Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer. Ludwig Ganghofer

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Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer - Ludwig  Ganghofer


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Miene des Mädchens wurden diplomatisch, »Obwohl der Muckl noch der einzige wär, von dem man bei so was reden könnt.«

      »Wirklich? Der einzige?« fragte Lehnl seine Pfeife, in der sich, ermuntert durch einen glühenden Schwamm, der Tabak zu besserem Brennen entschloß.

      »Ich wüßt sonst kein!« gab ihm die Loni zur Antwort.

      »No ... und der Pauli?«

      Abermals ein kräftiger Stoß in das Butterfaß. Dann sprang Loni auf und schüttelte die Schürze. »Mit dem wär ich fertig für heut!« rief sie.

      »Mit dem Pauli?«

      »Na ... mit'm Butter.« Und mit beiden Händen nahm Loni das Faß auf, um es zum Brunnen zu tragen.

      »No mein«, Lehnl rückte ein bißchen, um Loni zum Ausheben der Butter Platz zu machen, »s hätt grad so gut auf den Pauli auch passen können. Er is ja heut in aller Früh schon mit dem Maler fort auf den Sonnenberg. Und ich denk, der Herr Fritz wird dem Buben z'lieb beim Abstieg net zwei Stund weit ein Umweg bis auf d'Weglalm machen wollen.«

      »Gott sei Dank!« Und klitsch und klatsch bearbeiteten Lonis Hände den Butterballen. »Gott sei Dank! So vergeht mir doch auch einmal ein Tag, wo mir der Mensch net auf die Füß umeinandertrappt!«

      Da klang ein heller, kurzer Jauchzer von der Höhe, ein Jodler folgte, und schmunzelnd guckte Lehnl zu dem Mädl auf, das dastand wie vom Blitz gerührt. Mit knapper Not hatte Loni den Butterballen noch in den Händen behalten. Und Lehnl lachte leise vor sich hin, wie Menschen lachen, die etwas eintreffen sehen, was sie längst erwartet haben.

      »No ja«, stieß Loni hervor, und der Butterballen klatschte in die irdene Schüssel nieder, daß die Milch dem Alten ins Gesicht spritzte, »kennst ja wohl das Sprichwort vom selbigen Tier, von dem d' Leut sagen:

       Wenn man's nennt, Kommt's grennt!«

      Sie nahm die Schüssel auf und schritt der Hütte zu.

      Unter der Tür trat ihr Nandl entgegen, das Kopftuch umgebunden und ein kleines Bündel unter dem Arm. »So, jetzt hab ich's! Bhüt euch Gott, und halts mir gut Haus!«

      »Halt, Nandl, ich geh mit!« schrie Loisl, der aus dem Schuppen trat und mit seiner Peitsche knallte. »Könntst leicht ausrutschen auf dem wurzigen Weg.« Er hatte noch nicht ausgesprochen, da stolperte er über eine der Hüttenstufen, fiel der Länge nach über den steilen Abhang und purzelte bis vor Nandls Füße. Mühsam erhob er sich, rieb sich unter schmerzlichen Grimassen die Hüfte und den Schenkel, und während er dem lachenden Mädel zum Steige folgte, brummte er vor sich hin: »Jetzt wär ich aber schiergar gfallen!«

      Kaum waren die beiden im Gehölz verschwunden, als von der anderen Seite Baumiller und Pauli über die Höhe herabstiegen.

      »Ja Pauli?« rief der Maler und sah sich verwundert um. »Wo hast denn du mich hingeführt? Da sind wir ja auf der Weglalm bei der lustigen Nandl.«

      Eben trat Loni wieder aus der Hütte. »Heut müssen S' aber schon mit mir vorliebnehmen.«

      »Ja Loni«, fragte der Maler verwundert, »seit wann bist denn du Sennerin?« Dann stieg er zur Hütte herauf und reichte dem Mädchen die Hand zum Gruß, während sich's Pauli bereits an Lehnls Seite auf einem Felsblock bequem gemacht hatte.

      »Aber jetzt werden S' müd sein! Setzen S' Ihnen da nieder auf 's Bankl und rasten S' aus! Haben tu ich nix als Milli und frischen Butter.«

      »Nur her damit!«

      Loni verschwand in der Hütte.

      »Ich hab gmeint, ihr seids am Sonnenberg gwesen«, sagte Lehnl zu Pauli.

      »Waren wir auch!« gab Pauli zur Antwort, während er den Rucksack achtsam beiseite legte, als wollte er den Inhalt nicht durch Drücken beschädigen.

