Gesammelte Werke von Dostojewski. Федор Достоевский

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Gesammelte Werke von Dostojewski - Федор Достоевский


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solchen Unsinn!«

      »Dafür wollen wir bei Frau Bubnowa …«

      »Ach, du mit deiner Frau Bubnowa …«

      Alexandra Semjonowna lief in der höchsten Entrüstung hinaus.

      »Es ist Zeit! Wir wollen uns aufmachen! Adieu, Alexandra Semjonowna!«

      Wir gingen hinaus.

      »Siehst du, Wanja, erstens wollen wir uns in diese Droschke setzen. So. Zweitens aber habe ich heute mittag, nachdem ich mich von dir getrennt hatte, noch einiges in Erfahrung gebracht, und zwar nicht bloß so vermutungsweise, sondern mit aller Bestimmtheit. Ich bin noch eine ganze Stunde auf der Wassili-Insel geblieben. Dieser Dickwanst ist eine nichtswürdige Kanaille, ein unsauberer, garstiger Patron mit allerlei gemeinen Passionen. Frau Bubnowa ist schon längst durch arge Streiche in diesem Genre berüchtigt. Vor kurzem ist sie bei einer bösen Geschichte mit einem Mädchen aus anständigem Haus beinahe gefaßt worden. Das Musselinkleid, mit dem sie dieses Waisenmädchen herausgeputzt hat, wie du vorhin erzähltest, ließ mir keine Ruhe, weil ich schon etwas damit in Zusammenhang Stehendes gehört hatte. Vorhin habe ich nun noch etwas erfahren, allerdings ganz zufällig, aber, wie es scheint, zuverlässig. Wie alt ist sie?«

      »Dem Gesicht nach etwa dreizehn Jahre.«

      »Aber der Statur nach weniger. Nun, das paßt ihr gerade. Wenn es nötig ist, sagt sie elf Jahre, und sonst auch fünfzehn. Und da die Ärmste weder Angehörige noch Beschützer hat, so …«

      »Meinst du wirklich?«

      »Aber was hast du denn gedacht? Aus bloßem Mitleid wird Frau Bubnowa die Waise doch nicht aufgenommen haben. Und wenn sich nun gar der Dickwanst dort hat blicken lassen, dann ist die Sache richtig. Er ist heute vormittag bei ihr gesehen worden. Dem Tölpel, dem Ssisobruchow, ist heute eine schöne verheiratete Frau versprochen worden, die Gattin eines Stabsoffiziers. Kaufmannssöhnchen, die sich amüsieren wollen, sind auf so etwas versessen: sie fragen immer nach dem Rang. Es ist wie in der lateinischen Grammatik; du besinnst dich: die Bedeutung wird immer erst durch die Endung bestimmt. Übrigens bin ich, wie mir scheint, noch von vorhin betrunken. Na, aber Frau Bubnowa soll sich nicht erdreisten, sich mit solchen Dingen abzugeben. Sie möchte auch der Polizei ein X für ein U machen; aber das soll ihr nicht gelingen! Vor mir hat sie Angst, weil sie weiß, daß ich noch von früher her manches in Erinnerung habe … na, und so weiter, du verstehst?«

      Ich bekam einen furchtbaren Schreck. Alle diese Mitteilungen versetzten mich in die größte Aufregung. Ich fürchtete immer, wir könnten zu spät kommen, und trieb den Kutscher zu schnellem Fahren an.

      »Beunruhige dich nicht; es sind alle Maßregeln getroffen«, sagte Masslobojew. »Mitrofan ist da. Ssisobruchow soll ihm mit Geld büßen und der schurkische Dickwanst in natura. Das ist schon vorhin festgesetzt worden. Na, und Frau Bubnowa kommt auf mein Teil … Sie soll es nicht wagen …«

      Wir waren hingelangt und ließen bei dem Restaurant halten; aber Mitrofan war nicht da. Nachdem wir dem Droschkenkutscher befohlen hatten, an der Tür des Restaurants auf uns zu warten, gingen wir zu Frau Bubnowa. Mitrofan erwartete uns am Tor. Die Fenster waren hell erleuchtet, und wir hörten das schallende Gelächter des betrunkenen Ssisobruchow.

      »Sie sind alle da, seit ungefähr einer Viertelstunde«, meldete Mitrofan. »Es ist gerade die richtige Zeit.«

      »Aber wie werden wir hineingelangen?« fragte ich.

      »Als Gäste«, erwiderte Masslobojew. »Sie kennt mich und auch Mitrofan. Allerdings ist alles verschlossen, aber nicht für uns.«

      Er klopfte leise an das Tor, und dieses wurde sogleich aufgetan. Der Hausknecht, der es geöffnet hatte, tauschte mit Mitrofan einen verständnisvollen Blick. Wir gingen leise hinein; im Haus hörte man uns nicht. Der Hausknecht führte uns die Treppe hinauf und klopfte. Von innen wurde gefragt; er antwortete, er sei allein, und gab die Parole. Es wurde geöffnet, und wir gingen alle zusammen hinein. Der Hausknecht war verschwunden.

