Sherlock Holmes: Seine Abschiedsvorstellung (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch). Arthur Conan Doyle

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Sherlock Holmes: Seine Abschiedsvorstellung (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch) - Arthur Conan Doyle


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ich halte mich Ihrer Dienste versichert, Herr Holmes. Ich wünsche, daß Sie keine Kosten sparen und keine Mühe scheuen, um der Sache auf den Grund zu kommen.«

      Mein Freund wandte sich an Herrn Baynes.

      »Ich darf wohl annehmen, daß Sie nichts dagegen haben, wenn ich mit Ihnen zusammen arbeite, wie Herr Scott Eccles es wünscht.«

      »Ist mir eine große Ehre, Herr Holmes.« Und der Inspektor verbeugte sich etwas ungelenk.

      »Sie sind in allem, wie mir scheint, sehr zielbewußt und sachgemäß vorgegangen. Ist irgendein Anhalt da für den Zeitpunkt, zu dem der Ermordete seinen Tod fand?«

      »Er muß seit ein Uhr morgens dagelegen haben. Um diese Zeit fing es an zu regnen, und sein Tod hat ihn sicher vor Eintritt des Regens ereilt.«

      »Aber das ist ja ganz unmöglich, Herr Baynes«, rief unser Klient. »Garcias Stimme ist nicht zu verkennen, ich kann es beschwören, daß es seine Stimme war, die eben um ein Uhr in meinem Schlafzimmer zu mir sprach.«

      »Merkwürdig – aber nicht unmöglich«, sagte Holmes lächelnd.

      »Haben Sie schon eine Erklärung?« fragte Gregson.

      »Obenhin betrachtet ist der Fall nicht sehr schwierig, obwohl er einige neue und interessante Züge aufweist. Eine weitere Kenntnis der Tatsachen ist jedoch notwendig, ehe ich eine bestimmte, abschließende Meinung äußern kann. Haben Sie übrigens, Herr Baynes, außer dem Zettel irgend etwas Bemerkenswertes in dem Hause entdeckt?«

      Der Konstabler sah meinen Freund mit einem sehr sonderbaren Blick an.

      »Ich habe da allerdings ein paar ganz kuriose Dinge gefunden, Herr Holmes. Wenn wir auf der Kriminalabteilung fertig sind, und Sie sich für die Sachen interessieren, dann fahren Sie vielleicht mit mir zur Villa hinaus und lassen mich Ihre Ansicht darüber wissen.«

      »Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung«, antwortete Holmes freundlich und klingelte. »Frau Hudson, führen Sie, bitte, die Herren hinaus und schicken Sie einen Jungen mit diesem Telegramm weg; ja? Rückantwort mit fünf Schilling zu bezahlen!« –

      Wir saßen, nachdem die anderen uns verlassen, eine Zeitlang schweigend da. Holmes rauchte stark, die Brauen über seinen Augen zusammengezogen, und den Kopf vorgestreckt, in der eigentümlichen Art, die er an sich hatte: wie ein Geier.

      »Nun, Watson«, wandte er sich plötzlich an mich, »was machst du aus der Sache?«

      »Ich kann mir keinen Vers auf diese Mystifikation des Herrn Scott Eccles machen.«

      »Aber der Mord?«

      »Wenn ich berücksichtige, daß seine beiden Hausgenossen verschwunden sind, so muß ich annehmen, daß sie auf irgendeine Art mit dem Mord in Verbindung stehen und sich durch die Flucht der Gerechtigkeit entziehen.«

      »Das ist sicherlich eine der möglichen Erklärungen. Aber schon die eine Überlegung wird dir die Unwahrscheinlichkeit deiner Annahme zeigen, nämlich die: wie sonderbar es von den beiden Hausgenossen Garcias sein müßte, daß sie ihm nach dem Leben trachten und ihn dann ausgerechnet in der Nacht überfallen, wo er einen Gast im Hause hat. Jede andere Nacht der ganzen Woche waren sie allein mit ihm in der Villa und hatten freiere Hand.«

      »Warum sind sie dann geflohen?«

      »Ganz richtig, warum sind sie geflohen? Hier haben wir die schwerwiegende Tatsache ihrer Flucht. Eine ebenso schwerwiegende Tatsache ist das, was unser Scott Eccles berichtet hat. Und nun, mein lieber Watson: ist es zu viel für menschliche Geisteskräfte, eine Erklärung zu finden, die diesen beiden schwerwiegenden Tatsachen gerecht wird? Wenn diese Erklärung auch noch Raum ließe für die geheimnisvolle Zettelbotschaft mit ihrem merkwürdig versteckten Inhalt, ja, dann könnten wir sie als eine vorläufige Annahme gelten lassen. Wenn dann die neuen Tatsachen, die noch zu unserer Kenntnis gelangen werden, alle in den Rahmen unserer Annahme passen, dann kann diese nach und nach zu einer Lösung des Rätsels führen.«

      »Und was hast du für eine Annahme?«

      Holmes lehnte sich mit halbgeschlossenen Augen in seinen Sessel zurück.

