Die Schmuggler-Braut. Barbara Cartland

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Die Schmuggler-Braut - Barbara Cartland


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Fassungslosigkeit auf den Gesichtern der Männer war so deutlich und damit fast komisch, wäre die Situation nicht so ernst gewesen.

      „Laut Napoleons persönlicher Auskunft“, fuhr Cheriton fort, „gibt es allein in Dünkirchen über fünfhundert englische Schmuggler.“

      „Aber unsere berittenen Offiziere, unsere Küstenwache, unternehmen die gar nichts?“ fragte einer der Gäste.

      „Die berittenen Offiziere sind praktisch machtlos“, antwortete der Gastgeber. „Wenn sie etwas zu unternehmen versuchen, ist das Resultat meist wenig erfreulich. Blut wird vergossen, Menschen werden verletzt und getötet, aber es kommt nichts dabei heraus. Dazu kommt, daß den Gerichten seit Jahren mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht wird, falls die Geschworenen einen Angeklagten schuldig sprechen. Aus diesem Grunde ist es annähernd unmöglich, Zeugen zu finden, die gegen einen Schmuggler aussagen.“

      „Das klingt alles ziemlich hoffnungslos“, bemerkte Captain Hobden.

      Lord Cheriton ignorierte die Bemerkung.

      „Im letzten Kriegsjahr“, fuhr er fort, „haben sich zwei neue Banden gebildet: die eine sitzt zwischen Alford und Hythe und nennt sich ,Die Blauen‘. Und die ‚Lerchen‘, die die zweite Bande bilden, arbeiten zwischen Havant und Worthing.“ Er ließ den Blick durch die Runde schweifen. „Sie verfügen über eine große Anzahl von Helfershelfern, die bereit sind, jedes Risiko einzugehen.“

      „Aber machen sich diese Risiken denn bezahlt?“ fragte jemand.

      „Bisher war die Gefahr gering“, antwortete Lord Cheriton. „Und Tee, Alkohol und Tabak bringen eine Menge ein, wenn die Güter zollfrei ins Land geschmuggelt werden.“

      Jeder wußte, wie die Preise gerade dieser drei Genußmittel im Verlauf des Kriegs gestiegen waren.

      „Und wir sollen nun diesen Machenschaften entgegenwirken?“ fragte Captain Hobden.

      „Das ist das Endziel“, entgegnete Lord Cheriton. „An erster Stelle müssen jedoch gründliche Beobachtungen angestellt werden, die notwendig sind, um der Schmuggelei erfolgreich ein Ende zu bereiten. Die Küstenblockade, wie das Unternehmen heißen soll, muß natürlich streng geheim gehalten werden. Die Regierung glaubt, daß mit ihr zwei Probleme gleichzeitig gelöst werden: entlassene Matrosen können wiedereingestellt werden, und den Schmugglern wird das Handwerk gelegt.“

      „Nach allem, was Sie gesagt haben, Sir, ist das wohl keine leichte Aufgabe“, erklärte Captain Hobden.

      „Es werden Kriegsschiffe zur Verfügung stehen“, entgegnete Lord Cheriton. „Die Mannschaften werden in den vielen Martellotürmen untergebracht, die zur Verteidigung der Küste gebaut wurden. Jede Station wird eine Ruderwache aufstellen und den jeweiligen Küstenstrich kontrollieren.“

      „Und wir?“ fragte ein junger Offizier gespannt.

      „Sie“, antwortete Lord Cheriton, „sollen in den Dörfern und Kleinstädten von Kent und Sussex versuchen, Informationen über die ,Blauen‘und die ,Lerchen‘ zu sammeln.“

      Sein Blick wurde streng.

      „Ganz gleich, was Sie erfahren, Sie unternehmen nichts - ist das klar? Sie erstatten mir Bericht, und ich mache zum gegebenen Zeitpunkt dem Premierminister Vorschläge.“

      „Klingt interessant“, bemerkte ein Major.

      „Die Sache ist nicht nur interessant, sondern auch äußerst gefährlich“, sagte Lord Cheriton.

      Alle sahen ihn an.

      „Jeder, der die Gewohnheiten der Schmuggler kennt“, erklärte Lord Cheriton, „weiß auch, daß ein Informant nicht nur getötet, sondern zuvor auch auf die sadistischste und gemeinste Weise gefoltert wird, wenn er sich erwischen läßt. Die Leichen, die bisher gefunden wurden, waren gräßlich verstümmelt. Ich erspare Ihnen weitere Details, sondern möchte lediglich betonen, daß der Tod für die Opfer, die Tage, wenn nicht Wochen gequält worden waren, eine Erlösung gewesen sein muß.“

      Lord Cheriton sprach in sehr ernstem Tonfall.

