Dresden und die Sächsische Schweiz. Sophus Ruge

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Dresden und die Sächsische Schweiz - Sophus Ruge


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eines besonderen, Burgward genannten Distrikts waren, der eine militärische Verfassung erhielt. Solche Burgwarde waren für den Elbtalkessel Meißen, Woz, das man fälschlich in Weistropp gesucht hat, wo sich kein geeigneter Platz findet, Brießnitz (Abb. 19), Pesterwitz und Dohna. Kriegserprobten Männern waren die Burgen anvertraut, die Deutschen fanden sich nur in den Burgen, deutsche Ansiedler wurden noch nicht herangezogen, auch lag es anfänglich noch nicht in der Absicht des Königs, die Wenden dem Christentum zuzuführen. Die deutsche Reichsgrenze blieb einstweilen noch an der Saale.

      Die deutschen Ansiedelungen im Mittelalter.

      Die Verhältnisse erfuhren zunächst eine Änderung unter Kaiser Otto I. Die Slaven wurden unterworfen, das Gebiet östlich der Saale in die drei Marken Merseburg, Zeitz und Meißen geteilt und 968 das Bistum in Meißen begründet, um die Christianisierung des Landes durchzuführen. Die Ritter, die zur Verteidigung des Landes herangezogen wurden, kamen meistens aus Thüringen und Franken. Bauern kamen auch jetzt noch nicht und konnten auch nicht die Urbarmachung des Bodens in Angriff nehmen, solange der Besitz des Gebietes noch von böhmischen und polnischen Fürsten bestritten wurde, solange das Land von unaufhörlichen Kriegen verheert und das Volk zu Tausenden in die Sklaverei geschleppt wurde. Also auch im elften Jahrhundert konnte noch nicht an eine Germanisierung gedacht werden. Es soll nur daran erinnert werden, daß 983 Meißen für die Deutschen verloren ging, aber 987 wieder gewonnen wurde. Im Jahre 1002 ging die Meißener „Wasserburg“, die am Fuße der Albrechtsburg gelegen haben soll, von neuem verloren, der Ort selbst wurde 1015 verbrannt, aber 1029 von Konrad II. wieder erobert. Endlich erschien 1075 noch ein feindliches böhmisches Heer im Lande. Erst als 1089 die Mark Meißen an den Wettiner Heinrich von Eilenburg, den Stammherrn des sächsischen Königshauses, kam, gewann das Land allmählich seine Ruhe wieder. Zwar besaß anfänglich, schon seit 1086, Wiprecht von Groitzsch, der Schwiegersohn des Herzogs Wratislaw von Böhmen, den Gau Nisani, in dem Dresden lag, aber auch dieser südlich von der Mark gelegene Gau fiel 1143 an das Haus Wettin. Wiprecht von Groitzsch hatte aber das Verdienst, zuerst in größerem Stil die deutsche Kolonisation befördert und deutsche Bauern von Thüringen und Franken ins Land gerufen zu haben. Ihm schreibt der Chronist auch die Verordnung zu, daß er den Einwanderern, die im Berg- und Hügellande Land angewiesen erhielten und es in fränkischen Hufen austeilten, gestattete, ihr Dorf nach ihrem Führer oder Schulzen zu benennen, daher wir in der Umgebung des Elbtales bis in die Sächsische Schweiz hinein so häufig Namen begegnen wie Kunnersdorf, Hermsdorf, Dittersbach, Seifersdorf, Rennersdorf u. a., die also nach Konrad, Hermann, Dietrich, Siegfried oder Reinhard benannt worden waren. Doch fand die Ansiedelung zunächst an der Elbe ihre Ostgrenze. Und so bildete der Strom noch bis ins zwölfte Jahrhundert auch die Grenze zwischen den christlichen Deutschen und den heidnischen Slaven.

      Die deutschen Bauern kamen, wie die Ritter, vorwiegend aus Franken und Thüringen, einzelne Gruppen auch aus Niedersachsen oder wurden aus den Niederlanden gerufen. Diese, die Vlaemen, sollten vor allem die sumpfigen Niederungen entwässern und urbar machen. Sie teilen die Dorfflur, abweichend im Größenmaß, in vlaemische Hufen. Die viel häufiger angewandten fränkischen oder Königshufen, auch Waldhufen genannt, umfaßten in der Regel 47–50 ha.

      

      Abb. 22. Die große Appellationsstube in der Albrechtsburg zu Meißen. (Zu Seite 33.)

