Römische Geschichte. Cassius Dio

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Römische Geschichte - Cassius Dio


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die Flucht, denn in Masse glaubten sie sich weder durchschlagen, noch unvermerkt entkommen zu können; wenn es aber jeder für sich und, wie sie glaubten, allein täte, so würde es ihnen leichter gelingen, weshalb sie sich auch, jeder nach dem eigenen Gutdünken, mit so viel Sicherheit, wie sie konnten, auf die Flucht begaben.

      96. Im Jahr der Stadt 471 (283 v.Chr.).

      Als die Römer erfuhren, dass die Tarentiner und einige andere zu einem Krieg gegen sie rüsteten, schickten sie [Gaius] Fabricius [Luscinus] als Gesandten zu den verbündeten Städten, um sie vor Neuerungen zu warnen. Die aber nahmen ihn fest und verleiteten durch Gesandtschaften an die Tyrrhener, Umbrier und Gallier – die einen gleich jetzt, die anderen nicht lange danach – zum Abfall.

      97. Im Jahr der Stadt 471 (283 v.Chr.).

      Dolabella griff die Tyrrhener, als sie über den Tiber setzten, an, und der Fluss wurde mit Blut und Leichen angefüllt, sodass den Römern in der Stadt der Anblick der Flussströmung, ehe noch Botschaft kam, den Ausgang der Schlacht bezeichnete.

      Von der Mündung des Tiber bis nach Rom sind es 18 Stadien.15

      98. Im Jahr der Stadt 472 (282 v.Chr.).

      Die Tarentiner stellten sich, obgleich sie selbst den Krieg angefacht hatten, immer noch, als ob sie friedliche Gesinnung hegten. Die Römer erfuhren zwar ihre Umtriebe, ließen sie jedoch unter den gegebenen Umständen unangefochten. Als sie aber später glaubten, dass die Macht der Römer nicht bis zu ihnen reiche bzw. dass sie selbst stets unbeachtet bleiben würden, weil nicht einmal eine Beschwerde zu ihnen drang, trieben sie ihren Übermut noch weiter und zwangen die Römer gegen deren Willen in einen Krieg und bestätigten so den Ausspruch: Wen das Glück im Übermaß begünstigt, den stürzt es ins Unglück, denn es verführt zur Überhebung und zur Aufgeblasenheit und bringt ihn so zu Fall.

      So sind auch sie aus ihrer Blüte und ihrem Glück in ebenso großes Unglück gestürzt.

      99. Im Jahr der Stadt 472 (282 v.Chr.)

      [Lucius] Cornelius wurde von den Römern nach Tarent gesandt.16 Die Tarentiner, welche gerade das Bacchusfest feierten und am Abend voll des Weines im Theater saßen, argwöhnten, er komme mit seinen Schiffen in feindlicher Absicht, und, von Zorn und Trunkenheit getrieben, liefen sie ohne Weiteres wider ihn aus, fielen über ihn her, der keine Hand zur Gegenwehr rührte und nicht im Geringsten eine Feindseligkeit vermutete, und warfen ihn nebst vielen anderen ins Meer. Die Römer, auf diese Kunde, wie sich denken lässt, höchst aufgebracht, beschlossen dennoch, nicht sogleich wider sie ins Feld zu rücken. Um aber nicht den Schein zu haben, als wollten sie ganz dazu schweigen, und um sie dadurch nicht noch dreister zu machen, schickten sie Gesandte ab. Die Tarentiner, weit entfernt, sie, wie es sich gebührte, aufzunehmen, oder ihnen die geeignete Antwort zu geben, verhöhnten sie, ehe sie ihnen noch Gehör gegeben hatten, sowohl wegen anderer Sachen als auch wegen ihrer Kleidung. Es war dies die städtische, die wir auf dem Markt tragen. Diese hatten sie angelegt, sei es der größeren Feierlichkeit wegen oder um denselben dadurch Ehrfurcht einzuflößen.

      Sie standen nun gruppenweise zusammen und verhöhnten sie. Denn auch damals feierten sie gerade ein Fest, das sie, die auch sonst nicht sehr bescheiden waren, noch mutwilliger machte. Zuletzt stellte sich einer neben Postumius, bückte sich, verrichtete seine Notdurft und beschmutzte Postumius’ Kleid. Als alle anderen darüber aufschrien, es als eine Heldentat lobpriesen, viele mutwillige Spottlieder auf die Römer sangen und mit Hand und Fuß den Takt dazu schlugen, sprach Postumius: »Lacht nur, lacht, solange ihr noch könnt. Denn lange werdet ihr weinen, wenn ihr dies Kleid mit eurem Blut abwaschen müsst.« Auf diese Rede enthielten sie sich des Spotts, taten aber nichts, sich für die Verhöhnung zu entschuldigen, sondern rechneten es sich noch als Wohltat an, dass sie dieselben unversehrt ziehen ließen. Als Meton die Tarentiner vergeblich ermahnt hatte, keinen Krieg mit den Römern anzufangen, entfernte er sich aus der Versammlung, bekränzte sich und kehrte mit Festgenossen und einer Flötenspielerin zurück. Als er nun sang und den Cordax17 tanzte, hörten sie mit der Beratung auf und schrien und klatschten ihm zu, wie es in solchen Fällen zu geschehen pflegt. Er aber erbat sich Stille und sprach: »Jetzt noch dürfen wir uns im Wein ergehen und guter Dinge sein; wenn ihr aber tut, worüber ihr zurate geht, werden wir als Sklaven dienen.

