Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

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Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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(leise.) So muß es denn sein!

      Gudmund (ebenso.) Die höchste Gefahr Zwingt uns.

      Signe. Ach, so flüchten zu sollen, –

       Aus seiner Heimat, die einen gebar!

       (Trocknet die Tränen.) Und doch, ich will Dir nicht grollen – Ich fliehe ja gerne Dir zulieb. Freilich, wärst Du nicht friedlos, blieb' Ich besser bei Margit.

      Gudmund. Und tags darauf

       Käme Knut Gaesling mit seinen Mannen

       Und höbe Dich auf sein Roß hinauf

       Und schleppte die Braut von dannen!

      Signe. Ja, laß uns fliehn! Doch wie fangen wir's an?

      Gudmund. Ich hab' draußen am Fjord einen treuen Mann;

       Der schafft uns ein Schiff. Durch salzige Wellen

       Wird uns der Nordwind die Segel schwellen.

       Im Dänenland, glaub' mir, ist herrlich zu sein;

       Da wirst Du gar bald mit Freuden wohnen;

       Da warten die lieblichsten Blumen Dein

       Unter schattigen Buchenkronen.

      Signe (bricht in Tränen aus.) Meine arme Schwester – ade! ade! Wie hast Du mich immer gehegt und geleitet, Mit frommem Gebet mir die Wege bereitet; Wie warst Du mir Mutter in Wohl und in Weh! – Komm, Gudmund, – trinken wir ihr zur Ehre Noch diesen Becher, auf daß ihr Herz Bald wieder genese, und Gott ihren Schmerz In Frohsinn wieder verkehre! (Sie ergreift den Becher.)

      Gudmund. Das woll'n wir; wir trinken ihr Wohlergehen.

       (Wird stutzig.) Nein, halt! (Nimmt ihr den Becher aus der Hand.) Wo hab' ich nur den schon gesehen?

      Signe. 's ist Margits Becher.

      Gudmund (betrachtet ihn genau.) Wahrhaftig, – mich trog Mein Aug' nicht. Als ich zur Fremde zog, Trank Margit aus ihm in funkelndem Weine, Daß der Himmel uns bald wieder fröhlich vereine; – Doch trank sie sich selber nur Sorge und Pein. Nein, trinken wir keinen Met oder Wein Aus diesem Becher mehr! (Schüttet den Inhalt aus dem Fenster.) Komm, 's ist Zeit! (Lärm und Rufe hinter der Szene.)

      Signe. Horch! – Gudmund, ich höre Lärm und Streit!

      Gudmund (horchend.) Knut Gaeslings Stimme!

      Signe. Daß Gott sich erbarm'!

      Gudmund (stellt sich vor sie.) Keine Furcht! Dich schützt Deines Gudmund Arm.

       (Margit kommt eilig von links.)

      Margit (nach dem Lärm hinhorchend.) Was gibt's da? Ist mein Mann –?

      Gudmund und Signe. Margit!

      Margit (erblickt sie.) Gudmund! Und Signe! Ihr seid hier?

      Signe (geht auf sie zu.) Margit, – liebe Schwester!

      Margit (voll Entsetzen, da sie den Becher bemerkt, den Gudmund noch immer in der Hand hält.) Den Becher! Wer hat ihn geleert?

      Gudmund (verwirrt.) Geleert –? Ich und Signe, wir wollten –

      Margit (schreit auf.) Gnade, Gnade! Zu Hilfe! Sie sterben!

      Gudmund (stellt den Becher weg.) Margit –!

      Signe. O Gott, was fehlt Dir?

      Margit (eilt nach dem Hintergrund.) Hilfe, Hilfe! Will denn niemand helfen?!

       (Ein Knecht kommt eilig über die Außengalerie herein.)

      Der Knecht (ruft erschrocken.) Frau Margit! Euer Gemahl –!

      Margit. Er! Hat auch er getrunken –?

      Gudmund (leise.) Ah, nun begreif' ich –

      Der Knecht. Knut Gaesling hat ihn erschlagen!

