Geschichte der Ilchane, das ist der Mongolen in Persien. Freiherr von Joseph Hammer-Purgstall
Читать онлайн книгу.und die des Papstes im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert, wie schon fünf und sechs Jahrhunderte früher der byzantinische Gesandte Zemarchos am Hofe des Königs der Türken durchs Feuer gereinigt ward.[80] Ihre Wahrsager wahrsagten besonders aus den Schulterblättern der Schafe; sie schwuren bei dem Blute geschlachteter Thiere, bei der in den Strom gestampften Erde, bei den abgehauenen Bäumen, bei dem Fleisch und Blut ihrer Herrscher, aber nicht im Namen Gottes. Ehe die Lehrer des Budhismus und des Islams die Mongolen bekehrten, verehrten sie ein höchstes Wesen, von Marco Polo Natagai, von Ssetsen Hormusda genannt; das letzte ist gewiss der Hormusd der Maghen, das erste vielleicht nur die Verstümmelung des türkischen Wortes Onggan, d. i. Gott. Sie beteten die Sonne und Sterne sammt den Elementen an, und weihten diesen ihren Göttern, ehe sie assen, Speise und Trank. Bei dem Gebete wurden die Gürtel gelöst und über die Schulter geworfen, wie Tschengischan gethan, als er in der Nacht hinaus ging auf den Berg, um den Beistand des Himmels zu erflehen wider den Herrscher des himmlischen Reichs auf Erden. Einer der grössten Lobsprüche, welche ihm die Geschichte zollen muss, ist seine Duldung gegen alle Religionen. Uighurische Kamen und chinesische Bonzen hielten vor ihm Controverse, die Budhapriester erhielten die Erlaubniss, ihre Burhanenbilder aufzustellen, aber die Kamen blieben in nicht minderem Ansehen; neben ihnen wurden die Priester aller anderen Religionen, namentlich die Arghaun, d. i. die Christlichen, der Nestorianer geduldet. Zu Bochara war Tschengischan zwar in die Moschee geritten, stieg aber, als er hörte, das sei Gottes Haus, vom Pferde auf die Kanzel und ertheilte die Befugniss der allgemeinen Plünderung mit den Worten: Das Feld ist gemäht, gebt euren Pferden zu fressen, worauf die Korane unter die Hufe der Pferde getreten wurden und der Wein die Flur der Moschee überschwemmte, während die Imame oder Scheiche als Stallknechte die Pferde warten mussten; aber hingegen hatte er in der kleinen Bucharei, wo Kuschluk der Naimane den Islam unterdrückt, die freie Ausübung desselben gestattet. Diese allgemeine Duldung blieb Herrscherprincip der Kaane und auch der persischen, und selbst noch zum Theile nach ihrer Bekehrung zum Islam. Ausser dem grossen Schmiedefest am neuen Jahrestag wurde alljährlich auch das des Geburtstages des Chan's, sowie die Thronbesteigung desselben mit Trinkgelagen gefeiert. Bei diesen Gelagen gab einer der Diener das Zeichen, indem er Ha! schrie, zum Beginne der Musik; der Cythernspieler begann sein Spiel, die Männer tanzten vor dem Herrn, die Weiber vor der Frau des Hauses, Alle in die Hände klatschend. Nachdem der Hausherr getrunken, schrie der Diener wieder Ha!, der Cythernspieler verstummte, und nun tranken alle Gäste unter Gesang, der aber mehr ein Geheul.[81] Bei diesen Trinkgelagen wurden die Preise der Tapferkeit [Ulisch[82]] vertheilt, und dieselben leben noch zum Theil in den kalmukischen Uerrus fort.[83] Das Seitenspiel zu diesem Harufe ist das Zetergeschrei von Morio als Mordio, das sie während des Pferderennens oder Pfeilschiessens erhoben[84], indem sie die Hände ausstreckten. Im Kriege vermieden sie so viel als möglich das Gefecht von Mann zu Mann und suchten nur im Fliehen zu verwunden oder zu tödten; den Belagerten sicherten sie Schonung des Lebens und Eigenthums zu, hielten aber fast niemals Wort; die Besatzungen metzelten sie alle nieder und schonten manchmal nur der Künstler und Handwerker, die sie in die Sklaverei mit sich schleppten. Bei der Todtenzählung nach Schlachten oder Gefangnengemetzel wurde nach jedem geschlachteten Zehntausend Ein Leichnam mit dem Kopfe zur Erde, mit den Füssen in die Höhe als Trophäe aufgerichtet. Bei den Begräbnissen ihrer Fürsten wurden ihre Sklavinnen oder Beischläferinnen geschlachtet, wie schon Terxanthes, der Fürst der Türken, gefangene Hunnen am Grabe seines Vaters geschlachtet.[85] Bei dem Begräbnisse wurde gewöhnlich dem Todten ein Hengst, Stute oder Füllen mit ins Grab gegeben mit Sattel und Zeug, damit er im anderen Leben sogleich beritten sei, damit es ihm an Stutenmilch nicht fehle; ein anderes Pferd wurde zum Todtenmal geschlachtet und dann ausgestopft über dem Grabe aufgestellt; die Gräber der Vornehmen waren aus Stein, Häuser der Todten, nur Tschengischan hatte noch bei seinen Lebzeiten geboten, sein Grab geheim zu halten und ihn ohne Maal zu begraben unter einem grossen Baume im Walde von Burhan Kaldun.
Tschengischan's Nachfolger.