      „Die landläufige Vorstellung vom pfiffigen Schmuggler, der im Grunde ein herzensguter Kerl ist“, fuhr er fort, „ist eine Erfindung von Romanschreibern. Das krasse Gegenteil ist der Fall. Die Schmuggler terrorisieren die Bauern, plündern Haus und Hof, vergewaltigen die Frauen und vernichten rücksichtslos jeden, der sich ihnen entgegenstellt.“

      Lord Cheriton wartete die Wirkung seiner Worte ab.

      „Irgendwelche Fragen?“ fragte er schließlich.

      Er bekam keine Antwort. Der Gastgeber schob die Karaffe und Gläser zurück und breitete eine Landkarte auf dem Tisch aus.

      „Dann machen wir jetzt Nägel mit Köpfen“, sagte er.

      Lord Cheriton hielt am Waldrand an. Am Fuße des Hügels gab es nur Kornfelder, im Tal lag ein kleines Dorf. Der Ärmelkanal glitzerte in der Ferne im Schein der strahlenden Sonne.

      Vor sechzehn Jahren war Lord Cheriton zum letzten Mal hier gewesen. Er hatte nicht geglaubt, Larkswell je wiederzusehen.

      Wenn er in Indien an das Dorf gedacht hatte, hatte er es immer als düsteren Fleck vor sich gesehen. Doch jetzt, an diesem Sommertag, sah es so malerisch aus, daß es ihn fast ärgerte.

      Falls die ,Lerchen’, wie er vermutete, ihr Hauptquartier in diesem Dorf aufgeschlagen hatten, so war das auf ironische Weise nur recht und billig.

      Er saß so still im Sattel, daß sein Bursche sich veranlaßt sah, ihn durch ein Hüsteln an die Fortsetzung des Weges zu erinnern.

      Lord Cheriton drehte sich um.

      „Ist das Larkswell, Mylord?“ fragte der Bursche.

      „Ja, Nickolls, das ist Larkswell. Wenn wir unten sind, wissen Sie, was Sie zu tun haben, oder?“

      „Natürlich, Mylord“, antwortete der Bursche. „Ich gehe in das Gasthaus und frage, wo wir übernachten können.“

      „Richtig“, sagte Lord Cheriton. „Wir sind auf dem Wege nach Dover, haben es nicht sonderlich eilig und sind beide ohne Arbeit, weil wir aus dem Heer entlassen worden sind.“

      „Ja, Mylord.“

      „Und hören Sie auf, mich Mylord zu nennen.“

      „Ja, Sir. Nur wenn wir allein sind, Sir.“

      „Auch dann nicht, Nickolls. Von jetzt an sprechen Sie mich wie einen ganz gewöhnlichen Mann an. Und in Larkswell heiße ich Mister Bradleigh. Mister Stuart Bradleigh.“

      „Ja, Sir.“

      „Vergessen Sie das nicht!“

      „Nein, Sir.“

      „Und noch etwas ist wichtig, Nickolls: keine Fragen stellen. Zuhören, aber keinesfalls den Eindruck erwecken, als interessieren Sie sich für die Leute oder das, was im Dorf vor sich geht.“

      „Sie können sich auf mich verlassen, Sir.“

      „Das weiß ich, Nickolls“, sagte Lord Cheriton. „Sonst hätte ich Sie auch nicht mitgenommen.“

      „Verzeihen Sie, Sir“, sagte der Bursche. „Wenn mich jemand fragt, welchen Rang Sie gehabt haben, was soll ich dann sagen?“

      „Daß ich Captain gewesen bin und man mich nicht behalten hat, weil ich ein ziemlicher Quertreiber gewesen bin.“

      Lord Cheriton überlegte.

      „Erwecken Sie den Eindruck“, fuhr er schließlich fort, „daß wir beide den Krieg ordentlich satthaben und uns als Zivilisten irgendwo niederlassen wollen.“

      „Mache ich, Sir.“

      „Wir müssen uns eben auf die jeweilige Situation einstellen.“

      Lord Cheriton war weitergeritten. Jeder, der ihn kannte, hätte ihm am Gesicht angesehen, daß seine Laune miserabel


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