      

      So hat man z. B. an der Gliederung der Dorfflur erkannt, daß das Dorf Biela bei Dresden (in seiner offiziellen schlechten Schreibweise Bühlau genannt) von Vlaemen angelegt ist. Die Dorfgemeinde teilte die ihr zugewiesene Flur nach der Zahl der Hofstellen oder Familien in gleichwertige Hufen, die sich von den in der Regel an einem Bach gelegenen Bauernstellen als lange Feldstreifen auf die Höhen bis zur Grenze hinzogen. Aus jedem Gehöfte führte dann ein Feldweg die ganze Hufe entlang. So viele Höfe, so viele fast parallel laufende Feldwege, die auf den Spezialkarten eingetragen, sofort die Einteilung der Dorfflur erkennen lassen. Eine zweite Art der Einteilung, die man besonders im Elbtal fast allgemein vertreten findet, sondert zunächst die Gemeindeflur in größere Stücke gleichartigen und gleichwertigen Bodens und teilte diese einzelnen Stücke wieder nach Anzahl der Hofstellen in gleiche Streifen. Dann war die Aufteilung in Gewannen erfolgt. Der Bauer besaß nicht einen einzigen zusammenhängenden Landstreifen, sondern mehrere kleine Streifen in verschiedenen Abteilungen der Gemeindeflur, die wohl auch bald besondere Namen erhielten. Ein Teil der Flur wurde aber nicht aufgeteilt, sondern blieb Gemeindeland als Weide oder Wald zu gemeinsamer Ausnutzung.

      

      Abb. 23. Die Königl. Porzellan-Manufaktur in Meißen. Nach einer Aufnahme von Römmler & Jonas in Dresden. (Zu Seite 34.)

      Deutsche Ansiedelung und Germanisierung.

      Um die Ansiedelung des bisher unbebauten Landes machten sich nicht bloß Fürsten und Herren, sondern auch die Geistlichen, in unseren Gebieten ganz besonders das Domkapitel von Meißen, sehr verdient. Daneben aber auch die Cisterzienser, die nach ihrer Ordensregel besonders auf den Feldbau angewiesen waren. Das erste Cisterzienserkloster in Altzelle wurde 1162 vom Markgrafen Otto gegründet und die Mönche, die von Walkenried am Harz kamen, erhielten am Rande des bis dahin noch fast unbewohnten Waldes südlich von Nossen 800 Hufen Landes angewiesen, ein beträchtlicher Besitz, der aber erst für den Anbau gewonnen werden mußte. Dieser Besitz erstreckte sich südwärts bis über Freiberg hinaus, und hier wurde höchst wahrscheinlich, wenn auch nicht urkundlich zu belegen, durch die Mönche selbst der erste Silberfund gemacht. Denn da das Mutterkloster in Walkenried als wichtigen Teil seiner Einkünfte einen Anteil vom Ertrage des Silberbergbaues im Rammelsberge bei Goslar besaß, so verstanden die Mönche etwas vom Bergbau und kannten die Gesteine, in denen Silberadern vorkommen können. Das führte denn zur Entdeckung des Silbers bei Freiberg. Dadurch gewann der bis dahin gemiedene Urwald des Erzgebirges eine besondere Anziehungskraft und förderte wesentlich die Besiedelung auch der höheren Bergstriche. Es sind diese Verhältnisse hier kurz berührt, wenn sie auch scheinbar nicht in den Rahmen unseres landschaftlichen Gebietes fallen, weil, wie wir später sehen werden, ohne die rasche Blüte des Freiberger Bergbaues die Entwickelung Dresdens zur Hauptstadt des Elbtales und weiterhin zur Hauptstadt des ganzen Landes nicht denkbar wäre.

      

      Abb. 24. Drehen, Formen und Gießen in der Königl. Porzellan-Manufaktur zu Meißen. (Zu Seite 34.)

      Die obersächsische Mundart.

      Das oberfränkische Bauernhaus.

      Die Besiedelung des flacheren Landes und des niedrigen Berglandes war am Ende des dreizehnten Jahrhunderts durchgeführt. Damit verschwanden die Slaven links von der Elbe und im Elbtal, ohne daß eine gewaltsame Vertreibung stattgefunden hätte. Auch die Sprache erlosch allmählich, und 1424 wurde der Gebrauch der wendischen Sprache vor Gericht im Meißenerlande verboten. Dazu trug namentlich auch die Abneigung der Deutschen bei, mit den Unterworfenen, den Hörigen, jedenfalls sozial Niedrigerstehenden irgend welche Verbindung einzugehen. Wo sie in den Städten aufgenommen wurden, mußten sie in besonderen Gassen wohnen. Man findet daher oft und westwärts sogar bis zum Harz in den deutschen Städten die Benennung „windische Gasse“. Die Zünfte nahmen keinen Wenden auf und noch bis ins achtzehnte Jahrhundert wurde wohl bei Ausstellung eines Lehrbriefes dem jungen Manne bezeugt, ehe er seine Wanderschaft antrat, daß er aus einer deutschen Familie und nicht aus slavischer Wurzel stamme. So breitete sich also auch im Elbgelände wiederum die deutsche Sprache aus, nachdem der slavische Laut über 500 Jahre allein geherrscht hatte. Es entwickelte sich die obersächsische Mundart, die aber eine ziemliche Anzahl slavischer Ausdrücke aufnahm und auch bis heute im Volksmunde bewahrt hat. Wie die Ansiedler aus Franken und Thüringen kamen, so ist auch


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