Schöne Gedichte. Joachim Ringelnatz

Читать онлайн книгу.

Schöne Gedichte - Joachim  Ringelnatz


Скачать книгу
öffne leise dein Taschenmesser,

      Damit dich keine Mörder ermorden.

      Und wenn du die Sonne nicht mehr erreichst,

      Dann ist es fürs erstemal schon besser,

      Daß du dich wieder nach Hause schleichst.

      Maikäfermalen

      Setze Maikäfer in Tinte. (Es geht auch mit Fliegen.)

      Zweierlei Tinte ist noch besser, schwarz und rot.

      Laß sie aber nicht zu lange darin liegen,

      Sonst werden sie tot.

      Flügel brauchst du nicht erst rauszureißen.

      Dann mußt du sie alle schnell aufs Bett schmeißen

      Und mit einem Bleistift so herumtreiben,

      Daß sie lauter komische Bilder und Worte schreiben.

      Bei mir schrieben sie einmal ein ganzes Gedicht.

      Wenn deine Mutter kommt, mache ein dummes Gesicht,

      Sage ganz einfach: »Ich war es nicht!«

      Das Bergmannspiel

      Unter dem Bett ist der Schacht.

      Der wird entweder mit Bettdecken dunkel gemacht,

      Oder ihr spielt das Spiel bei der Nacht.

      In den Schacht schüttet ihr erst recht viel Kohlen.

      Die muß der Bergmann auf dem Bauche herausholen.

      Ein Licht oder Spirituskocher und zum Graben

      Eine Schaufel muß jeder Bergmann haben.

      Außerdem muß er vor allen Dingen sich hinten

      Ein Stück Leder aus Schuh oder Ranzen anbinden.

      Dann baut ihr aus Tisch und Stuhl und Fußbank drei Stufen,

      Dort, wo der Eingang sein soll.

      Jeder, der runterkriecht, muß erst »Glückauf« rufen

      Und schaufelt eine Zigarrenkiste voll Kohlen voll.

      Jeder, der rauskriecht, muß dann ganz dreckig sein.

      Und jedesmal müssen alle »Glückauf« schrein.

      Geben euch eure Eltern was hinten drauf,

      Dann habt ihr doch hinten das Leder und ruft nur:

      »Glückauf«.

      Afrikanisches Duell

      Wenn dich der Paul oder jemand, den du kennst,

      Schwein schimpft oder wenn du ihn Rindvieh nennst,

      Dann habt ihr euch beleidigt.

      Dann müßt ihr afrikanisches Duell machen.

      Ich bin der Schiedsrichter, der bei Ehrenwort euch vereidigt.

      Niemand darf auch nur mit der Wimper lachen.

      Jeder schweigt. Und ihr stellt euch dabei

      Gegenüber. Mit sechs Handbreit Abstand. Und dann

      Zähle ich langsam bis drei.

      Darauf spuckt jeder dem anderen ins Gesicht

      Möglichst so lange, bis der nicht mehr sehen kann.

      Mich anspucken gilt aber nicht.

      Wer zuerst sagt, er habe genug abgekriegt,

      Der ist besiegt

      Und muß sich von mir eine runterhauen lassen,

      Ohne sich wehren oder mich anfassen.

      Darauf dürft ihr euch nicht mehr hassen,

      Sondern müßt euch bezähmen

      Wie Männer von Ehre und Stand.

      Jeder reicht dem andern die Hand.

      Weil die Helden in Afrika sich wegen Spucke nicht schämen.

      Eine Erfindung machen

      Nur für Kinder, die keinen Schiß haben

      Wer was erfindet, wird furchtbar reich.

      Was man erfindet, ist ganz gleich.

      Wenn man nur allerlei Dinge zusammenmischt,

      Noch länger, als bis es zischt, und das Richtige rausfischt,

      Dann wird man in wenigen Stunden

      Berühmt oder macht Gold.

      Ich hab auch schon mal was zur Hälfte erfunden,

      Aber Wolfgang, mein Bruder, wollte nicht mehr. –

      Wenn ihr das etwa fertig erfinden wollt,

      Will ich’s euch sagen. Aber es ist sehr, furchtbar sehr schwer.

      Das allerwichtigste ist die teure

      Furchtbar gefährliche Salzsäure.

      Entweder findet ihr die im Klosett

      Hoch oben auf einem Brett.

      Oder ihr müßt euch unter das Dienstmädchen stecken.

      Dürft aber ja nicht dran lecken.

      Erst legt ihr einen Goldfisch oder anderen Fisch –

      Es kann auch ein Rollmops sein –

      Nicht etwa auf den Tisch,

      Sondern: Auf Elfenbein.

      Und zwar auf die weißen Tasten von dem Klavier.

      Müßt aber die Fische vorher mit Bier

      Und Zahnpulver kneten

      Und auch erst tottreten,

      Damit sie auch liegenbleiben.

      Nun müßt ihr Seife, dann Zwiebel darüber reiben.

      Dann müßt ihr Pfennige, Nachtleuchterstücken

      und anderes Kupfer tief in die Fische drücken

      Und nun darüber langsam Salzsäure träufeln.

      Dann holt ihr schnell eine Schaufel (eigentlich zwei

      Schäufeln)

      Voll glühender Kohlen.

      Wolfgany ließ mich damals die zweite Schaufel nicht holen.

      Der dumme Ochse ist ja zu unverschämt.

      Aber ihr müßt das zu Ende bringen.

      Wenn ihr noch Soda und Wachs und so was zu nehmt,

      Dann wird’s schon gelingen.

      Und wenn eure Eltern was wollen,

      Dann müßt ihr zum Trotz in die glühenden Kohlen fassen.

      Und sagt nur ganz barsch: Sie sollen

      Sich lieber und recht bald begraben lassen.

      Sich


Скачать книгу