Frankenstein. Мэри Шелли

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Frankenstein - Мэри Шелли


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aber auch, weil ich hoff­te, viel­leicht da­durch einen Fin­ger­zeig zu be­kom­men, wie ich, wenn es über­haupt mög­lich wäre, ihm hel­fen könn­te.

      »Ich dan­ke Ih­nen«, sag­te er, »für Ihre Teil­nah­me, aber sie ist un­nütz; mein Schick­sal ist na­he­zu er­füllt. Ich war­te nur ei­nes ab; wenn dies ein­trifft, wer­de ich zur Ruhe ge­hen. Ich ver­ste­he Ihre Ge­füh­le«, fuhr er fort, nach­dem ich ver­ge­bens ver­sucht hat­te, ihn zu un­ter­bre­chen, »aber Sie sind im Irr­tum, mein Freund – wenn ich mir er­lau­ben darf, Sie so zu nen­nen – wenn Sie mei­nen, ir­gen­det­was wäre im­stan­de, mein Ge­schick zu än­dern. Hö­ren Sie erst mei­ne Ge­schich­te und Sie wer­den ver­ste­hen, wie un­ab­än­der­lich es fest­steht.«

      Er sag­te mir noch, dass er am nächs­ten Tage mit sei­ner Er­zäh­lung be­gin­nen wol­le, wenn es mei­ne Zeit er­lau­be. Die­ses Ver­spre­chen ver­pflich­te­te mich zu auf­rich­ti­gem Dan­ke. Ich habe be­schlos­sen, im­mer nachts, wenn mich nicht ge­ra­de mein Dienst ab­hält, mög­lichst wört­lich al­les nie­der­zu­schrei­ben, was ich am Tage er­fah­ren ha­ben wer­de. Zum Min­des­ten aber wer­de ich mir kur­ze No­ti­zen ma­chen. Die­se Auf­zeich­nun­gen wer­den Dir si­cher in­ter­essant sein, und mit wel­cher Teil­nah­me wer­de erst ich, der ich doch al­les von sei­nen ei­ge­nen Lip­pen höre, in spä­te­ren Zei­ten die Zei­len le­sen. Wäh­rend ich dar­an den­ke, wie ich mei­ner Auf­ga­be ge­recht wer­den soll, tönt in mei­nen Ohren noch sei­ne vol­le, me­lo­di­sche Stim­me; ich sehe sei­ne war­men, me­lan­cho­li­schen Au­gen auf mir ru­hen, sei­ne fei­nen, schma­len Hän­de sich leb­haft be­we­gen, wäh­rend sich in den Zü­gen sei­nes Ant­lit­zes sei­ne See­le wi­der­spie­gelt. Selt­sam und schreck­lich muss sei­ne Ge­schich­te, furcht­bar der Sturm ge­we­sen sein, der das schö­ne Le­bens­schiff zer­brach.

      Ich bin in Genf ge­bo­ren. Mei­ne Fa­mi­lie ist eine der vor­nehms­ten die­ser Stadt. Mein Va­ter war an­ge­se­hen bei al­len, die ihn kann­ten, we­gen sei­ner un­be­stech­li­chen Recht­schaf­fen­heit und der un­er­müd­li­chen Hin­ga­be an sei­ne Pf­lich­ten. In jün­ge­ren Jah­ren schon hat­te er im Diens­te sei­ner Va­ter­stadt ge­stan­den und ver­schie­de­ne Um­stän­de hat­ten es mit sich ge­bracht, dass er lan­ge nicht zur Grün­dung ei­nes ei­ge­nen Her­des ge­kom­men war. Erst spä­ter hat­te er ge­hei­ra­tet, als er die Mit­tags­hö­he des Le­bens schon über­schrit­ten.

      Da die Vor­ge­schich­te sei­ner Ehe für sei­nen gan­zen Cha­rak­ter be­zeich­nend ist, kann ich nicht um­hin, ih­rer Er­wäh­nung zu tun. Ei­ner sei­ner in­tims­ten Freun­de war ein Kauf­mann, der in­fol­ge miss­güns­ti­ger Schick­sa­le von der Höhe des Glückes her­ab in die tiefs­te Ar­mut ge­riet. Die­ser Mann, er hieß Beau­fort, war stolz und un­beug­sam und konn­te es nicht er­tra­gen, jetzt an der glei­chen Stät­te arm und ver­ges­sen zu le­ben, wo man ihn einst we­gen sei­nes Reich­tums und sei­nes glän­zen­den Auf­tre­tens be­son­ders ge­ehrt hat­te. Er zahl­te als ehr­li­cher Mann noch sei­ne Schul­den und zog sich dann mit sei­ner Toch­ter nach Lu­zern zu­rück, wo er un­er­kannt und arm­se­lig sein Le­ben fris­te­te. Mein Va­ter war ihm in auf­rich­ti­ger Freund­schaft zu­ge­tan und fühl­te tie­fes Er­bar­men mit dem un­glück­li­chen Man­ne. Auch be­dau­er­te er sehr den falschen Stolz, der den Freund hin­der­te, sei­ne Hil­fe an­zu­neh­men; hat­te er doch ge­hofft, ihm mit sei­nem Rat und sei­nem Kre­dit wie­der auf die Bei­ne hel­fen zu kön­nen.

