Gedanken über Religion. George John Romanes

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Gedanken über Religion - George John Romanes


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sowie der anderen, die einen Einblick in das innere Leben des Verfassers gestatten, besorgt. Diese Aufsätze sind vor 3 Jahren unter dem Titel „Thoughts on religion“ erschienen und haben innerhalb zweier Jahre in England sieben Auflagen erlebt. Das Buch verdient es im höchsten Grade, auch in Deutschland bekannt zu werden, um auch bei uns in ähnlicher Weise wie die Werke des auch leider zu früh entschlafenen Drummond ein Zeuge dafür zu sein, daß Glaube und Wissen keine Gegensätze sind.

      Der Unterzeichnete hat, nachdem er das Buch kennen lernte, die deutsche Ausgabe um so lieber übernommen, als der Inhalt dieses Buches in derselben Richtung liegt wie manche seiner eignen Schriften, und er übergiebt seine Bearbeitung nunmehr der Öffentlichkeit mit dem Wunsche, daß sie bei seinen naturwissenschaftlichen Fachgenossen ebenso wie bei anderen zum weiteren Nachdenken anregen möchte. — Wie die Übersetzung nicht immer leicht gewesen ist, so wird es auch die Lektüre nicht immer sein; dieselbe fordert an manchen Stellen Aufmerksamkeit und Nachdenken, wird aber auch den Leser, der beides nicht scheut, ganz gewiß reichlich belohnen.

      Die letzten Abschnitte sind Fragmente, die leider unvollendet blieben, der Verfasser ist eben mitten in der Arbeit an dem Buch und mit ihm an seinem religiösen Glauben abberufen worden, niemand wird anders können als mit Canon Gore voller Wehmut bedauern, daß es nur Fragmente sind. Aber der Übersetzer ist auch überzeugt, niemand wird dieses Buch aus der Hand legen, ohne ein Gefühl der Verehrung für den edlen Mann, dessen unbeugsames, „unbefangenes“, reines und selbstloses Streben nach Wahrheit in ihm so lebhaft und schön zum Ausdruck kommt.

      Einen besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle noch dem englischen Herausgeber Canon Ch. Gore an Westminster für sein lebhaftes Interesse an der Übersetzung aussprechen, dasselbe zeigte sich auch darin, daß er eine Korrektur des Druckes gelesen hat.

      Rüngsdorf-Godesberg.

      Dr. phil. E. Dennert.

       Inhaltsverzeichnis

      Romanes hat mit 25 Jahren 1873 eine Abhandlung geschrieben, in der er das Verhältnis des Gebets zur Unabänderlichkeit der Naturgesetze erörtert. Hier zeigt er einen ganz theistischen Standpunkt, ja, er ist damals sogar noch Anhänger des christlichen Offenbarungsglaubens, den er mit der Unabänderlichkeit der Naturgesetze zu versöhnen sucht. Bald nach jener Zeit jedoch muß er sich innerlich merkwürdig schnell geändert haben, wie das seine anonym im Jahr 1878 veröffentlichte „Unbefangene Prüfung des Theismus“ zeigt. Hier untersucht er mit großer Gewissenhaftigkeit und Schärfe die Frage nach dem Dasein Gottes. Sein Gedankengang ist ungefähr folgender:

      Der Theismus erklärt die Welt nicht besser als der Atheismus. Daß unser Herz einen Gott fordern soll, ist ganz subjektiv und beweist obendrein auch nicht, daß ein Gott existiert, jedenfalls nicht für die, deren Herz einen Gott nicht fordert. Daß die Menschheit in dem Glauben an einen Gott übereinstimmt, ist nicht der Fall; daß die Welt eine erste Ursache haben müsse logisch nicht haltbar; ebenso wenig läßt sich beweisen, daß alle Kausalität einem Willen entspringen müsse. Auch der Gedanke, daß unser Geist auf einen anderen Geist als Ursache hinweise, ist (hierbei offenbart sich der Einfluß des damaligen naturwissenschaftlichen Materialismus auf Romanes) zurückzuweisen, ebenso die aus „vermeintlicher“ Willensfreiheit und sittlichem Bewußtsein abgeleiteten Argumente: jene existiert nicht, dieses ist das Ergebnis einer natürlichen Entwicklung (nach Darwin).

