Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer. Ludwig Ganghofer

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Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer - Ludwig  Ganghofer


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so daherreden kannst?«

      »Am Tag und am Tanzboden vielleicht net«, lautete Muckls spöttische Antwort, »aber wer weiß ... vielleicht bei der Nacht auf der Alm!«

      »Muckl!« klang es mit zornigem Aufschrei von den Lippen des Mädchens, das bis in den Hals erblaßt war.

      »Deswegen mußt net so auffahren«, erwiderte Muckl mit einer verletzenden Vertraulichkeit, »es is doch so, wie's ist! In aller Fruh haben 's ja schon die Spatzen am Dach pfiffen, daß der Pauli heut nacht auf der Weglalm bei dir am Kammerfenster war.«

      Dem Mädchen stockte der Atem. »Der Pauli... an meim ...«

      »Da is der Pauli!« klang Loisls Stimme von der Tür her. Und Pauli, dem die Freude über den glücklichen Zufall aus den Augen leuchtete, drängte sich schon durch die Umstehenden. »Ja Loni! Iss denn wahr? Du und ich? Das is ja doch 's reinste Glücksspiel! Eine Freud hab ich, daß ich gleich narrisch werden könnt. Und schamen wirst dich gwiß net müssen mit mir! Denn wenn ich auch's Tanzen schon lang nimmer trieben hab, verlernt, mein ich, hab ich's doch allweil net!« Damit streckte er die Arme nach Loni aus, war aber bitter überrascht, als ihn das Mädchen mit harter Faust zurückstieß.

      »Ich will dir aber sagen, was du verlernt hast«, brach es in heißen Worten von ihren Lippen, »die Rechtschaffenheit von einem braven Burschen ... du falscher, scheinheiliger Mensch, der sich net schäm4 ein braves Weiberleut um ihren ehrlichen Namen z'bringen durch seine Schlechtigkeit und Hinterlist!« Ein tiefer, schluchzender Atemzug erschütterte Lonis Brust.

      Pauli wußte nicht, wie ihm geschah. Mit weitgeöffneten Augen blickte er sprachlos auf das Mädchen.

      »Und drum sag ich dir jetzt: Wo ich bin, hast du in Zukunft nix mehr zsuchen! Dein Tanz aber ...«, mit zitternden Händen zerriß sie das Los und warf dem Burschen die Fetzen vor die Füße, »da hast ihn, den kannst halten, mit wem du willst. Die Loni is von heut an nimmer für dich auf der Welt ... das merkst dir! Und daß du's net vergißt und daß die Madln alle, wie's da rumstehen, wissen, wie man mit so eim nixnutzigen Burschen umgeh4 so will ich's ihnen zeigen ...« Einen hastigen Schritt machte sie auf den Burschen zu. »Du schlechter Mensch!« und ein brennender Schlag fiel auf Paulis Wange.

      Wie flüssiges Feuer stieg dem Burschen das Blut in Wangen und Stirne. Die Adern an Hals und Schläfen schwollen ihm zum Springen, und ein Schauer flog über seine Gestalt. Plötzlich hörte er, wie ihm einer ins Ohr zischelte: »So was wirst du dir doch net gfallen lassen! Vom Pechlerlehnl seiner Tochter!« Es war Muckl --- und Pauli wußte nun, wem er diese Schmach zu danken hatte. In der ersten Wallung seines Zornes wollte er sich auf den scheu zurückweichenden Burschen stürzen. Aber wie mit einem Schlage standen alle Erlebnisse der letzten Nacht vor seinen Augen: Er hörte das leise Flehen des blutenden, um sein Geheimnis besorgten Alten, und kraftlos sanken ihm die erhobenen Arme nieder.

      Da fiel sein Blick auf Loni, die, ohne sich umzublicken, zur Tür ging. Mit ein paar Schritten hatte er das Mädchen eingeholt und zog die Widerstrebende mit unerwehrbarer Gewalt in den Tanzsaal zurück. »Halt, Loni! Net von der Stell, bis ich dir gsagt hab, wozu du mich rausgfordert hast! Wie ich jederzeit zu dir gstanden bin, wie mein Herz an dir ghängt is, das brauch ich dir nimmer zsagen ... wohl aber, daß kein mehr finden wirst auf der Welt, der's so ehrlich mit dir meint wie ich!«

      »Ja, glaubst denn du ...«, fuhr Loni auf.

      »Red net!« schnitt ihr Pauli mit hartem Klang das Wort ab. »Was ich dir jetzt zum sagen hab, is keine Frag und braucht auch keine Antwort. Ich will auch den Grund net wissen, warum du mich gschlagen hast. Denn was man dir auch von mir eingredt hat ... und ich weiß auch, wer dir's eingredt hat ... so weit hättst mich kennen sollen, wenn's was Schlechtes gwesen wär, daß es grad deswegen eine Lug hätt sein müssen. Übrigens brauch ich mich net vor dir zu verteidigen ... ich wüßt net wozu ... aber ich sag dir bloß das einzige: Sei froh, daß du ein Madl bist! Das erspart dir wenigstens die Vergeltung für den Schlag.« Paulis Fäuste ballten sich bei diesen Worten, und aus seinen Augen blitzte der heiße Zorn über die erlittene Schmach.