      Signe. Erschlagen!

      Gudmund (zieht das Schwert.) Noch nicht, will ich hoffen. (Flüstert Margit zu.) Sei ruhig! Keiner hat aus dem Becher getrunken.

      Margit. Dann sei Gott gelobt, der uns alle errettet hat!

       (Sie sinkt in einen Stuhl zur Linken. Gudmund will eilig ab durch den Hintergrund.)

      Ein anderer Knecht (unter der Tür, hält ihn auf.) Ihr kommt zu spät. Herr Bengt ist tot.

      Gudmund. Also doch erschlagen!

      Der Knecht. Aber die Gäste und Eure Leute sind der Gewalttäter Herr geworden. Knut Gaesling und seine Mannen sind gebunden. Da kommen sie.

       (Gudmunds Mannen, Gäste und Knechte führen Knut Gaesling, Erik von Haegge und mehrere von Knuts Leuten gebunden herein.)

      Knut (bleich und ruhig.) Totschläger, Gudmund! Was sagst Du dazu?

      Gudmund. Knut, Knut, was hast Du getan?

      Erik. Es geschah ohne Absicht, – das kann ich bezeugen.

      Knut. Er lief mich an mit geschwungener Axt; ich wollt' mich verteidigen, und so hieb ich denn blindlings zu.

      Erik. Hier stehen viele, die das gesehen haben.

      Knut. Frau Margit, fordert eine Buße, so hoch Ihr wollt, – ich bin bereit, sie zu zahlen.

      Margit. Ich fordere nichts. Gott möge über uns alle richten. Doch ja, – eins fordre ich; laßt Euren schlimmen Anschlag gegen meine Schwester fahren!

      Knut. Nimmermehr werd' ich versuchen, mein unselig Gelübde einzulösen. Glaubt mir, ich werd' mich bessern. Möchte nur keine entehrende Strafe mich treffen für meine Tat. (Zu Gudmund.) Solltest Du wieder zu Ehren und Würden gelangen, so sprich beim König ein gutes Wort für mich.

      Gudmund. Ich? Noch bevor der Tag kommt, muß ich über der Grenze sein.

       (Erstaunen unter den Gästen; Erik erklärt ihnen flüsternd den Zusammenhang.)

      Margit (zu Gudmund.) Du gehst? Und Signe will Dir folgen?

      Signe (bittend.) Margit!

      Margit. Alles Glück mit Euch beiden!

      Signe (an ihrem Halse.) Geliebte Schwester!

      Gudmund. Dank, Margit! Und nun leb' wohl! (Lauschend.) Horch! Ich höre Hufschlag im Hof.

      Signe (voll Angst.) Da kommt fremdes Kriegsvolk!

      Ein Knecht (unter der Tür im Hintergrund.) Des Königs Mannen stehen draußen. Sie suchen Gudmund Alfsön.

      Signe. O, Herr im Himmel!

      Margit (fährt erschrocken auf.) Des Königs Mannen!

      Gudmund. So ist alles vorbei! O Signe! Dich jetzt zu verlieren, – das war das Schwerste, was mich treffen konnte.

      Knut. Nein, Gudmund! Teuer soll ihnen Dein Leben zu stehen kommen. Lös' unsre Stricke! Wir sind alle bereit, uns für Dich zu schlagen.

      Erik (blickt hinaus.) Es nützt nichts; es sind ihrer zu viele.

      Signe. Sie kommen hier herein! O Gudmund, Gudmund!

       (Des Königs Sendbote samt Gefolge tritt durch den Hintergrund herein.)

      Der Sendbote. In des Königs Namen und Auftrag suche ich Euch, Gudmund Alfsön.

      Gudmund. Gut. Aber ich bin unschuldig, das schwör' ich hoch und teuer!

      Der Sendbote. Das wissen wir alle.

      Gudmund. Wie?

       (Bewegung unter den Versammelten.)

      Der Sendbote. Ich habe Befehl, Euch an des Königs Hof


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