      Die Wichtigkeit des aus dem Zweck gefolgerten Beweises für das Dasein Gottes ist anzuerkennen, trotzdem ist er nicht stichhaltig. Auch die wundervolle Schönheit und Harmonie des Weltalls läßt sich mit Notwendigkeit aus der Erhaltung des Stoffes und seinen Eigenschaften ableiten. So brechen also alle Beweise für das Dasein Gottes scheinbar hoffnungslos zusammen. Ist der Satz, daß zur Erklärung der Welt eine intelligente Ursache nötig sei, nun nicht aber doch nur ein solcher, der höchstens Wahrscheinlichkeit, nicht aber Gewißheit beansprucht? Kann höhere Erkenntnis ihn am Ende nicht ganz umstoßen? Ja, es ist möglich, daß die Wahrscheinlichkeit, die Natur sei ohne Gott, vom naturwissenschaftlichen Standpunkt aus sehr groß, vom logischen aus aber ganz wertlos ist; jene Wahrscheinlichkeit ist thatsächlich keine absolute, und das um so weniger als es in dem Zusammenwirken der Naturgesetze doch noch einen unerklärbaren Rest giebt, nämlich die kosmische Harmonie; — diese Abänderung der Zweckmäßigkeitslehre nennt Romanes metaphysische Teleologie, ihre Grundlage liegt jenseits der Naturwissenschaft und ist der letzteren ganz unzugänglich. Nun fragt es sich aber noch, ob diese Grundlage sonst ganz einwandfrei ist, ob also die metaphysische Teleologie die Harmonie des Weltalls begreiflicher macht als der Atheismus? Romanes kommt in seiner Untersuchung zu dem Resultat, daß keine von beiden Erklärungen vor der anderen etwas voraus habe. Man wird über die Annahme der einen oder der anderen Erklärung nach seiner sonstigen Gewohnheit zu denken entscheiden müssen. Gewißheit läßt sich darüber nicht erlangen. Romanes selbst kommt hier zu einer völligen Verneinung Gottes, allein mit ergreifenden Worten (I, § 7) bekennt er, daß damit das Weltall für ihn die „liebenswerte Seele“ verloren habe.

      Zweierlei fällt in dieser Abhandlung besonders auf: der Glaube an das ausschließliche Recht der naturwissenschaftlichen Methode und der Ton der Gewißheit. Beides hat sich nachher bei Romanes sehr geändert. Er hat sich von jener Zeit an wieder mehr und mehr von dem schroffen Skeptizismus abgewendet; es ist bezeichnend, daß er schon 1885 in der Schrift „Geist und Bewegung“ eine strenge Kritik der materialistischen Ansicht vom Geist liefert und einem pantheistischen oder auch schon theistischen Monismus zuneigt. Drei Jahre darauf schrieb Romanes einige bisher nicht veröffentlichte Artikel über den „Einfluß der Naturwissenschaft auf die Religion“. Zwei von diesen bilden den zweiten Hauptabschnitt dieses Buches. Sie enthalten eine Kritik jener anonymen „Unbefangenen Prüfung des Theismus“, haben aber noch einen ganz skeptischen Schluß.

      Nach diesen Vorbemerkungen wird ihr Inhalt keine Schwierigkeiten machen.

       Einleitung des Herausgebers (Charles Gore)

       und

       Bericht über frühere Arbeiten des Verfassers.

       Inhaltsverzeichnis

      George John Romanes, der heimgegangene Verfasser von „Darwin und nach Darwin“, so wie von „Prüfung der Weismannschen Lehre“, nahm in den letzten Jahrzehnten eine hervorragende Stellung in der Biologie ein. Aber er beschäftigte sich auch unaufhörlich und je länger desto mehr mit den Problemen der Metaphysik und Theologie. Bei seinem im Frühsommer dieses Jahres (1894) erfolgten Tode hinterließ er unter seinen Papieren einige Notizen, welche zumeist im vorhergehenden Winter geschrieben und für ein Werk über die Grundfragen der Religion bestimmt waren. Er hatte angeordnet, daß diese Aufzeichnungen mir gegeben werden sollten, damit ich mit ihnen nach meinem Dafürhalten verführe.

      Nach seinem Tode wurden sie mir demgemäß zugleich mit einigen noch nicht veröffentlichten Abhandlungen, von denen zwei den ersten Teil dieses Buches bilden, eingehändigt. Nachdem ich die Notizen gelesen und das für mich maßgebende Urteil Anderer über sie gehört habe, trage ich kein Bedenken, ihren bei weitem größeren Teil zu veröffentlichen und zwar mit dem Namen des Autors, obwohl das Buch ursprünglich anonym erscheinen sollte. Nach dem Wenigen, was mir George Romanes selbst darüber gesagt hat, zweifle ich keinen Augenblick, daß er damit einverstanden sein würde, wenn die Veröffentlichung nach seinem Tode unter seinem Namen geschieht.

      Ich sagte, daß ich nach der Lektüre dieser Notizen nicht daran zweifelte, daß sie veröffentlicht werden sollten. Sie verdienen es wegen ihres inneren Wertes und auch deshalb, weil sie die religiöse Denkweise eines Naturforschers beleuchten, der im hohen Grade begabt, vielseitig gebildet und in seltenem Maße unparteiisch und offenherzig war. Von allen diesen Eigenschaften legen die Notizen, die ich hiermit der Öffentlichkeit übergebe, unzweifelhaft Zeugnis ab.


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