Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

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Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Zehntausend Körbe Spelt im Wind.

      Der Vogt.

       Ich lud Sie nicht zu Worten ein.

       Dem leeren Bauch sind Worte Stein.

      Ejnar.

       Du weißt nicht, wie das Volk hier litt,

       Sonst fühltest Du sein Elend mit!

       Hier ist ein Grab voll bittern Wehs.

       Hier liegen Leichen –

      Brand. Ja, ich seh's.

       An jedes Aug's bleigrauem Rand

       Erkennt man hier des Richters Hand.

      Der Vogt.

       Und trotzdem bleibt Ihr Herz wie Stahl?

      Brand (tritt hernieder unter die Menge und spricht mit Nachdruck:)

       Wär's Leben hier gedrückt und schal,

       Ging' trägen Gangs in Eintagsnot,

       Erbarmte mich dies Schrein nach Brot.

       Wenn Du auf Vieren kriechen mußt,

       Erwacht das Tier in Deiner Brust.

       Schleicht Tag um Tag in dumpfer Ruh',

       Im Schlaftrott, wie ein Leichenzug,

       Da raunt Dir leicht Verzagtheit zu,

       Du seist getilgt aus Gottes Buch.

       Euch aber ist der Herrgott gut,

       Euch träuft er Todesangst ins Blut,

       Euch geißelt er bis dicht vors Grab,

       Nimmt wieder Euch, was er Euch gab –

      Mehrere Stimmen (unterbrechen ihn drohend.)

       Er höhnt uns noch in unsrer Not!

      Der Vogt.

       Er gönnt Euch nicht das bißchen Brot!

      Brand (schüttelt den Kopf.)

       O hülf' Euch doch mein rotes Blut

       Gleich eines Heilquells Wunderflut,

       Ich öffnete der Adern Deich,

       Bis jede Vene leer und bleich.

       Doch damit mißverständ' ich Ihn! Seht, Gott will Euch dem Staub entziehn! Ein rechtes Volk, – ist's auch nicht stark, – Entsaugt dem Unglück Macht und Mark; Der Geist steigt adlergleich empor, Vom Auge sinkt des Eintags Flor, Der Wille wirft sein Haupt zurück Und weiß: ihm wird des Sieges Glück. Doch wen nicht adelt, was ihn schmerzt, Der hat, daß Gott ihm hilft, verscherzt!

      Ein Weib.

       Da zieht ein Wetter auf, seht, seht, –

       Wie durch sein Wort herbeigeweht!

      Ein Anderes.

       Gott straft ihn noch! Ich sag's vorher!

      Brand.

       Dein Gott tut keine Wunder mehr!

      Die Weiber.

       Welch' Wetter!

      Stimmen aus der Menge.

       Steinigt, stecht ihn fort!

       Was will der Unmensch hier am Ort!

      (Das Volk schart sich drohend um Brand. Der Vogt tritt dazwischen. Ein Weib, verwildert und zerrissen, kommt den Berg hinabgeeilt.)

      Das Weib (schreit der Menge zu:)

       In Jesu Namen, steht mir bei!

      Der Vogt.

       Was gibt's? Wo fehlt's? Red' frank und frei!

      Das Weib.

       Ich brauch' nicht Euer Brot und Geld!

       Mich traf das Ärgste von der Welt!

      Der Vogt.

       Nun, was denn? Sprich!

      Das Weib. Ich kann nicht –! Wo

       Ist Euer Pfarrer?

      Der Vogt. Danach rufst

       Du hier umsonst –

      Das Weib. Verloren! O!

       Hart warst Du, Gott, daß Du mich schufst!

      Brand (nähert sich ihr.)

       Vielleicht ist doch ein Priester hier.

      Das Weib (ergreift ihn am Arm.)

       So hab' Erbarmen, schaff' ihn mir!

      Brand.

       Erst sprich! So tu' ich, was ich kann.

      Das Weib.

       Quer überm Fjord –

      Brand. Nun, was?

      Das Weib. Mein Mann –

       Kein Brot – drei magre Kinderlein – –

       Sag', er ist nicht verdammt! Sag' nein!

      Brand.

       Sprich erst.

      Das Weib (zeigt auf ihre Brust.)

       Verdorrt war ich und leer;

       Nicht Gott, nicht Menschen halfen mehr;

       Das Jüngste lag am Tod, – da trug's

       Mein Mann nicht mehr, – und er – erschlug's –!

      Brand. Erschlug's –?

      Das Volk (entsetzt.)

       Sein Kind!

      Das Weib. Im selben trat

       Ihn an die Sünde seiner Tat!

       Anfiel die Reu' ihn wie ein Brand,

       Ans eigne Leben legt' er Hand.

       O komm, trotz Sturm und Wellennot!

       Er flucht dem Leben, bebt vorm Tod,

       Die Leich' im Arm liegt er und nennt

       Des Bösen Namen ohne End'!

      Brand (für sich.)

       Ja, hier ist Not.

      Ejnar (bleich.) Er stirbt verdammt.

      Der Vogt.

       Der Mann gehört nicht in mein Amt.

      Brand (kurz, zu der Menge.)

       Ein Boot los! Und begleit' mich einer!

      Ein Mann.

       Bei diesem Wind? Das wagt Dir keiner!

      Der Vogt.

       Den Fjord rund läuft ein Steig –

      Das Weib. Nein, nein, –

       Der Weg ist jetzt zu ungewiß;

       lch kenn' ihn, doch der Sturzbach riß

       Dicht hinter mir den Holzsteg ein!

      Brand.

       Ein Boot macht los!

      Ein Mann. Unmöglich jetzt,

       Wo sich die See so widersetzt!

      Ein Anderer (zeigt nach dem andern Ufer.)

       Dort kommt's herunter, – Fels und Strauch!

       Der ganze Fjord ist Staub und Rauch!

      Ein Dritter.

       Solang' der Sturm so drohend spricht,

       Enthebt der Propst Dich Deiner Pflicht!

      Brand.

       Ein Sünder, dessen Stunde schlägt,

       Verzieht nicht, bis ein Sturm sich legt!

       (Springt in ein Boot und zieht das Segel auf.)

       Ihr wagt das Schiff?

      Der Eigentümer.


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