      »Oh, oh, wer ist da?« rief Frau Bubnowa, die betrunken, mit wirrem Haar, eine Kerze in der Hand, in dem kleinen Vorzimmer stand.

      »Wer da ist?« erwiderte Masslobojew. »Erkennen Sie denn Ihre werten Gäste nicht, Anna Trifonowna? Wer anders als ich … Filipp Filippowitsch.«

      »Ah, Filipp Filippowitsch! Sie sind e s… ein so werter Gast … Aber wie sind Sie nur … ich meinte doch … nun, es tut nichts … bitte, treten Sie näher!«

      Sie geriet in eilfertige Bewegung.

      »Wo sollen wir eintreten? Dort? Aber da ist ja eine Halbwand … Nein, nehmen Sie uns besser auf! Wir wollen bei Ihnen Champagner auf Eis trinken; und sind keine Dämchen da?«

      Die Wirtin wurde sofort mutig.

      »Für so werte Gäste würde ich welche aus der Erde hervorholen oder aus China kommen lassen.«

      »Zwei Worte, liebe Anna Trifonowna: ist Ssisobruchowhier?«

      »Ja.«

      »Dann möchte ich mit ihm sprechen. Wie kann er wagen, der Schurke, ohne mich zu zechen?«

      »Er hat Sie gewiß nicht vergessen. Er hat immer auf jemand gewartet, gewiß auf Sie.«

      Masslobojew stieß eine Tür auf, und wir traten in ein kleines, zweifenstriges Zimmer mit Geranientöpfen, Rohrstühlen und einem scheußlichen Klavier; alles, wie es sich gehörte. Aber ehe wir noch hineingingen, schon während wir das Gespräch im Vorzimmer führten, war Mitrofan verschwunden. Ich hörte später, daß er gar nicht in die Wohnung hineingegangen war, sondern vor der Tür gewartet hatte. Ihm öffnete nachher jemand anders. Das strubblige, geschminkte Frauenzimmer, das am Vormittag hinter Frau Bubnowas Schultern hervorgesehen hatte, war eine Gevatterin von ihm.

      Ssisobruchow saß auf einem schmalen Sofa von imitiertem Mahagoni an einem runden Tisch, der mit einer Serviette bedeckt war. Auf dem Tisch standen zwei Flaschen mit lauem Champagner, eine Flasche mit schlechtem Rum, ferner Teller mit Konfekt, Pfefferkuchen und drei Sorten Nüssen. An dem Tisch saß, Ssisobruchow gegenüber, ein widerwärtig aussehendes, pockennarbiges, etwa vierzigjähriges Weib in einem schwarzen Taftkleid mit unechten Armbändern und einer unechten Brosche. Dies war die Offiziersdame, offenbar eine nachgemachte. Ssisobruchow war betrunken und sehr zufrieden. Sein dickbäuchiger Gefährte war nicht bei ihm.

      »Ja, so machen es die Menschen!« brüllte Masslobojew aus voller Kehle. »Und dabei ladet er einen noch zu Dussaut ein!«

      »Filipp Filippowitsch, beglücken Sie mich wirklich?« murmelte Ssisobruchow, indem er sich mit glückseligem Gesicht zu unserer Begrüßung erhob.

      »Du trinkst hier?«

      »Entschuldigen Sie!«

      »Entschuldige dich nicht, sondern lade uns dazu ein! Ich bin hergekommen, um mit dir zu zechen, und habe da noch einen Gast mitgebracht, einen Freund von mir.« Masslobojew wies auf mich.

      »Ich freue mich sehr, das heißt, ich bin ganz glücklich … Hihi!«

      »Pfui, das nennt sich Champagner? Das schmeckt ja wie saurer Kwas!«

      »Sie beleidigen mich.«

      »Also bei Dussaut wagst du dich gar nicht zu zeigen, und da ladest du noch andere Leute dorthin ein!«

      »Er hat eben erzählt, er wäre in Paris gewesen«, bemerkte die Offiziersdame. »Er schneidet gewiß auf!«

      »Fedossija Titischna, beleidigen Sie mich nicht! Wir sind dagewesen. Wir sind hingefahren.«

      »Na, was soll denn so ein ungebildeter Mensch in Paris ? «

      »Wir sind dagewesen. Ich und Karp Wassiljewitsch, wir haben da Aufsehen erregt. Kennen Sie Karp Wassiljewitsch?«

      »Wie werde ich denn deinen Karp Wassiljewitsch kennen?«

      »Ich meinte nur … Wir beide, er und ich, haben da in Paris bei Madam Joubert einen englischen Trüma zerbrochen.«

      »Was habt ihr zerbrochen?« »Einen Trüma. Das war ein Trüma, der ging über die ganze Wand bis an die Decke; und Karp Wassiljewitsch war so betrunken, daß er schon mit Madam Joubert


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