      Mit großen Augen blickte Loni auf den Burschen, der vor ihr stand, ein Bild zürnender Männlichkeit. Es wurde ihr bange vor diesen flammenden Blicken, unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück und umklammerte, wie Schutz suchend, mit zitternden Händen den Arm einer Freundin.

      Da fielen Paulis Augen über die auf dem Boden zerstreuten Fetzen des zerrissenen Loses, und seine Lippen zuckten in erzwungenem Lächeln. »Die Fetzen vom Los hättst mir auch net vor die Füß hin z'werfen braucht ... denn daß ich noch mit dir tanzen wollt, das wirst ja doch net glauben? Zwar ... wann ich wollt ... mußt net meinen, daß mich was abhalten könnt ...« Er trat vor Loni hin und hob ihr langsam seine starken Arme bis an die Augen. »Da schau dir s' an, die zwei Arm! Mit denen lupfet ich dich in d' Höh ...« Dabei faßte er Loni mit beiden Händen um die Hüfte, schwang sie mit gestreckten Armen hoch über den Kopf empor, und indem er sich ein paarmal um sich selbst drehte, wirbelte er das Mädchen im Kreis herum, daß die Röcke flogen; mit so kräftigem Ruck stellte er sie dann zur Erde nieder, daß Loni, rückwärts taumelnd und mit beiden Händen nach einer Stütze haschend, in die Arme ihrer Freundin sank.

      Ein Blick aus Paulis Augen flog noch über das zitternde Mädchen. »Da stehst! Und jetzt wenn du sagst: Zwischen uns is nix und zwischen uns wird nix, nachher kannst recht haben! Bhüt dich Gott!« So hart waren diese drei Worte nie noch über Paulis Lippen gekommen, und nie noch waren sie von einem so zornfunkelnden Blicke begleitet gewesen wie dem, mit dem sich der Herrgottschnitzer von Loni wandte.

      Scheu wichen die umstehenden Mädchen vor ihm zurück, und auch die Burschen machten gutwillig Platz, so daß Pauli, während ihm all diese verdutzten Augen nachguckten, durch eine förmliche Gasse schreiten mußte, um die Tür zu erreichen. Noch ein Schritt, und er war verschwunden.

      Auf Loni war es wie ein lähmender Bann gelegen. Halb auf den Knien, von den Armen ihrer Freundin gestützt und mit der zitternden Hand am Munde, war sie regungslos verblieben und hatte mit verstörten Augen Pauli nachgeblickt. Und als er durch die Tür verschwunden war, erschütterte ein krampfhaftes Schluchzen Lonis Brust. Sie sprang auf, riß sich mit zornigem Ruck von ihrer Freundin los und stürzte davon, mit beiden Händen das Gesicht bedeckend, um vor all den neugierigen Augen, die ihr mit unverhehlter Schadenfreude nachblickten, die hervorbrechenden Tränen zu verbergen.

      8

       Inhaltsverzeichnis

      Drei Wochen waren vergangen seit jener für Pauli und Loni so verhängnisvollen Hochzeitsfeier. So manches war inzwischen geschehen. Noch am Abend der Hochzeit hatten die mit Pauli befreundeten Burschen ein kleines Nachspiel aufgeführt im Verein mit Muckl, der allerdings dabei etwas wider seinen Willen beteiligt war. Die allgemeine Gemütlichkeit war gestört worden, und die Burschen, die sich in ihrer Lustbarkeit beeinträchtigt sahen, ergingen sich in Stichelreden gegen Muckl; ein Wort gab das andere; es setzte tüchtige Hiebe, und ehe der Wirt intervenieren konnte, hatte man den Muckl die Treppe hinunter und zur Tür hinausspediert.

      Als man dann acht Tage später im Dorfe vernahm, Muckl hätte sich mit einer reichen Bauerntochter aus einem benachbarten Dorfe versprochen, die als eine böse Sieben bekannt war, erregte das recht wenig Aufsehen. Spitzige Worte für den neugebackenen Bräutigam gab es freilich in Hülle und Fülle.

      Ebensosehr, wie Muckl seit jenem Hochzeitstage an Beliebtheit verloren hatte, ebensoviel hatte Pauli bei allen an Zuneigung gewonnen. Es schien auch, als wäre er längst mit sich zur Ruhe gekommen und hätte alles verschmerzt; Tag für Tag, von früh bis in die sinkende Nacht stand er an seiner Schnitzbank, und die Arbeit wuchs ihm unter den Händen hervor. Das Wirtshaus hatte er seit jenem Tage nie mehr betreten; des Mittags ließ er sich sein Essen durch die Kellnerin herüberbringen, ebenso des Abends seinen Krug Bier; und während er ihn leer trank, saß er am Bette Lehnls, der langsam seiner Genesung entgegenschritt.

      Der Unfall, der den Alten betroffen hatte --- in der Lesart, als wäre er gestürzt und hätte sich dabei verwundet --- war bald auch im Dorfe bekannt geworden. Täglich


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