denn, dass mit der Einführung des bayrischen Bieres viele Leute aus allerlei Berufen ohne irgend welche Vorkenntnisse eine »Kneipe« aufmachten, denen das Abziehen des Weissbieres nicht nur wegen des geringeren Absatzes unnötig, sondern in den meisten Fällen unbequem erschien und die es deshalb vorzogen, das Bier vom Flaschenbierhändler zu beziehen. War früher der Gastwirt fast in allen Fällen ein Konkurrent des Flaschenbierhändlers, so wurde jetzt eine grosse Anzahl zu Kunden ihres früheren Konkurrenten. Eine ähnliche Erscheinung finden wir bei den Viktualienhändlern. Ein Teil derselben betrieb den Absatz von Bier als Hauptgeschäft und bildete das Hauptkontingent für den neu sich bildenden Stand der Bierverleger, die übrigen jedoch gaben den Abzug des Bieres auf und zogen es vor, das Bier in Flaschen vom Flaschenbierhändler zu beziehen.

      Es ist anzunehmen, dass diese Umwandlungen in der Gastwirtschaft und im Viktualienhandel die durch die Einführung des bayrischen Bieres bedingte teilweise Ungunst der Geschäftslage aufhoben. Nimmt man hinzu, dass der Bedarf fortwährend im Steigen begriffen war, eine Uebersetzung in dem Gewerbe des Flaschenbierhandels aber nicht eintrat, so konnte die Lage der Flaschenbierhändler ohne Uebertreibung als eine sehr günstige bezeichnet werden. Diese Gunst der Geschäftslage führt dazu, dass zunächst schon in den fünfziger, in stärkerem Massstabe dann in den sechsziger Jahren aus den verschiedenen Betriebsvereinigungen der Flaschenbierhandel als selbstständige Unternehmung sich loszulösen beginnt. Und zwar aus dem Viktualiengeschäft und der Gastwirtschaft der Bier-Verlag, aus der in Verbindung mit Restauration oder Kolonialwarenhandlung betriebenen Bier-Niederlage die selbständige Vertretung. Im Jahre 1868 finden wir im Branchenregister des Berliner Adressbuches zum ersten Male die Rubrik »Bier-Verleger« und zwar werden in ihr 102 Namen aufgeführt mit Inbegriff der Vertretungen auswärtiger Brauereien. Dieser Umstand ist natürlich nicht dahin zu deuten, als ob im Jahre 1868 oder überhaupt in einem Zeitraum von wenigen Jahren die Umwandlung aus der Betriebsvereinigung in den selbständigen Bierverlag vor sich gegangen sei, es wurde schon darauf hingewiesen, dass bereits in den fünfziger Jahren Bierverlagsgeschäfte als solche bestanden.[9] Andererseits ist als ebenso sicher anzunehmen, dass der Prozess der Loslösung des Bierverlages aus der Betriebsvereinigung auch im Jahre 1868 noch nicht abgeschlossen war und namentlich die Form der Betriebsvereinigung des Bier-Verlages mit der Gastwirtschaft vielfach noch bestand. Immerhin ist die Thatsache, dass im Jahre 1868 die Bierverleger durch die Aufnahme ihres Gewerbes im Berliner Adressbuch als besonderer Berufsstand gewissermassen legitimiert wurden, wichtig genug, um in ihr einen gewissen Abschluss des ersten Teiles der Entwicklung des Berliner Flaschenbierhandels zu sehen. Noch aus einem anderen Grunde. Um dieselbe Zeit, in welcher der Bierverlag immer mehr selbständig wurde, entsteht gleichzeitig in Berlin die erste Lagerbrauerei für bayrisches Bier in der Form der Aktiengesellschaft, welche versucht, die als Zwischenglieder zwischen Brauerei und Publikum stehenden Bierverleger dadurch auszuschalten, dass sie, und zwar im Jahre 1868, ihr Flaschenbier direkt an die Konsumenten absetzt. Der Bierverlag als selbständiges Unternehmen auf der einen — die Lagerbierbrauerei als Aktiengesellschaft, welche den Flaschenbiervertrieb in eigene Regie nimmt, auf der anderen Seite — eröffnen für unsere Betrachtung ganz neue Ausblicke, die von selbst in die zweite Periode der Entwicklung des Berliner Flaschenbierhandels hinüberleiten.

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