Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

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Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Geschick wie dem Blümlein mit,

       Wie dem Hälmchen, das irgend ein Fuß zertritt, –

       Mein Los ist Verwelken, Vergehen.

       (Kurze Pause, sie lehnt sich in den Stuhl.) Mir fällt das blinde Geschöpfchen ein, Das harmlos zum Kinde gediehen, Bis daß ihm die Mutter mit Zauberei'n Die Gabe, zu sehen, verliehen. Nun schaute es staunend unverwandt Über Berg und See, über Tal und Strand. Da versagten die Künste der Gauklerin, Und das Kind ging wieder in Dunkel dahin; Die Lust am Spielen war ihm vergangen. Von Sehnsucht bleichten ihm seine Wangen. Hinsiechend lebte es all seine Tage In ewiger, namenloser Klage. – So ging auch ich wie blindgeboren Im blühenden Sommer, im strahlenden Licht – (Sie springt auf.) Und dann –! Und dann wieder alles verloren! Nein, nein, so wohlfeil verkauf' ich mich nicht. Drei Jahre ertrug ich die Höllenpein, Nun muß mein Opfer ein Ende finden! Könnt' ich noch länger dies Dasein verwinden, Ich müßte wie eine Taube sein. Hier wird mir die Jugend verkränkt und vergällt, – Und draußen, da wogt die unendliche Welt; – Gudmund will ich folgen mit Schild und mit Bogen, Teilen sein Glück und mildern seinen Kummer, Hüten seinen Schritt und schützen seinen Schlummer; – Das Staunen! Kommen wir so gezogen, Der kühne Ritter und Margit, sein Lieb – Sein Weib! (Schlägt die Hände zusammen.) O Herrgott, vergib, vergib! Weiß selber nicht mehr, was ich spreche. – Rette mich, eh' ich zusammenbreche! (Geht eine WeiIe grübelnd umher.) Signe –? Könnte ich Ruhe haben, Wenn sie Dich vor der Zeit begraben? Und doch –? Wer weiß? Sie ist ja noch Kind; In ihren Jahren vergißt man geschwind. (Abermals Pause; sie zieht das Fläschchen hervor, betrachtet es lange und sagt leise.) Dies Fläschchen –! Es ließe mich alles gewinnen –! Ein Griff – und mein Gatte müßte von hinnen. (Erschrocken.) Nein, nein, ich werf' es hinaus in den Bach! (Will es zum Fenster hinauswerfen, hält aber inne.) Und doch, – ich fühlte mich nicht zu schwach – – (Flüstert mit einem aus Schauder und Entzücken gemischten Ausdruck.) In welch verführerischer Gestalt Lockt doch der Sünde süße Gewalt! Mich dünkt, das Glück gewährt höchsten Genuß, Das mit Leib und mit Seele erkauft werden muß.

       (Bengt, den leeren Bierhumpen in der Hand, kommt über die Außengalerie herein; sein Gesicht glüht; er geht mit unsicheren Schritten.)

      Bengt (schleudert den Humpen auf den Tisch links.) So! Das war ein Fest, das in der ganzen Gegend von sich reden machen wird. (Erblickt Margit.) Na, da bist Du ja? Bist wieder zu Dir gekommen? Das freut mich.

      Margit, (die inzwischen das Fläschchen verborgen hat.) Ist das Tor geschlossen?

      Bengt (setzt sich an den Tisch links.) Ich hab' für alles gesorgt. Ich folgte den letzten Gästen bis zur Pforte hinunter. Aber wo blieb Knut Gaesling heut abend? – Gib mir Met, Margit! Ich bin durstig. Füll' mir den Becher da. (Margit nimmt eine Metkanne aus dem Schrank und schenkt den Becher voll, der vor ihm auf dem Tische steht.)

      Margit (geht mit der Kanne nach rechts hinüber.) Du fragtest nach Knut Gaesling.

      Bengt. Ja freilich, freilich. Der Prahler, – der Großsprecher! lch weiß noch, wie er uns gestern früh drohte.

      Margit (setzt die Kanne auf den Tisch rechts.) Er führte schlimme Reden im Munde heut nacht, als er aufbrach.

      Bengt. Tat er das? Recht so! Ich werd' ihm den Schädel einschlagen.

      Margit (lächelt verächtlich.) Hm –

      Bengt. Ich werd' ihm den Schädel einschlagen, sag' ich! Ich bin nicht furchtsam, und wenn ich zehn solcher Kerle begegnete. Draußen im Vorratshause hängt meines Großvaters Streitaxt; der Schaft ist mit Silber ausgelegt; und wenn ich mit der komme, so –! (Schlägt auf den Tisch und trinkt.) Morgen rüst' ich mich und zieh' aus mit allen meinen Mannen und schlage Knut Gaesling den Schädel ein. (Trinkt aus.)