Ungeachtet der klaren Anordnung Tschengischan's über die Nachfolge auf dem Throne blieb derselbe fast zwei Jahre lang ledig, wovon die Ursache wohl nur in der Umsicht Ogotai's, welcher seine Brüder Dschaghatai und Tuli und des Neffen Batu Pläne und Absichten kennen und prüfen wollte, ehe er den etwa von ihnen selbst gewünschten Thron bestieg. Diese Zögerung zeigt, dass es ihm auch mit der dreissigtägigen Weigerung auf dem zur Thronbesteigung im Familienhorde Tschengischan's zu Keluran am Onon zusammenberufenen Kurultai der Prinzen einigermassen Ernst gewesen sein mag; erst am vierzigsten Tage zogen ihn sein Bruder Dschagatai und sein Oheim Utdschigin (der jüngste Bruder Tschengischan's) auf den Thron, sein jüngster Bruder, Tuli, brachte ihm knieend den mit Stutenmilch gefüllten Becher dar, im selben Augenblicke warf die ganze Versammlung die Mützen in die Höhe und den Gürtel über den Rücken, worauf er sich vor der Sonne anbetend niederwarf und mit neunmaliger Kniebewegung dem neuen Kaan huldigte. Die vorzüglichsten Prinzen, welche auf diesem Kurultai erschienen, waren nebst den zwei schon genannten Brüdern der Bruder Gulgan und der Oheim Belgetai, sieben Neffen, Söhne Dschudschi's, von denen der zweite, Batu, der Herrscher in Kipdschak; dann die Neffen Iltschidai, der Sohn Dschudschi Kasar's, und Karadschar Nujan, welchem Tschengischan die Berathung des Thronfolgers anempfohlen. Um dem Herrscher im Grabe zu huldigen, wurden ihm vierzig seiner liebsten Sklavinnen unter die Erde nachgesandt; um seine Anordnung der Welteroberung nach allen vier Weltgegenden in Erfüllung zu sehen, ein dreifacher Heereszug beschlossen. Dschurmaghun der Dschelaire wurde mit einem Heere nach Persien gesandt, um Dschelaleddin, den Schah von Chuaresm, welcher sich nach Tschengischan's Tod eines Theils des väterlichen Erbes bemächtigt hatte, zu vernichten. Batu und seine Brüder wurden zur Eroberung des Westens, das ist Russlands, Polens, Ungarns und der angränzenden Länder befehligt[86]; Ogotai selbst zog wider China aus, um die vom Vater begonnene Eroberung des himmlischen Reichs zu vollenden. Unter ihm befehligten die Abtheilungen des Heeres Subutai, der eine der beiden Feldherren, welche vor sieben Jahren Persien bis nach Russland durchzogen, und Tatschar, der Sohn des hochbetrauten ersten Örlök Bugurdschi, dessen Stelle als Wesir jetzt einer der weisesten und menschlichsten und folglich grössten Wesire versah, deren die Geschichte erwähnt. Mahmud Jelwadsch war ein Perser und Moslim, welchen sich die chinesischen Quellen aneignen, indem sie den Namen Jelwadsch in Jelui verstümmeln, ihn selbst zu einem Chitanen, Bekenner der Lehre des Fo, machen.[87] Sieben Jahre lang dauerte der Krieg im Osten und Westen, glorreich in den nördlichen Provinzen China's, in Schensi, Petseli und Iran, in Russland, Polen und Ungarn, erobernd und verheerend geführt. Die mongolischen Heere drangen zu gleicher Zeit bis an die Ufer des Kara Muran, d. i. der schwarzen Mur, oder des gelben Flusses in China und fast bis an die der weissschäumenden Mur in Steiermark vor; China's Länder wurden bleibend erobert; mit dem Falle der Residenz Peanking, deren von Subutai dem mongolischen Heere versprochene Plünderung nur durch die Vorstellungen Jelui Tschutsai's (Jelwadsch's) abgewendet worden, stürzte auch die Dynastie der goldenen Kaiser zusammen, deren letzter, von Tschengischan zuerst besiegter, sich erhing.[88] Im Westen waren die Heere Batu's über Russland, Polen und Ungarn bis nach Mähren, Oesterreich und Dalmatien vorgedrungen; sie erschienen belagernd vor den Mauern von Wienerneustadt und zogen vor denen Wien's vorbei; von denen von Olmütz, nachdem die Blüthe des mährischen und schlesischen Adels in der unglücklichen Schlacht von Lignitz geblutet, wehrte sie Jaroslav von Sternberg ab, von dessen Hand Peta, d. i. Paidar, der Sohn Dschagatai's, fiel, wie sein Bruder Mowatukan vor den Mauern Bamian's gefallen, wesshalb Olmütz für die Mongolen eine böse Stadt, wie sie Bamian und Koseslk nannten. Auf dem Rückzuge von China starb Tuli, welcher während des ganzen siebenjährigen Feldzugs dem Bruder eben so treu und tapfer als Feldherr gedient, als vormals dem Vater, nur vierzig Jahre alt, ein wahrer Spiegel (was sein Name Tuli heisst) von Sohnespflicht und Brudertreue.
Ogotai's Bauten, Feste, Jagden, Freigebigkeit und Unmässigkeit.
Die Verwaltung der von der goldenen Dynastie eroberten chinesischen Länder übertrug Ogotai dem weisen Wesire Jelwadsch, welcher schon im ersten Jahre des Feldzugs zehn Steuerämter zur Einrichtung und Einhebung der Steuern niedersetzte, deren jedes einen Präsidenten und Vicepräsidenten hatte und deren Beamte chinesische Gelehrte. I. J. 1230. – „Das Reich“, stellte der weise Staatsmann dem Herrn vor, „ist zu