      »Du mußt zunächst zugeben, mein alter Watson, daß der Gedanke eines schlechten Scherzes einfach unmöglich ist. Wie sich später herausstellte, ging es hier um Leben und Tod, und daß Scott Eccles in die Villa gelockt wurde, das hängt damit zusammen.«

      »Aber wie hängt das zusammen?«

      »Gehen wir Schritt für Schritt vor! Da ist zunächst nicht ganz natürlich, sondern im Gegenteil auffallend, wie der junge Spanier und unser Klient sich so rasch befreundeten. Der Spanier gab dabei das Tempo an. Er machte gleich zwei Tage, nachdem er Scott Eccles kennengelernt, diesem einen Besuch am andern Ende von London, und er blieb in enger Verbindung mit ihm, bis er ihn nach Esher brachte. Frage: Was hatte er mit Eccles vor? Was konnte Eccles ihm bieten? Ich habe keinerlei Reize an dem Mann entdecken können. Er ist nicht besonders intelligent – kein Mann, der einem temperamentvollen, lebhaften Romanen irgendwie verwandt wäre. Warum also hat Garcia gerade ihn als für seine Zwecke besonders geeignet unter all den Leuten gewählt, mit denen er bekannt war? Hat er irgendwelche hervorstechende Eigenschaften? Ich sage ja! Er ist der typische Vertreter der konventionellen englischen Ehrbarkeit und der richtige Mann, um als Zeuge vor Gericht jedem andern Engländer einen Eindruck zu machen. Du hast es ja soeben selbst gesehen, wie keiner von den beiden Polizeileuten auch nur im geringsten seine Aussagen in Frage stellte, so ungewöhnlich, ja fast unwahrscheinlich alles klang.«

      »Aber was soll er als Zeuge bestätigen?«

      »Nichts, so wie die Dinge verlaufen sind. Aber alles hing von ihm ab, wenn die Ereignisse programmäßig sich entwickelten. So sehe ich die Sache an.«

      »Er hätte ein Alibi nachweisen können und –«

      »Eben darum dreht es sich, Watson! Er hätte ein Alibi nachweisen können. Wir wollen einmal unterstellen, daß die drei Hausbewohner der Wisteria Verbündete sind. Das Unternehmen, was immer es sein mochte, sollte vor ein Uhr in der Nacht vor sich gehen, so wollen wir ferner annehmen. Es ist möglich, daß Scott Eccles mit falsch gestellten Hausuhren schon früher zu Bett geschickt wurde, als er selbst glaubte; auf jeden Fall aber ist es wahrscheinlich, daß, als Garcia zu ihm ins Zimmer trat, um ihm zu sagen, es sei ein Uhr, es in Wirklichkeit vielleicht spätestens Mitternacht war. Wenn also Garcia das, was er zu tun beabsichtigte, zwischen zwölf und ein Uhr ausführen und bis ein Uhr zurück sein konnte, so hatte er offenbar eine wirksame Erwiderung auf jede Anklage. Denn hier war dieser ehrbare, einwandfreie Engländer bereit, seinen Eid darauf zu schwören, daß er mit dem Angeklagten zu der fraglichen Zeit unter einem Dache weilte. Gegen das Schlimmste hatte Garcia sich damit gesichert.«

      »Ja, ja, das sehe ich ein. Aber was hat es mit dem Verschwinden der anderen auf sich?«

      »Ich habe noch nicht alle Tatsachen beisammen, aber ich glaube nicht, daß es da noch unüberwindliche Schwierigkeiten gibt. Immerhin wäre es verkehrt, jetzt auf Grund der bisherigen Tatsachen weitergehende Folgerungen zu ziehen. Man biegt zu leicht alles ganz unmerklich so zurecht, daß es zu der vorgefaßten Meinung paßt.«

      »Und die mysteriöse Botschaft?«

      »Wie lauten die Worte? ›Unsere eigenen Farben, grün und weiß.‹ Erinnert an Pferderennen. ›Grün offen, weiß geschlossen.‹ Das bedeutet offenbar ein Signal. ›Haupttreppe, erster Korridor, siebentes zur Rechten. Grüner Fries.‹ Das ist Wegweisung. Hinter der ganzen Sache könnte man einen eifersüchtigen Gatten vermuten. Sicher verlangte die Botschaft etwas Gefährliches. Die Schreiberin würde sonst nicht geschlossen haben mit ›Gott behüte Sie.‹ Mit dem ›D.‹ ist vorläufig nichts anzufangen.«

      »Der Mann war Spanier. Wir könnten annehmen, daß ›D.‹ für Dolores steht, ein sehr gebräuchlicher Name in Spanien.«

      »Brav, Watson, sehr brav! Aber völlig auf dem Holzweg. Eine Spanierin würde einem Spanier spanisch geschrieben haben. Die Schreiberin ist aber offenbar Engländerin. Schau’ doch nur die Handschrift an! Nein,


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