Sherlock Holmes: Seine Abschiedsvorstellung (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch). Arthur Conan Doyle

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Sherlock Holmes: Seine Abschiedsvorstellung (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch) - Arthur Conan Doyle


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froh, ein solches Haus verlassen zu können. Aber ich bin herumgelaufen, um einige Tatsachen aufzuklären, bevor ich zu Ihnen kam. Ich ging zu der Mietsagentur, wissen Sie, und da sagten sie mir, daß Herrn Garcias Miete richtig bezahlt und mit der Villa Wisteria alles ganz in Ordnung sei.«

      »Sachte, sachte, mein Herr«, sagte Holmes lachend. »Sie sind ja wie mein Freund Doktor Watson, der die schlechte Gewohnheit hat, seine Geschichten vom verkehrten Ende zu erzählen. Bitte, ordnen Sie Ihre Gedanken und lassen Sie mich genau wissen, in der richtigen Aufeinanderfolge, was für Ereignisse es sind, die Sie ungekämmt, unrasiert, mit falsch zugeknöpfter Weste und in ungeputzten Schuhen zu mir als Hilfesuchenden geführt haben.«

      Unser Kunde sah mit einem betrübten Blick an sich hinunter und knöpfte seine Weste richtig.

      »Ich zweifle nicht, – ich sehe recht übel aus, Herr Holmes, und ich darf Ihnen die Versicherung geben, daß mir in meinem ganzen Leben so etwas noch nicht passiert ist. Aber ich werde Ihnen die ganze tolle Geschichte erzählen, und wenn ich damit zu Ende bin, so werden Sie mir gewiß zugeben, daß es mehr als genügend ist, um mich zu entschuldigen.«

      Sein Bericht wurde jedoch schon im Keime erstickt. Es wurden draußen Stimmen laut, und Frau Hudson öffnete die Tür, um zwei robuste und beamtenmäßig aussehende Männer hereinzuführen. Der eine war uns gut bekannt als Inspektor Gregson von Scotland Yard, ein energischer, kühner und, innerhalb seiner Grenzen, fähiger Offizier. Er gab Holmes die Hand und stellte seinen Kollegen vor, den Inspektor Baynes von der Konstablerschaft in Surrey.

      »Wir sind gemeinsam auf der Fährte, Herr Holmes, und die hat uns hierher zu Ihnen geführt.« Dabei richtete er seine Bulldoggenaugen auf unsern Klienten. »Sind Sie Herr John Scott Eccles, wohnhaft zu Popham House, Lee?«

      »Der bin ich.«

      »Wir haben Sie den ganzen Morgen schon gesucht.«

      »Sein Telegramm hat Sie vermutlich hierher gewiesen, nicht wahr?« fragte Holmes.

      »Sie haben es erraten«, erwiderte Inspektor Gregson. »Wir haben die Fährte am Postamt von Charing Croß aufgenommen und sind direkt hierhergekommen.«

      »Aber warum verfolgen Sie mich denn, was wollen Sie von mir?«

      »Wir wünschen von Ihnen Aufklärung über die Ereignisse, Herr Scott Eccles, die vergangene Nacht den Tod des Herrn Aloysius Garcia, wohnhaft in Villa Wisteria, bei Esher, herbeigeführt haben.«

      Unser Klient hatte sich bei diesen Worten steif aufgerichtet, mit starren Augen, und jede Spur von Farbe war aus seinem verblüfften Gesichte gewichen.

      »Herr Garcia ist tot, sagen Sie? Tot?«

      »Jawohl, er ist tot.«

      »Ein Unglücksfall, oder was?«

      »Ein Unglücksfall, jawohl, wenn Sie so wollen. Wir nennen es einfach in unserer Polizeisprache einen Mord.«

      »Allmächtiger Gott, das ist fürchterlich! Sie haben doch nicht – haben Sie denn etwa auf mich einen Verdacht?«

      »Ein Brief von Ihnen ist in der Tasche des Ermordeten gefunden worden. Aus dem Brief erfuhren wir, daß Sie die Absicht hatten, die vergangene Nacht in seiner Villa zuzubringen.«

      »Das tat ich auch.«

      »Oh, Sie geben das also zu? Aha!«

      Gregson zog sein Notizbuch hervor, ganz eifriger Kriminalbeamter.

      »Warten Sie noch einen Augenblick, Gregson«, bat Sherlock Holmes. »Alles, was Sie von dem Herrn verlangen, ist eine genaue Mitteilung dessen, was sich gestern nacht in der Villa zutrug, nicht wahr?«

      »Und es ist meine Pflicht, Herrn Scott Eccles darauf hinzuweisen, daß alles, was er aussagt, bei Gericht gegen ihn verwendet werden kann.«

      »Herr Eccles war gerade im Begriff, uns alles zu erzählen, als Sie eintraten. He Watson, ein Whisky-Soda könnte unserm Klienten nichts schaden. So, mein Herr, nun gebe ich Ihnen den Rat, übersehen Sie einfach diese zwei Herren und fahren Sie fort, mir Ihren Fall vorzutragen, genau so, als ob wir nicht unterbrochen worden wären.«

