Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

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Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Und grau?

       Sparsam gelockt nach Greisenart,

       Wie Silber oder Eis den Bart, –

       Harmlos, wiewohl noch so respekt-

       einflößend, daß er Kinder schreckt?

       Ob Du ihn noch mit filznen Schuhn

       Versehn hast, mag auf sich beruhn;

       Doch willst Du, daß er ganz echt sei,

       So füg noch Brill' und Schlafmütz' bei!

      Ejnar (zornig.)

       Was soll dies, Brand, –

      Brand. Dies ist nicht Spott,

       Dies ist das treue Konterfei

       Von unsres Volks Familiengott.

       Wie den Papisten der Messias

       Als Wickelkind erscheint, so gilt

       Euch hier der Herr als Jeremias,

       Der just noch kindisch lallt und schilt.

       Und wird der Papst auf Petri Stuhl

       Bald nur mehr seine Schlüssel haben,

       So habt Ihr bald im Kirchenpfuhl Auf immer Gottes Reich begraben. Ihr trennt das Leben von der Lehre; Zu üben sie, – wem gilt's als Ehre? Ihr strebt, Euch geistlich zu erheben, Doch nicht, aus ganzer Kraft zu leben. Euch frommt, daß Eure Art bestehn kann, Ein Gott, der durch die Finger sehn kann, Der, daß ein Bild er Eurer Welt wird, Mit Glatz' und Schlafmütz' dargestellt wird. Doch diesem Gotte bin ich blind! Mein Gott ist Sturm, wo Deiner Wind, Unbeugsam, wo der Deine flau, All-liebend, wo der Deine lau. Und jung wie Herkules ist er, Kein alter Vater Sechziger! Sein Wort, das traf wie Blitzesschlag, Da er als Flamm' im Dornenhag Vor Moses auf dem Horeb stand, Wie vor dem Zwerglein der Gigant. Er hielt die Sonn' in Gibeons Tal Und tat der Wunder ohne Zahl Und tät' sie heut noch immerzu, Wär' dies Geschlecht nicht schlaff wie Du!

      Ejnar (mit unsicherem Lächeln.)

       Und nun soll's umgeschaffen werden?

      Brand.

       Das soll's, noch eh' mein Leben hin,

       So wahr ich weiß, daß ich auf Erden

       Als Arzt für sein Gebrechen bin.

      Ejnar (schüttelt den Kopf.)

       Lösch' nicht das Hölzchen, mag's auch rauchen,

       Eh' Du die Leuchte nicht gespeist;

       Streich nicht die Worte, die wir brauchen,

       Bevor Du nicht die neuen weißt.

      Brand.

       Nichts Neues soll durch mich geschehn;

       Aufs Recht des Ewigen will ich sehn.

       Nicht Dogmen oder Kirche sollen

       Mir Dank für neue Formen zollen;

       Denn wie einmal ihr Sein begann,

       So ist wohl auch der Tag bestimmt,

       An dem ihr Sein ein Ende nimmt.

       Erschaffnem hängt sein finis an;

       Es liegt in der Verwesung Bann

       Und eilt, nach unverrückter Norm,

       Von Form zu immer neuer Form.

       Doch was in all dem ewig kreist,

       Das ist der unerschaffne Geist,

       Dem, nach dem Fall im Paradies,

       Der Heiland neue Bahnen wies:

       Da schlug er glaubensstark die Brück'

       Vom Fleisch zum Urquell Gott zurück.

       Heut weist er sich verblaßt, verflacht, – Ganz nach dem Gott, den Ihr Euch macht; – Doch soll aus diesen Seelenstümpfen, Aus diesen Geistestorsorümpfen, Aus diesen Köpfen sich und Händen Ein Ganzes wiederum vollenden, Daß sich, wie einst am Schöpfungstag, Gott seines Adam freuen mag!

      Ejnar, (Brand unterbrechend.)

       Leb' wohl! Ich glaub', es ist am besten,

       Wir trennen uns.

      Brand. Geht Ihr nach Westen,

       So ich nach Norden. Hier wie dort

       Erreicht man gleich geschwind den Ort.

       Lebt wohl!

      Ejnar. Leb' wohl!

      Brand (dreht sich im Abstieg noch einmal um.)

       Scheid Licht und Dunst!

       Das Leben, Freund, – ist eine Kunst.

      Ejnar (winkt abwehrend.)

       Mach' Du nur alle Dinge neu;

       Ich halt' dem alten Gott die Treu'!

      Brand.

       Gut, mal' ihn Du am Krückenstab; –

       Ich geh' und leg' ihn in sein Grab!

       (Steigt den Felspfad hinab.)

      Ejnar (schickt sich schweigend an zu gehen und blickt dem sich Entfernenden nach.)

      Agnes (steht einen Augenblick wie geistesabwesend; dann fährt sie auf, sieht sich unruhig um und fragt:)

       Verlosch die Sonne?

      Ejnar. Nur ein Flor

       Verhüllt sie. Da! Schon kommt sie vor.

      Agnes.

       Wie kalt der Wind hier bläst!

      Ejnar. Er weht

       Dort durch den Sattel. Komm, hier geht

       Der Weg hinab.

      Agnes, (nach Süden weisend.)

       So schwarz und nah

       Stand doch vorhin der Berg nicht da.

      Ejnar.

       Des hattest Du vor Glück nicht acht,

       Eh' nicht sein Schrei Dich irr gemacht.

       Doch mach' er sich den Weg nur schwer,

       Wir spielen weiter wie bisher.

      Agnes.

       Nein, nein, nicht jetzt, – ich bin's nun satt.

      Ejnar.

       Das gilt im Kern wohl auch von mir.

       Auch geht's bergabwärts nicht so glatt

       Als auf dem flachen Rücken hier.

       Doch sind wir drunten erst im Tal,

       So tanzen wir just zehenmal

       So wild und lustig durch die Welt,

       Als eh' er uns den Weg verstellt. –

       Sieh, Agnes, was dort außen blaut,

       Von Sonnenflimmern überbraut,

       Sieh, wie es nun wie Silber blinkt

       Und nun wie Bernstein, goldig schwer, –

       Das ist das große, frische Meer,

       Das von dort außen grüßt und winkt!

       Und siehst Du dort im klaren Hauch

       Den langen Streifen dunklen Rauch?

       Und siehst Du dort das schwarze Ding,

       Das just ums Vorgebirge ging?

       Den Dampfer, Du, der Dein und mein?

       Nun steuert er den Fjord herein.

       Heut abend dampft er wieder fort,

       In See, mit Dir und mir an Bord! –

       Da deckt der Nebel alles zu. –

       Sag', Agnes, schickst Du denn kein Wort

       Dem wunderbaren Schauspiel nach?

      Agnes (blickt verloren gerade aus und


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