      »Da habt's nachher grad den nächsten Heimweg gmacht, das muß ich sagen! Aber freilich ... wie der Herr Pfarrer sagt, alle Weg führen nach Rom, so führen bei dir alle Weg nach der Weglalm, wenn d' Loni da is, gelt?«

      Loni hatte unterdessen dem Maler eine große Schüssel frischer Milch auf die Knie gestellt und Brot und Butter auf die Bank gelegt. Nun kam sie den Hügel herunter, stellte Sich, die Arme in die Seite gestemmt, vor Pauli hin und fragte: »Is dem Herrn vielleicht auch was gfällig?«

      »Wie magst fragen?« warf Lehnl lächelnd ein. »Den speist ja d' Lieb!«

      »Mit dir hab ich net gredt!«

      »Sonst war's wohl so der Brauch auf der Alm«, sagte Pauli, »daß eim d' Sennerin ein Lackerl Milch bracht hat, wenn man im Vorbeigehn einkehrt is.«

      »No! Ich möcht mich halt rühren, wann's mich hungert! Ich kann dir net einischauen in Magen!« Damit kehrte sich Loni kurz von ihm ab und ging zur Hütte.

      Es war ein recht bitteres, wehmütiges Lächeln, mit dem sich Pauli zu Lehnl wandte, als ihn dieser ansprach: »Was hast denn da in deini Rucksack drin?«

      »Ein paar Boschen Edelweiß, die ich heut gfunden hab! Wird wohl 's letzte sein für heuer.«

      »Für wen ghört's denn?« fragte Lehnl; doch es war keine Spur von Neugier im Ton seiner Stimme; für wen das Edelweiß bestimmt wäre --- das schien Lehnl schon zu wissen, als er fragte: »Für wen ghört's denn?«

      »Für d' Mutter halt!«

      Lehnl mußte doch eine andere Antwort erwartet haben, denn es klang ein recht bedenklicher Zweifel aus seiner Stimme, während er vor sich hinbrummte: »So ... so ... für d' Mutter?«

      Loni stand wieder vor den beiden und hielt dem Herrgottschnitzer eine Schüssel hin.

      »Vergelt dir's Gott«, sagte Pauli, »daß du so gut bist und mich net schlechter haltst als ein andern.«

      Es war ein hartes, trockenes Lachen, mit dem sich Loni zu dem Burschen niederbeugte: »Oh, du gnügsamer Mensch!« Dann ging sie zum Brunnen, faßte mit lautem Geklapper die zum Trocknen aufgestellten Milchgeschirre zusammen und trug sie in die Hütte.

      Mit langen, durstigen Zügen hatte Pauli die Schüssel geleert, als ihm der Maler zurief: »Pauli, jetzt brechen wir wieder auf, sonst bringen wir den Umweg gar nimmer ein. Bis wir nunterkommen, wird's sowieso ganz finster werden.« Schweigend stellte Pauli das Geschirr beiseite, erhob sich und griff nach Rucksack und Bergstock.

      Lächelnd reichte Loni dem Maler die Hand: »Bhüt Ihnen Gott halt! Es hat mich schon recht gfreut, daß S' bei mir zugsprochen haben!«

      »No, und mich selber am allermeisten! Aber wie is denn nachher, Loni, wirst morgen auf der Hochzeit auch mit mir tanzen?«

      »Wär net aus!« erwiderte das Mädchen geschmeichelt. »Da kommt's doch z'erst drauf an, ob Sie mir die Ehre schenken!«

      »Jetzt, da kannst sicher drauf rechnen!« lautete die fröhliche Antwort des Malers.

      »Was is denn mit dir, Lehnl?« fragte Pauli inzwischen den Alten, während er den Rucksack über die Schulter zog. »Gehst du net mit?«

      »Na!« gab Lehnl zur Antwort. Dann erhob er sich, trat an Paulis Seite und flüsterte ihm zu: »Ich muß erst dir noch ein bißl zum Guten reden! Und schlafen werd ich wohl auch da heroben. Ich laß die Loni net allein in der Nacht.«

      Die letzten Abschiedsworte wurden gewechselt, und der Maler machte sich, von Lehnl einige Schritte begleitet, voraus auf den Weg. Pauli hatte sich schon dem Gehölz zugewandt, als er wieder umkehrte. Es war eine warme Herzlichkeit in dem Wort, mit dem er dem Mädchen die Hand bot. »Bhüt dich Gott, Loni!«

      »Bhüt dich Gott auch!« Und während Loni Paulis Hand ergriff, zuckte ein leises Lächeln um ihren Mund. »Gelt, vergeh dich halt sobald net wieder auf d' Weglalm!«

      Lehnl kicherte vor sich hin und nahm die Pfeife aus den Zähnen: »Hab kein Sorg! Wann du net da bist, nachher findt er net her!«

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