      Herr Eccles hatte das Glas, das ich ihm gereicht, ausgetrunken, und sein Gesicht zeigte wieder etwas Farbe. Mit einem unsicheren Blick auf das Notizbuch des Inspektors begann er von neuem:

      »Ich bin Junggeselle, und da ich viel Verkehr liebe, so unterhalte ich zahlreiche Bekanntschaften. Unter diesen ist auch die Familie eines ehemaligen Bierbrauers namens Melville, in Albemarle Mansion, Kensington. In seinem Hause lernte ich vor einigen Wochen einen jungen Mann namens Garcia kennen. Er war, wie ich hörte, von spanischer Herkunft und irgendwie angestellt bei der Gesandtschaft. Er sprach fließend Englisch, war von angenehmen Umgangsformen und machte auf mich einen so guten Eindruck wie nur je ein Mann in meinem Leben.

      Zwischen diesem sympathischen jungen Mann und mir entwickelte sich alsbald eine Art Freundschaft. Von Anfang an schien er besonderen Gefallen an mir gefunden zu haben, und schon zwei Tage nach unserer ersten Begegnung besuchte er mich in Lee. Eins ergab sich aus dem andern, und zuletzt lud er mich ein, einige Tage bei ihm in seiner Villa Wisteria zu verweilen. Die Villa liegt zwischen Esher und Orshott. Gestern abend ging ich nach Esher, um seiner Einladung zu folgen.

      Er hatte mir sein Hauswesen früher schon beschrieben. Er lebte mit einem treuen Diener, einem Landsmann, der das ganze Haus in Ordnung hielt. Der Diener konnte genügend Englisch. Dann war da noch ein wundervoller Koch, so hatte er mir erzählt, ein Halbeuropäer, den er auf einer seiner Reisen aufgegriffen hatte. Der konnte ganz köstliche Mahlzeiten zubereiten. Ich entsinne mich noch, daß er bemerkte, was das doch für ein sonderbarer Haushalt sei mitten im Herzen von Surrey, und daß ich ihm lachend beipflichtete. Ich fand alles aber noch viel sonderbarer, als ich es mir vorgestellt hatte.

      Ich fuhr nach der Villa, ungefähr zwei Meilen südlich von Esher. Das Haus, abseits von der Straße stehend, war ziemlich groß; von der Straße führte eine halbmondförmige Anfahrt zwischen Buchsbaumhecken heran. Es war ein altes, verwahrlostes Gebäude; das Ganze machte einen verkommenen Eindruck. Als mein Wägelchen auf dem mit Gras bewachsenen Kiesweg vor der Haustür hielt, an der die Farbe abgeblättert war, kamen mir Zweifel, ob es richtig von mir war, einem Mann auf seine Einladung zu folgen, von dem ich im Grunde so wenig wußte und der zudem ein Ausländer war. Er öffnete mir selbst die Tür und begrüßte mich mit einer stark zur Schau getragenen Herzlichkeit. Er übergab mich sodann dem Diener, einem melancholischen, dunkelhäutigen Menschen, der meinen Koffer ergriff und mich zu meinem Zimmer geleitete. Alles machte einen niederdrückenden Eindruck auf mich. Unsere Mahlzeit nahmen wir zu zweit ein, und obwohl Herr Garcia sein Möglichstes tat, um mich zu unterhalten, so schienen mir seine Gedanken doch weit weg zu wandern, in mir unbekannte Fernen, und er sprach oft so unklar und wild, daß ich ihn kaum verstehen konnte. Er trommelte fortgesetzt mit den Nägeln auf der Tischplatte, biß sich in den gebogenen Zeigefinger und verriet auch sonst eine hochgespannte Unruhe. Das Essen wurde weder gut serviert, noch war es gut gekocht, und die Anwesenheit des finstern Dieners machte die Mahlzeit nicht heiterer. Ich kann Ihnen die Versicherung geben, daß ich wiederholt während des Abends den Wunsch hatte, es möchte mir irgendeine passende Ausrede einfallen, um nach Lee zurückzukehren.

      Eine Sache fällt mir da ein –« zu den beiden Kriminalbeamten gewendet –, »die vielleicht von Bedeutung für Sie sein könnte. Ich hatte sie zunächst nicht weiter beachtet. Gegen das Ende unserer Mahlzeit brachte der Diener einen Zettel herein. Nachdem Herr Garcia ihn gelesen, schien er mir noch zerstreuter und sonderbarer in seinem Benehmen als zuvor. Er gab sich gar keine Mühe mehr, die Unterhaltung im Gang zu halten, sondern saß, in seine eigenen Gedanken verloren da, rauchte eine Zigarette auf die andere, machte aber keinerlei Bemerkung über den Inhalt der soeben erhaltenen Botschaft. Um elf Uhr war ich froh, zu Bett gehen zu können. Einige Zeit danach sah Garcia bei mir herein, – es war kein Licht im Zimmer – und fragte mich, ob ich geläutet hätte. Ich erwiderte nein. Er entschuldigte sich wegen der Störung zu so später Nachtzeit und bemerkte, es sei nahe an ein Uhr. Ich schlief dann wieder ein und schlief ungestört die ganze Nacht.

      Und nun komme ich zu


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