Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer. Ludwig Ganghofer

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Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer - Ludwig  Ganghofer


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Aus dem Kupferkessel, der über dem Feuer hing, schöpfte sie eifrig eine Schüssel voll dampfenden Wassers heraus und probierte es mit der Hand, ob es nicht zu heiß wäre. »Es tut's grad.« Dann holte sie einen Klumpen Seife und die Holzbürste.

      Pepperl scheuerte aus Leibeskräften, zuerst mit der rechten Hand die linke, dann mit der linken die rechte. Als er die Hände an Burgis Schürze trocknen wollte, sagte sie: »Halt, laß mich schauen!« Nach kurzer Musterung meinte sie: »Na, na, du, da muß schon ich noch a bißl drüber!« Es dauerte eine Weile, und viel Seife ging drauf, bis sie erklärte: »So, jetzt kannst jede fürstliche Schüssel anrühren mit Manier!«

      »Du bist halt a Madl! Mit dir bin ich aufgricht! Ja!«

      Ein Kuß, der sich zeitverschwenderisch in die Länge zog. Dann rannte Pepperl davon.

      In der Jägerhütte stand Mazegger am Fenster, mit den Händen hinter dem Rücken, regungslos wie eine Steinsäule. Manchmal schloß er die Lider, als hätte er Schmerz in den Augen. Dann spähte er wieder und wartete. Nach einer Weile sah er den Förster zum Jagdhaus hinaufwandern und in der Tür verschwinden. Mazegger streckte sich wie einer, den die Arbeit ruft. Er zog die Läden zu und schloß das Fenster. Dann nahm er die Büchse auf den Rücken, verließ die Stube, sperrte die Hintertür ab und schleuderte den Schlüssel weit hinaus in das Almfeld.

      Mit starrem Lächeln sah er noch einmal hinauf zum Fürstenhaus und eilte davon, in der Richtung gegen den Sebenwald.

      Zwanzigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Der Abend wurde trüb.

      Immer tiefer senkte sich das Gewölk über die Berge, noch angeflogen von einem letzten Schein der Sonne. Aus den Waldsümpfen in der Nähe des Baches begann es aufzudampfen. Wie graues Spinngewebe, das immer dichter wurde, zog der Nebel sich über die moorigen Almen hin. Unruhig hauchte der Abendwind und trieb die grauen Dünste bergan und gegen den Sebenwald.

      Bei Anbruch der Dämmerung, als die Sennlaute der Sebenalm unter Geschrei und Schelten das Milchvieh von allen Gehängen zusammentrieben gegen den Stall, war der Nebel schon so dicht geworden, daß man kaum mehr auf hundert Schritt sehen konnte.

      Der Senn und sein Weib begannen im Stall die Kühe zu melken, während der alte Hüter, der nun Feierabend hatte, mit seinen Holzschuhen in die Sennstube schlorpte, um sich ans Feuer zu setzen, ein krumm gebeugtes, weißhaariges Männchen mit stumpfen Augen in dem müden Runzelgesicht. Gähnend suchte der Alte seinen Platz am Herd und rückte die Beine nah an die Glut. Sein abgewerkeltes Leben hatte keinen anderen Wunsch mehr, als Abend für Abend die schläfrige Rast am Feuer genießen und die kalten Füße wärmen zu können. Langsam legte er einen dünnen Ast nach dem anderen über die Glut und nickte zufrieden, so oft er ein neues Flämmchen aufzucken sah.

      Mazegger trat in die Hütte und stellte das Gewehr an die Mauer. »Guten Abend!«

      Der Alte ließ sich beim Feuerschüren nicht stören.

      Der Blick des Jägers huschte durch die Sennstube und blieb an den beiden Holznägeln haften, die über dem Herd in die Mauer geschlagen waren und ein Bündel langer Kienfackeln trugen.

      Höher und höher, mit Knistern und Geprassel flammte in der Herdgrube das Feuer.

      Mazegger setzte sich und legte die Arme übers Knie. So saßen die beiden sich eine Weile schweigend gegenüber. Als der Alte die nackten Füße aus den Holzpantoffeln hob und in die heiße Asche hineinwühlte, sagte Mazegger: »Narr! Verbrennst dir ja die Füß!«

      Der Hüter kicherte mit seiner dünnen hohen Stimme: »Narr, sagt's! Weil ich mir was Guts vergunn!« Er legte ein paar Äste in die Flammen. »Wann ich net mit halbbratene Füß ins Heu komm, kann ich nit schlafen. So viel kalt hab ich allweil.« Mit zittrigen Händen öffnete er an der Brust das Hemd, beugte sich näher gegen das Feuer, und wie ein Kater schnurrend, blinzelte er mit den roten Lidern. »Is was Schöns, so a Fuierl, gelt?«

      Heiser lachte Mazegger.

