Gedanken über Religion. George John Romanes

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Gedanken über Religion - George John Romanes


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Prüfung“ zu befreien, kann ich nicht sagen. Aber nach einem Zeitraum von 10 Jahren finden wir — in seiner „Rede“-Vorlesung vom Jahre 1885[19] — eine große Veränderung in seiner Geistesrichtung. Diese Vorlesung über „Geist und Bewegung“ ist eine strenge Kritik der materialistischen Ansicht vom Geist. Andrerseits wird hier der „Spiritualismus“ — oder die Theorie, die den Geist als Ursache der Bewegung voraussetzen möchte — vom naturwissenschaftlichen Standpunkt aus als zwar nicht unmöglich, aber unbefriedigend bezeichnet; wahrscheinlicher erscheint ihm ein Monismus ähnlich dem Brunos, nach welchem „Geist und Bewegung“ koordinierte und wahrscheinlich gleichwertige Ansichten einer und derselben allgemeinen Thatsache sind, ein Monismus, der Pantheismus genannt, aber auch als eine Erweiterung theistischer Ansichten angesehen werden könnte[20].

      Den Standpunkt, welcher in dieser Schrift zum Ausdruck kommt, kann man deutlich aus ihrem Schluß ersehen:

      „Wenn der Fortschritt der Naturwissenschaft uns nun beständig dazu führt, daß es keine Bewegung ohne Geist giebt, müssen wir dann nicht erkennen, daß dadurch jene an sich schon unabhängige Schlußfolgerung der Geisteswissenschaft ganz unabhängig von ihr bestätigt wird? Ich meine die Schlußfolgerung, daß es kein Sein ohne Erkennen giebt. Mir wenigstens scheint es, als wenn die Zeit gekommen wäre, in der wir gleichsam in aufdämmerndem Licht erkennen können, daß das Studium der Natur und das Studium des Geistes in dieser größten aller Wahrheiten zusammen treffen. Und wenn dies der Fall ist, — wenn es keine Bewegung ohne Geist, kein Sein ohne Erkennen giebt, — sollen wir dann mit Clifford den Schluß ziehen, daß das universelle Sein ohne Geist sei, oder dogmatisch die erstaunlichste von allen Fragen verneinen: „Besitzt der Allerhöchste eine Erkenntnis?“ Wenn es keine Bewegung ohne Geist, kein Sein ohne Erkennen giebt, wollen wir dann nicht lieber mit Bruno den Schluß ziehen, daß wir in dem Medium des Geistes und der Erkenntnis leben, weben und sind?

      Nach dieser Richtung hin zielen, denke ich, alle Folgerungen, wenn wir die logischen Bedingungen sorgfältig und mit vollkommener Unparteilichkeit erwägen. Doch die weitere Frage bleibt dann, ob es hier, so weit die Naturwissenschaft in Betracht kommt, überhaupt möglich ist, eine Folgerung zu ziehen: der ganze Kreis menschlicher Erkenntnis möchte doch vielleicht zu eng sein, um eine Parallaxe für so ungeheure Messungen zu gestatten. Aber wenn wirklich die Stimme der Naturwissenschaft derartig gezwungenermaßen die Sprache des Agnostizismus sprechen muß, dann wollen wir doch wenigsten dafür sorgen, daß diese Sprache rein ist[21]. Laßt uns keine Barbarei von Seiten des angreifenden Dogmas[22] dulden. Dann werden wir sehen, daß diese neue Grammatik des Denkens durchaus keine Konstruktionen zuläßt, welche ehrwürdigeren Denkweisen durchaus entgegengesetzt wären; und dies selbst dann nicht, wenn wir sehen, daß sich jene oft zitierten Worte, in denen diese Thatsache zuerst formuliert wurde, nicht gerade mit besonderer Überzeugung auf seine jüngsten Dialekte anwenden lassen, daß nämlich „eine oberflächliche Kenntnis der Physiologie und Psychologie die Menschen zum Atheismus führt, eine tiefere Kenntnis von beiden und noch mehr, ein tieferes Nachdenken über ihre Beziehungen zu einander, die Menschen zu irgend einer Religionsform zurückführen muß“[23], die wenn auch unbestimmter, doch würdiger sein mag, als diejenige früherer Tage“.

      Einige Zeit vor dem Jahre 1889 wurden für das „Nineteenth Century“ drei Artikel über den Einfluß der Naturwissenschaft auf die Religion geschrieben. Sie sind nie veröffentlicht worden, warum kann ich nicht sagen. Ich hielt es aber für angebracht, die beiden ersten als ersten Teil dieses Buches drucken zu lassen, einmal weil sie — mit George Romanes eigenem Namen unterschrieben — eine wichtige Kritik der „Unbefangenen Prüfung“, die er doch anonym veröffentlicht hatte, enthalten, und dann auch darum, weil sie mit ihrem durchaus skeptischen Ergebnis sehr klar eine besondere Stufe in der geistigen Entwicklung ihres Verfassers kennzeichnen.

      Wer nun diese Einleitung gelesen hat, wird die Vorläufer der vorliegenden Schriften verstehen. Was noch zur weiteren Einführung in die „Notizen“ selbst zu bemerken übrig bleibt, mag lieber später gesagt werden.

      C. G.

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