Römische Geschichte. Cassius Dio
Читать онлайн книгу.als der einzige Vertraute zu erfahren pflege.
136. Die Karthager, von den Römern bekriegt, hatten sich in kürzester Zeit wieder Waffen und Dreiruderer verschafft; sie schmolzen die Bildsäulen ein und gebrauchten das Metall, verwandten das Holz von öffentlichen und Privatgebäuden zu Dreiruderern und Maschinen und bedienten sich des Haares der Frauen zu Seilen.
137. Im Jahr der Stadt 504 (250 v.Chr.).
Man erzählt, die Karthager hätten teils aus anderen Gründen, teils auch wegen der Menge der Gefangenen Gesandte an die Römer geschickt, besonders aber in der Absicht, unter billigen Bedingungen Frieden zu schließen, und gelänge dies nicht, wenigstens ihre Gefangenen auszulösen. Unter diesen Gesandten soll nun auch Regulus, seines Ansehens wie seiner Vorzüge wegen, geschickt worden sein. Denn sie meinten, die Römer würden in der Hoffnung, ihn zurückzuerhalten, alles zu tun bereit sein, um ihn allein gegen das Zugeständnis des Friedens oder gegen die anderen Gefangenen einzutauschen.
Sie ließen ihn also einen feierlichen Eid schwören, dass er zurückkehren wolle, wenn er nichts von beidem bewirken könne, und ordneten ihn mit den anderen ab. Er nun benahm sich in allem Übrigen wie ein Karthager, nicht wie ein Römer: Er ließ weder seine Frau vor sich noch ging er in die Stadt, weil er ja verbannt sei, und erbat sich, nachdem der Senat außerhalb der Stadt versammelt war, um wie üblich mit Gesandten der Feinde zu unterhandeln, dort, so erzählt man, mit den anderen Gehör.
138. Die Karthager schickten den Feldherrn der Römer, Regulus, den sie gefangen genommen hatten, samt ihren eigenen Gesandten nach Rom, indem sie glaubten, sie würden durch die Vermittlung dieses Mannes billige Friedensbedingungen und die Rückgabe der Gefangenen erlangen. Als er aber ankam, lehnte er die gegen konsularische Männer gebräuchlichen Ehren mit der Erklärung ab, dass er keinen Anteil am Vaterland mehr habe,30 seit ihm das Schicksal die Karthager zu Herren gegeben habe, und riet ihnen, die Friedensanträge zurückzuweisen, da die Feinde bereits selbst an ihrer Rettung verzweifelten. Die Römer bewunderten den Mann, entließen die Gesandten und wollten ihn zurückbehalten. Er aber sagte, er könne nicht in einem Staat bleiben, in welchem er nach den Satzungen des Landes nicht die gleichen Rechte genießen dürfte, die er durch das Gesetz des Krieges anderen zu dienen gezwungen sei, und folgte freiwillig den Karthagern. Dort beendete er unter vielen und schrecklichen Martern sein Leben.
139. Im Jahr der Stadt 514 (240 v.Chr.)
Unter den Konsuln Marcus Claudius und Titus Sempronius wurde zu Rom verordnet, dass nur der älteste Sohn den Zunamen des Vaters führen sollte.31
140. Im Jahr der Stadt 518 (236 v.Chr.)
Die Römer hatten mit den Ligurern Frieden geschlossen. Den Claudius, welcher den Krieg wieder anfing und sie überwand, lieferten sie zum Beweis, dass der Friedensbruch seine, nicht ihre Schuld sei, zuerst diesen aus, und als sie ihn nicht annahmen, verbannten sie ihn.32
141. Im Jahr der Stadt 519 (235 v.Chr.).
Die Römer erneuerten gegen Entrichtung einer Geldsumme den Karthagern den Frieden. Zuerst ließen sie ihre Gesandtschaft unfreundlich an, weil sie sich selbst ihrer vollständigen Rüstung bewusst waren, sich hingegen aber noch immer von nahen Feinden bedrängt sahen. Als aber darauf ein gewisser Hanno, ein in seinen Reden äußerst freimütiger junger Mann, gesandt wurde und dieser nach vielen unverhohlenen Äußerungen damit schloss: »Wenn ihr keinen Frieden wollt, so gebt uns auch Sardinien und Sizilien heraus, denn damit haben wir nicht zeitigen Waffenstillstand, sondern ewige Freundschaft erkauft«, schämten sie sich und wurden milder gestimmt.
142. Im Jahr der Stadt 519 (235 v.Chr.).
[…], jene aber, um nicht dasselbe zu erleiden. Während so die einen gerne das Glück der früheren Siege bewahrten, die anderen sich bei der Gegenwart beruhigten, zauderten beide. Ihren Drohungen nach bestand kein Friede mehr, der Tat nach aber, während sie reiflich überlegten, hielten sie ihn, sodass allen klar war, dass, welcher Teil den anderen reizte, auch das Zeichen zum Krieg geben würde. Denn meist hält man Verträge nur so lange, wie man es zuträglich findet, und der eigenen Bequemlichkeit wegen erscheint es oft sicherer, dem Bündnis nicht zuwiderzuhandeln.33
143. Im Jahr der Stadt 523 (231 v.Chr.).
Es kamen einmal der Kundschaft wegen Gesandte zu Gaius Papirius, obgleich die Römer damals noch nichts von Hispanien wollten. Er nahm sie freundlich auf, leitete ein passendes Gespräch ein und äußerte unter anderem, dass er gegen Hispanien Krieg führen müsste, um die Geldsummen einzutreiben, welche die Karthager den Römern noch schuldeten und sonst auf keine Weise zu bekommen wären. Die Gesandten waren in großer Not, wie viel sie geschätzt werden würden.