      »So, so? Lachen tust über 's Fuierl? Hast halt noch Hitzen im Blut und brauchst kein Fuierl, gelt? Wart nur a bißl, 's kommt für an jeden, 's Frieren! Jung sein heißt dumm sein. Wann er gscheit wird, der Mensch, fangt 's kalte Frieren an. Da merkt er, daß 's Fuierl 's einzig is, was bleibt! Hihihi! Weiberleut und Lieb und Haß, Gut und Geld und Burgermeister sein, alles is Wasser und gfriert in der Kält! 's Fuierl 's einzige! Macht so schön warm! Da kann er schlafen, der Mensch. Gut schlafen!« Kichernd griff der Alte mit seinen dürren Händen nach den Flammen, während draußen im Stall der Senn über die Kühe fluchte, die beim Melken nicht ruhig hielten. »A bißl spat, Jager, a bißl spat bist auf'm Marsch? Wohin denn heut noch?«

      »Nach Ehrwald. Und dürsten tut mich. Magst mir an Trunk vom Brunnen holen?«

      »So? Frisch vom Brunnen? So viel gnäschig bist? Hihihi! Aus'm Ganterl taugt's dir net? Gleich vom Brunnen mußt es haben und tust mich furthetzen vom Fuierl?« Seufzend erhob sich der Alte, nahm eine Blechkanne und verließ die Hütte.

      Mazegger sprang auf, riß zwei Kienfackeln von der Mauer herunter und schob sie zu einem Rauchloch hinaus. Sie fielen draußen mit dumpfem Klatsch in die Kräuter.

      Der Alte brachte die gefüllte Kanne. »So, du Gnäschiger, da hast dein Trunk, dein kalten!« Gähnend setzte er sich wieder zum Feuer und wühlte die Füße in die Asche. »Jetzt laß mich aber in Ruh, gelt!«

      »Ja. Jetzt hab ich, was ich brauch!« Mazegger tat einen Trunk aus der Kanne. »Gut Nacht!« Er nahm seine Büchse und ging.

      Draußen raffte er die beiden Fackeln auf, barg sie unter dem Wettermantel und eilte über das Almfeld hinaus. Als er den Waldsaum erreichte, blieb er stehen. Der Nebel war so dicht, daß die Sennhütte völlig im Grau verschwand, und daß von dem Lichtschein, den das Herdfeuer durch die Tür warf, kaum noch ein Schimmer zu erkennen war. Deutlich hörte man noch die Stimme des Sennen, der mit seinem Weib und mit den Kühen schalt.

      Mazegger wartete. Als es mit Anbruch der Nacht in der Sennhütte ruhig wurde, steckte er eine Fackel in Brand und stieg durch den Wald empor. Im Nebel erhellte die Fackelflamme nur einen Umkreis von wenigen Schritten. Verschwommen tauchte der hohe Reisigwall des Almzaunes auf wie eine dunkle Mauer, in die eine Bresche gebrochen ist. Diese Lücke war der Weg, den er gehen mußte; nur dünne Stangen versperrten ihn.

      Mazegger streckte die Hand aus, um das Gitter zu öffnen. Er zögerte. Hatte ihn das Grauen vor der Tat befallen, die er verüben wollte? War der rechnende Gedanke in ihm erwacht: Wenn ich es tue, was hilft es mir? Und erkannte er, daß bei dem wahnwitzigen Spiel, das er im Fieberdurst seiner Leidenschaft als ein letztes, gewaltsames Mittel versuchen wollte, der Einsatz sein eigenes Leben war?

      Er stand und sann. »Soll's kommen, wie's mag! Der ander soll sie auch nicht haben!« Mit einem Fußtritt warf er das Gitter auf und durchschritt den Reisigwall. Knarrend fielen die Stangen hinter ihm zurück.

      Er warf den Mantel zu Boden und die Büchse dazu.

      An der Flamme des schon halb verbrannten Kienholzes entzündete er das zweite Scheit und hob die beiden Fackeln über den Kopf empor, um den Wind zu prüfen. Der machte die Flamme lodern und trieb ihren Rauch waldaufwärts. Brannte der Reisigwall, so hatte das Feuer nur einen Weg: hinauf zum See.

      Mazegger senkte die Fackeln und wollte werfen. Wieder zögerte er. Das währte nur einen Augenblick. Mit kreischender Stimme, als bedürfte er zu seiner Tat noch eines letzten Spornes, schrie er jene Worte aus dem Brief des Fürsten vor sich hin: »Morgen hol ich mein Glück!» Dann schwang er die Arme zum Wurf und schleuderte die eine Fackel zur Rechten, die andere zur Linken des Tores in den Reisigwall.

      »So, du! Jetzt hol dein Glück!«

      Sein gellendes Lachen hallte in der Waldnacht wie der Schrei eines Tieres.

      Die Fäuste hinter dem Rücken, das Gesicht verzerrt, mit funkelnden Augen, so stand er und sah, daß aus dem dürren


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