      Tat­säch­lich hielt sich Beau­fort der­ma­ßen sorg­fäl­tig ver­bor­gen, dass es mei­nem Va­ter erst nach Ver­lauf von zehn Mo­na­ten ge­lang, ihn aus­fin­dig zu ma­chen. Über­wäl­tigt von der Freu­de, die ihm die­se Ent­de­ckung be­rei­tet hat­te, eil­te er nach dem Hau­se, das in ei­ner schma­len Gas­se in der Nähe der Reuß lag. Aber schon bei sei­nem Ein­tritt wur­de ihm klar, dass er eine Stät­te der Not und des Elen­des vor sich sah. Beau­fort hat­te aus sei­nem Zu­sam­men­bruch nur eine ganz un­be­deu­ten­de Sum­me ge­ret­tet, aber sie hät­te we­nigs­tens ge­nügt, ihn ei­ni­ge Mo­na­te zu er­hal­ten. In die­ser Zeit hoff­te er, in ei­nem Kauf­hau­se eine Stel­lung zu fin­den. Die er­zwun­ge­ne Un­tä­tig­keit gab ihm Zeit, noch mehr über das nach­zu­den­ken, was aus ihm ge­wor­den, und ver­tief­te sei­nen Gram, so­dass er schließ­lich nach drei Mo­na­ten aufs Kran­ken­bett sank.

      Sei­ne Toch­ter pfleg­te ihn mit der äu­ßers­ten Hin­ga­be, aber sie konn­te es sich nicht ver­heh­len, dass ihr klei­nes Ka­pi­tal ra­pid da­hin­schwand und dass dann kei­ne Hoff­nung auf ir­gend­ei­ne Un­ter­stüt­zung be­stand. Aber Ka­ro­li­ne Beau­fort be­saß eine un­ge­wöhn­li­che Spann­kraft und ihr Mut wuchs in die­sen Wi­der­wär­tig­kei­ten. Sie ver­sah die gan­ze Ar­beit und ver­moch­te durch Stroh­flech­te­rei­en we­nigs­tens so viel zu ver­die­nen, dass sie bei­de ge­ra­de noch not­dürf­tig ihr Le­ben zu fris­ten im­stan­de wa­ren.

      Ei­ni­ge Mo­na­te ver­gin­gen in die­ser Wei­se. Ihr Va­ter wur­de im­mer elen­der, so­dass sie von sei­ner Pfle­ge aus­schließ­lich in An­spruch ge­nom­men wur­de. Die letz­ten Not­pfen­ni­ge wa­ren bald aus­ge­ge­ben und im zehn­ten Mo­nat starb ihr Va­ter in ih­ren Ar­men, sie als bet­tel­ar­me Wai­se zu­rück­las­send. Die­ser letz­te Schlag war der här­tes­te für sie; sie knie­te ge­ra­de bit­ter­lich wei­nend am Sar­ge Beau­forts, als mein Va­ter ein­trat. Er kam wie ein ret­ten­der En­gel zu dem ar­men Mäd­chen und ver­trau­ens­voll leg­te sie ihr Ge­schick in sei­ne hel­fen­den Hän­de. Nach der Be­er­di­gung sei­nes Freun­des brach­te er Ka­ro­li­ne nach Genf und gab sie dort Ver­wand­ten zur Ob­hut. Zwei Jah­re spä­ter war sie sei­ne Frau.

      Der Al­ters­un­ter­schied mei­ner bei­den El­tern war zwar sehr be­deu­tend, aber ge­ra­de das schi­en die Lie­be, die sie zu­ein­an­der heg­ten, nur zu ver­tie­fen. Mein Va­ter be­saß ein aus­ge­präg­tes Ge­rech­tig­keits­ge­fühl, das ihn nur da wirk­lich lie­ben ließ, wo er auch sei­ne Ach­tung ge­ben konn­te. Vi­el­leicht hat­te er in sei­nen frü­he­ren Jah­ren ir­gend­ei­ne Er­fah­rung in die­ser Hin­sicht ge­macht und leg­te des­halb so viel Wert auf den in­ne­ren Wert. Er zeig­te für mei­ne Mut­ter eine Ver­eh­rung, die sich von der schwäch­li­chen Lie­be äl­te­rer Leu­te wohl un­ter­schied und die aus wirk­li­cher Hochach­tung vor ihr ent­sprang und viel­leicht auch aus dem Wun­sche, sie für all das Leid zu ent­schä­di­gen, das ihr ihre Ju­gend ge­bracht. Al­les dreh­te sich um sie, um ihr Wohl­er­ge­hen. Er hielt sie, wie ein Gärt­ner eine wert­vol­le exo­ti­sche Blu­me hält und sie vor je­dem rau­en Wind­zug be­hü­tet. Al­ler­dings hat­ten ihre Ge­sund­heit und auch ihr star­ker, mu­ti­ger Geist un­ter den schwe­ren Er­schüt­te­run­gen ge­lit­ten. Wäh­rend der zwei Jah­re, die sei­ner Ver­ehe­li­chung vor­aus­gin­gen, hat­te mein Va­ter all­mäh­lich alle sei­ne Äm­ter ab­ge­ge­ben, und so­fort nach der Hoch­zeit be­gab sich das Paar nach Ita­li­en, wo das mil­de Kli­ma und eine Rei­se durch das wun­der­vol­le Land die Ge­sund­heit der jun­gen Frau wie­der­her­stel­len soll­ten.


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