Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

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Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Wie einer Hasenscharte Mal.

       Herbstabend. Vater war nicht mehr;

       Du lagst als krank. Ich schlich hinein, –

       Da schlief er bleich im Kerzenschein.

       Aus einem Winkel starrt' ich bang

       Nach ihm und sah, er hielt ein Buch;

       Mich schreckte seines Schlafes Schwere,

       Der Adern bläulich blasse Leere;

       Ich roch das kalte Leichentuch; –

       Da hört' ich Tritte her vom Gang; –

       Ein Weib ging, – ohne mich zu sehn, –

       Zum Bett hin auf gereckten Zehn,

       Hub an sich drüber hinzubücken,

       Den Toten hin und her zu rücken, –

       Um Bund auf Bund hervorzuziehen

       Und zählend, flüsternd hinzuknieen, –

       Bis eine pralle Lederkatze

       Ans Licht kam, gierig aufgerissen,

       Nein, aufgekratzt und aufgebissen, –

       Und grub und grub, bis alles leer war,

       Und zählte, schmälte, daß nicht mehr war,

       Und weinte, klagte, schalt und schwur,

       Stets Weitrem witternd auf der Spur, –

       Und dann – mit Jubels Überschwang,

       Ein Falke, schoß sie auf den Fang.

       Zuletzt war alles umgedreht;

       Sie ging, wie ein Verdammter geht,

       Den Fund in ihren Schurz geschicht't

       Und stöhnend: Mehr war's also nicht.

      Die Mutter.

       Groß war die Fordrung, klein der Fund;

       Ich war betrogen bis zum Grund.

      Brand.

       Noch mehr. Der karge Sündenlohn

       Betrog Dich auch noch um den Sohn.

      Die Mutter.

       Ja, 's ist nun mal der Lauf der Welt:

       Mit Blute kauft sich Gut und Geld.

       Ich zahlte hohen Preis genung;

       Mich deucht, ich ließ mein Leben jung.

       Ich ließ, was längst sich nun empfahl, –

       Ein Ding wie Wind und Sonnenstrahl,

       Ein Ding, das dumm und schön zumal;

       Ein Ding, des Name kaum mir blieb;

       Ich glaub', die Leute schalten's Lieb'.

       Ich weiß noch gut, wie's an mir fraß,

       Noch gut, wie mir's der Vater las:

       Was ist der Häuslerssohn Dir nütze!

       Der Brand, ob auch ein welker Ast,

       Das ist ein Kerl von Grips und Grütze!

       Der mehrt Dir doppelt, was Du hast! –

       Ich nahm ihn; Schimpf war mein Gewinn.

       Er bracht' es nie und nie dahin.

       Doch ich hab' Tag und Nacht geheckt,

       So daß der Rest nun balde kleckt.

      Brand.

       Und denkst Du, nun 's zu Grabe geht,

       Auch, wie's um Deine Seele steht?

      Die Mutter.

       Daß ich dran dacht', am besten wies,

       Daß ich Dich Priester werden hieß.

       Trifft mich mein Los und Dich Dein Teil,

       So sorg' für meiner Seele Heil!

       Ich hab' den sau'r erworbnen Hort,

       Du hast den Trost, die Macht, das Wort.

      Brand.

       So klug Du warst, Du täuschtest Dich.

       Du sahst im Licht der Heimat mich.

       So rechnend gehn der Eltern mehr

       Hier hinter ihren Kindern her.

       Ihr meint, das Kind hab' nur der Alten

       Erbtrödel weiter zu verwalten.

       Der Ewigkeit ein blasser Schein

       Geht Eure Seelen aus und ein; –

       Ihr langt nach ihm, dem Wahn geneiget,

       Er sei schon Euer, wann nur fein

       Ihr Sipp' und Erb' zusammenzweiget, –

       Daß Tod vor Leben dann verstumme –

       Und Ewigkeit Euch werd' als Summe

       Hochaufgehäufter Jahresreihn.

      Die Mutter.

       Forsch' nicht in Deiner Mutter Sinn,

       Und nimm Dein Erb', wenn 's Dein wird, hin!

      Brand.

       Und Deine Schuld?

      Die Mutter. Schuld? Welche denn?

       Ich schulde keinem was.

      Brand. Doch wenn –! So müßt' ich all dem Gut entsagen, Bis jede Schuld glatt abgetragen. Ein Sohn, geht seine Mutter ruhn, Muß jeder Fordrung Gnüge tun Und übernähm' ich 's Haus stockleer, – Dein Schuldbuch doch mein Erbe wär'.

      Die Mutter.

       Das fordert kein Gesetz.

      Brand. Nein, keins,

       Das Tint' und Feder schrieb, doch eins,

       Das jedes braven Sohns Gemüt

       Mit mahnender Gewalt durchglüht; –

       Und dem Gesetz soll gnug geschehn. Verblendete, so lern' doch sehn! Daß Du den Herrn in Dir erniedert, Dein Seelenlehen öd' vertan, Daß Du das Bild, das Du empfahn, In Kot gezogen und beschmutzt, Daß Du den Geist, einst reich gefiedert, Im Weltgetümmel schnöd' gestutzt, – Ist Deine Schuld! Wo willst Du hin, Wenn Gott einst nach dem Seinen frägt?

      Die Mutter (scheu.)

       Wohin ich will?

      Brand. Getrost! Es trägt

       Dein Sohn die Schuld der Sünderin.

       Das Bild, dran Deine Makel kleben,

       In mir soll sich's geklärt erheben!

       Magst ruhig zu den Toten gehen.

       Kein Schuldbuch ängste Deine Ruh'; –

       Ich tilge –

      Die Mutter. Schuld und all Versehen?

      Brand.

       Die Schuld. Nur diese; hör' wohl zu. Die Schuld will ich, Dein Sohn, abtragen; Der Sünde mußt Du selbst entsagen. Das Maß des Menschlichen, das man Dem Moloch Weltlust hinwarf, kann Durch eines andern Taten sich Bezahlen bis auf Punkt und Strich; Doch daß man's also ließ verderben, Das sühnt Bereu'n bloß – oder Sterben!

      Die Mutter (unruhig.)

       Am besten ist's für mich wohl doch

       In meinem kühlen Schattenloch;

       In dieser Schwül' hier sprießt nur Keim

       Auf Keim vergifteter Gedanken;

       Man wird schier schwindlig von dem Duft.

      Brand.

       Ja, kehr' in Deinen Schatten heim.

       Doch fühlst Du Deine Kräfte schwanken

       Und sehnst Du Dich nach Licht und Luft,

       So schick' nach mir,


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