      Margit (leise.) O, mit dem da leben zu müssen! (Sie will gehen.)

      Bengt. Margit, komm her! Schenk' mir wieder ein! (Sie kommt näher; er will sie auf sein Knie niederziehen.) Hahaha! Du bist hübsch, Margit! Ich hab' Dich gern.

      Margit (reißt sich los.) Laß mich! (Sie geht mit dem Becher nach rechts hinüber.)

      Bengt. Du bist heut abend nicht fügsam. Hahaha, – Du meinst das wohl nicht so schlimm.

      Margit (leise, während sie den Becher wieder vollschenkt.) Wär' es der letzte Becher! . . . . . . (Sie läßt den Becher stehen und will nach links ab.)

      Bengt. Hör', Margit! Für eins kannst Du dem Himmel danken, und zwar dafür, daß ich Dich geheiratet habe, bevor Gudmund Alfsön wieder kam.

      Margit (bleibt an der Tür stehen.) Warum das?

      Bengt. Nun ja, – weil sein ganzes Hab und Gut nicht den zehnten Teil so groß ist wie meins. Und dessen bin ich sicher, gefreit hätt' er um Dich, wenn Du nicht Frau auf Solhaug wärst.

      Margit (kommt näher, blickt verstohlen nach dem Becher.) Glaubst Du?

      Bengt. Darauf will ich schwören, Margit. Bengt Gautesön hat ein paar kluge Augen im Kopfe. Aber jetzt kann er ja Signe nehmen.

      Margit. Und Du denkst, er will –?

      Bengt. Sie nehmen? O ja, seit er Dich nicht mehr haben kann. Wenn Du noch frei wärst, ja dann – Hahaha, Gudmund ist just wie die andern; er mißgönnt mir, daß ich Dein Mann bin. Eben darum mag ich Dich ja so gut leiden, Margit! – Her mit dem Becher! Voll bis zum Rand!

      Margit (geht widerstrebend nach rechts hinüber.) Deinen Becher sollst Du haben – ganz gewiß.

      Bengt. Knut Gaesling hat ja auch um Signe gefreit; aber dem will ich den Schädel einschlagen. Gudmund ist ein ehrlicher Kerl; er soll sie kriegen. Denk nur, Margit, wie gut wir als Nachbarn zusammen leben werden. Dann kommen wir zueinander zu Gaste und sitzen, solang der Tag währt, jeder mit seinem Weib auf dem Schoß, und trinken und schwatzen das Blaue vom Himmel.

      Margit (verrät einen immer mehr sich steigernden Seelenkampf; unwillkürlich hat sie das Fläschchen hervorgezogen, während sie sagt:) Jawohl, jawohl!

      Bengt. Hahaha! Am Anfang, mein' ich, wird Gudmund mich ein bißchen scheel ansehen, wenn ich Dich herze; aber das verwindet er gewiß bald.

      Margit (leise.) Das ist mehr, als ein Mensch ertragen kann! (Schüttelt den Inhalt des Fläschchens in den Becher, tritt ans Fenster, wirft das Glas hinaus und sagt, ohne ihn anzusehen.) Dein Becher ist gefüllt.

      Bengt. Dann her damit!

      Margit (kämpft in Angst und Zweifel, endlich sagt sie.) Trink heut nicht mehr!

      Bengt (lachend, indem er sich in den Stuhl zurücklehnt.) So, – wartest Du etwa auf mich? (Blinzelt ihr zu.) Geh nur, ich komm' bald nach.

      Margit (plötzlich fest.) Dein Becher ist gefüllt. (Zeigt auf ihn.) Da steht er. (Sie geht rasch links ab.)

      Bengt (erhebt sich.) Ich mag sie gern. Es reut mich nicht, daß ich sie zur Frau genommen, obschon ihr nicht mehr Erbgut eignete als der Becher da und der Schmuck, den sie als Braut trug. (Er tritt an den Tisch am Fenster und nimmt den Becher.)

       (Ein Knecht kommt eilig und erschrocken durch den Hintergrund.)

      Der Knecht (ruft.) Herr Bengt! Herr Bengt! Sputet Euch, so sehr Ihr könnt! Knut Gaesling zieht mit einem Haufen Gewaffneter herauf gegens Schloß.

      Bengt (stellt den Becher hin.) Knut Gaesling? Wer sagt das?

      Der Knecht. Einige von Euren Gästen sahen ihn drunten des Wegs kommen, und da liefen sie eiligst zurück, um Euch zu warnen.

      Bengt. Gut; so werd' ich denn auch –! Hol' mir meines Großvaters Streitaxt!

       (Er und der Knecht gehen durch den Hintergrund ab.)

       (Bald darauf


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