      100. Gaius Fabricius.

      Gaius Fabricius war in allem dem Rufinus gleich, bezüglich der Unbestechlichkeit aber übertraf er ihn weit. Er war absolut keinem Geschenk zugänglich und fand deshalb an jenem keinen Gefallen, war vielmehr beständig mit ihm entzweit; gleichwohl gab er ihm seine Stimme zum Konsulat. Denn er hielt ihn zur Führung des Krieges für den Geeignetsten und setzte seine Privatfeindschaft dem Vorteil des Staates nach. Dadurch erwarb er sich Ruhm, da er sich auch über den Neid erhaben zeigte, den oft auch bei den verdienstvollsten Männern der Ehrgeiz in so hohem Grade erzeugt. Denn als echter Patriot, dem nichts an Auszeichnung lag, hielt er es für einerlei, ob dem Staat durch ihn selbst oder einen anderen, wenn er auch sein Feind wäre, geholfen würde.

      101. Kineas.

      Durch Kineas soll Pyrrhos mehr Städte als durch das eigene Schwert erobert haben. Er war, nach Plutarch18 ein guter Redner und an Stärke in der Beredsamkeit allein mit Demosthenes zu vergleichen. Weil er nun, als verständiger Mann, das Törichte des Feldzugs einsah, machte er dem Pyrrhos Vorhaltungen dagegen. Dieser plante, kraft seiner Tapferkeit, den ganzen Erdkreis sich zu unterwerfen; jener riet ihm, er sollte sich mit dem eigenen Land als hinreichend zur Glückseligkeit begnügen. Die Kriegslust des Mannes und seine Herrschsucht, mächtiger als des Kineas Rat, hatten zur Folge, dass er nach dem Verlust vieler Tausende von Kriegern in den Schlachten aus Sizilien und Italien schimpflich abziehen musste.

      102. Der König Pyrrhos herrschte über das sogenannte Epirus und hatte sich den größten Teil Griechenlands teils durch Wohltaten, teils durch den Schrecken seiner Waffen zu eigen gemacht. Die damals mächtigen Aitoler, der Makedonier Philipp19 und die Fürsten Illyriens, buhlten um seine Gunst. Denn durch seine glänzenden Anlagen, seine hohe Bildung und seine Gewandtheit in Geschäften tat er sich vor allen hervor; sodass seine Persönlichkeit seine und seiner Bundesgenossen Macht, so groß sie auch war, überwog.

      103. Pyrrhos, der König von Epirus, trug den Sinn noch höher, da er von den auswärtigen Völkern als der geeignetste Gegner der Römer angesehen wurde, und betrachtete es als glücklichen Umstand, dass er den Schutzsuchenden, zumal den Griechen, zu Hilfe kommen sollte; und dass er jene unter einem schicklichen Vorwand zuvor angriff, ehe ihm von denselben etwas zuleide getan worden war. Denn so sehr war er auf guten Ruf bedacht, dass er, obgleich schon längst es auf Sizilien absehend20 und der Römer Macht zu demütigen trachtend, Bedenken hatte, als nicht Beleidigter die Feindseligkeiten gegen sie zu beginnen.

      Pyrrhos schickte nach Dodona21 und ließ das Orakel über den Feldzug um Rat fragen. Als ihm der Spruch zuteilwurde: Wenn er nach Italien übersetze, ‘Ρωμαιούς νικήσειν,22 legte er ihn nach seinen Wünschen aus (so sehr verblendet oft die Begierde) und wartete nicht einmal den Frühling ab.

      104. Im Jahr der Stadt 474 (280 v.Chr.)

      Die Rheginer hatten sich von den Römern eine Besatzung erbeten; diese wurde von Decius befehligt. Die meisten von ihnen ließen sich, durch den Überfluss an Lebensmitteln, das müßige Leben und die, mit der heimischen verglichen, weit ungebundenere Zucht, besonders auf Antrieb des Decius, in den Sinn kommen, die vornehmsten Rheginer zu töten und sich der Stadt zu bemächtigen. Weil die Römer mit den Tarentinern und dem Pyrrhos zu tun hatten, glaubten sie, nach Willkür schalten zu dürfen. Ein weiterer Beweggrund war, dass sie auch Messana im Besitz der Mamertiner sahen. Denn diese, Campaner und von Agothokles, dem Beherrscher Siziliens, zur Beschützung der Stadt bestellt, hatten die Einwohner ermordet und sich in den Besitz der Stadt gesetzt.23

      Sie trauten sich indessen nicht, ihren Anschlag offen auszuführen, da sie zu wenige waren; Decius unterschob Briefe, worin einige Bürger dem Pyrrhos anboten, sie (die Besatzung) durch Verrat in seine Hände zu überliefern, rief die Soldaten zusammen, las ihnen die angeblich abgefangenen Briefe vor und versetzte sie durch eine passende Rede in Wut, besonders als ein von ihm aufgestellter Bote die Nachricht brachte, es seien


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