144. Im Jahr der Stadt 524 (230 v.Chr.).
Die Insel Issa34 ergab sich freiwillig den Römern. […] Weil sie es damals zuerst mit ihnen versuchen wollten und sie für milder und getreuer als jene hielten, die ihnen erst noch so furchtbar waren. […] Indem sie mehr Zuversicht auf das Unbekannte als auf das Bekannte setzten. […] Teils wegen der gegenwärtigen Bedrängnis, teils wegen der zu erwartenden Zukunft hegten sie gerechte Hoffnung. Die Römer, welche sich den zu ihnen übergetretenen Issäern, um sich in den Ruf zu setzen, dass sie denen, die sich zu ihnen hielten, beizustehen wüssten, sogleich gefällig erzeigten und sich an den Ardiaiern, weil sie die aus Brundisium Absegelnden beunruhigten, rächen wollten, schickten Gesandte an Agron, teils um für jene Fürsprache einzulegen, teils um diesen zur Rede zu stellen, warum er sich ohne Anlass von ihrer Seite Feindseligkeiten erlaube. Sie fanden ihn nicht mehr am Leben; er war mit Hinterlassung eines unmündigen Kindes mit Namen Pinnes gestorben. Seine Gemahlin Teuta, des Pinnes Stiefmutter, welche jetzt über die Ardiaier herrschte, gab denselben nicht nur eine trotzige Antwort, sondern ließ auch, unbesonnen als Frau und übermütig als Königin, einige der Gesandten in Fesseln legen, andere, die allzu freimütig gesprochen hatten, sogar töten.
Dies tat sie und gefiel sich in dem Wahn, sich durch ihre übereilte Grausamkeit das Ansehen von Macht gegeben zu haben. Bald aber verriet sie die Schwäche ihres Geschlechts, das bei beschränkter Einsicht ebenso schnell aufbraust, wie es aus Zaghaftigkeit in Furcht gerät. Sobald sie nämlich erfuhr, dass die Römer Krieg gegen sie beschlossen hätten, erschrak sie, versprach, die Abgesandten herauszugeben, die sie von ihnen hatte, und entschuldigte sich wegen der Getöteten, indem sie vorgab, sie seien von Räubern umgebracht worden. Als die Römer deshalb mit dem Feldzug innehielten und bloß auf die Auslieferung der Täter drangen, wurde sie, weil die Gefahr nicht mehr so nahe war, wieder übermütig, verweigerte die Auslieferung und schickte ein Heer gegen Issa. Als sie aber hörte, die Konsuln35 seien da, sank ihr wieder der Mut; und jetzt wollte sie in all ihre Forderungen einwilligen.
Doch wurde sie nicht ganz zur Besinnung gebracht. Denn als die Konsuln nach Korkyra übergesetzt waren, fasste sie neuen Mut, empörte sich und schickte ein Heer gegen Epidamnus.36 Da aber die Römer die Städte entsetzten und ihre mit Schätzen beladenen Schiffe wegnahmen, wollte sie sich von Neuem bequemen. Als sie aber bei der Überfahrt beim Berge Alyrius zu Schaden kamen, besann sie sich wieder anders, indem sie hoffte, dass sie, da es bereits Winter war, heimkehren würden. Auf die Nachricht aber, dass Albinus im Land bleibe und Demetrius37 wegen ihres sinnlosen Betragens und aus Furcht vor den Römern abgefallen sei und auch andere zum Übertritt beredet habe, geriet sie in die größte Angst und legte die Regierung nieder.
145. Im Jahr der Stadt 529 (225 v.Chr.).
Die Römer schreckte ein Sibyllenspruch, der sie vor den Galliern sich in Acht nehmen hieß, wenn ein Blitz in das Capitol nahe dem Apollotempel eingeschlagen haben würde. Die Gallier aber verloren den Mut, als sie die günstigsten Punkte von den Römern besetzt sahen. Die Menschen wagen sich, wenn sie das, wonach sie trachteten, erreicht haben, immer mit größerem Vertrauen an das Übrige; wenn es ihnen aber hier fehlschlägt, so werden sie für alles abgestumpft. Die Gallier aber, vor anderen auf die Erreichung ihrer Wünsche erpicht, verfolgen ihr Glück aufs Tapferste, wenn sie aber auch nur das geringste Hindernis finden, so geben sie die Hoffnung auch für das Übrige auf. In ihrer Unbesonnenheit dünkt ihnen jeder Wunsch erfüllbar, sie verfolgen ihre Pläne mit größter Leidenschaft und geben sich blindlings ihrem wütenden Ungestüm hin. Deshalb hat auch bei