... denn alles ist Vorherbestimmt. Elisabeth Schmitz

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... denn alles ist Vorherbestimmt - Elisabeth Schmitz


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dich vermisse, meine Marie. Wo bist du denn nur?« So viel geweint wie in der letzten Zeit hatte sie in ihrem ganzen Leben nicht. Buddhas Worte konnten auch nicht trösten.

       7.

      

      

      

      

      Marie saß auf einer großen Sonnenblume und schaukelte dort hin und her. Martha hatte sie schon lange nicht mehr gesehen. Sie dachte viel an Tina, konnte sie aber nicht sehen. Andere Personen, wie zum Beispiel ihr Mütterlein, sah sie. Sie freute sich immer, wenn sie die alte Frau wieder lachen hörte. Das war auch gut so, aber wo war Tina?

      Marie war schon ein paar Mal in ihrer Wohnung gewesen, aber da war sie nicht. Es sah so aus, als ob sie verreist wäre. Aber alle ihre Sachen waren noch da. Sie spürte, dass etwas nicht stimmen konnte.

      Tina rief sie. Warum konnte sie nicht zu ihr durchkommen. Wo war Martha denn bloß? Sie ging ganz tief in sich und rief Martha zu sich. Da, ein Blatt wirbelte durch die Luft, und Martha stand vor ihr.

      »Was ist los?«, fragte sie.

      »Martha, es stimmt etwas nicht. Ich weiß, dass mit Tina was nicht stimmt.« Ihre Freundin schaute sie lieb an.

      »Marie, wir können auf der Erde nichts mehr tun. Wir sehen nur das Gute, das weißt du doch. Bestimmt geht es Marie gut. Vielleicht hat sie einen Mann kennen gelernt und ist ein paar Tage bei ihm. Es gibt viele Gründe. Es muss nichts passiert sein, und du weißt das auch.« Ja, Martha hatte recht.

      »Wollen wir noch mal zu unseren Gräbern?«, fragte sie nun. »Marie, wir waren doch schon oft da. Es ist alles in Ordnung. Lass uns zu den Wolken hinauf fliegen und uns treiben lassen.«

      »Bitte Martha. Mit dir ist es besser. Ich habe so ein mulmiges Gefühl wegen Tina. Da ist es gut, du bist bei mir. Tust du es für mich?«

      »Okay, denn man los.« Schnipp, und schon waren sie da. Wie wunderschön die Blumen blühten. Auf beiden Gräbern.

      »Siehst du, alles ist wunderbar. Das würde so nicht aussehen, wenn was nicht stimmen würde.« Marie starrte auf eine Stelle hinter dem Kreuz mit ihrem Namen. Dort lag ein vertrockneter Kranz aus Wildblumen. Der kam von ihrer Kräuterhexe, das sah sie sofort.

      »Ich wusste, dass da was nicht stimmt. Niemals hätte Tina den Kranz so dahin geschmissen. Nie!«

      Sie hatte ihn liebevoll für sie gebunden, wie sie es früher schon getan hatte. Und wenn er vertrocknet wäre, hätte sie einen neuen gebunden und diesen verbrannt, das wusste Marie ganz genau.

      »Ich will wissen, was da los ist. Komm, wir gehen zur Holle.«

      Dort angekommen sah ihnen die alte Frau staunend entgegen. »Wieso schneit ihr so hier herein? Ich hoffe, ihr habt für euer Verhalten einen guten Grund.« Die Holle ahnte nichts Gutes. Sie wusste, dass es in Maries irdischem Umfeld nicht gut bestellt war. Aber das konnte Marie nicht wissen, denn sie konnte ja nur das Gute sehen.

      Marie erzählte der gütigen Frau von ihrem Fund und dass sie Tina sehen wolle. Sie würde keine Ruhe geben.

      »Wo ist meine Freundin? Sie ruft nach mir, das spüre ich. Ich will sie sehen! Du sagst, es soll uns hier gut gehen. Das tat es auch. Bis jetzt. Nun ist alles anders, und ich habe keine Ruhe mehr.«

      »Marie, auch wenn du deine Freundin sehen könntest, und auch wenn du sehen würdest, dass sie Kummer hat, so könntest du ihr doch nicht helfen. Du würdest nur leiden. Und das wollen wir hier vermeiden. Was man nicht ändern kann, das muss man annehmen. Auch ich kann nichts ändern, denn das machen die Menschen selber. Ich kann ihnen nur einen Weg weisen. Gehen müssen sie den alleine. Ein guter Rat von mir ist, dass du es einfach sein lässt.«

      Marie protestierte lautstark.

      »Nein, nein, nein! Ich lasse es nicht sein. Ich will Tina sehen. Ich gehe hier nicht weg. Du hast gesagt, es soll mir hier gut gehen.

      So! Dann sorge du bitte auch dafür. Ich will nur eines: Ich will zu Tina. Ich gehe hier wirklich nicht mehr weg.«

      »Was tu ich nur mit dir?«, meinte die Holle kopfschüttelnd.

      »Wenn ich es nicht will, dann wirst du nicht gehen, und ich kann dich auch vergessen lassen. Aber du bist ein so liebes Kind, dass ich das nicht kann, und ich werde dich zu deiner Freundin bringen. Wenn ich aber sehe, dass du zu sehr leidest, dann hole ich dich da wieder weg. Ist das für dich so in Ordnung?« Ja, das war es.

      »Bevor wir gehen, erzähle ich dir, was Tina passiert ist. Nimm deine Freundin Martha mit. Allein kommst du damit sicherlich nicht klar.«

      Die Holle holte Martha herbei und erzählte den beiden von dem Unfall, den Tina erlitten hatte.

      Sie ließ nichts aus und erzählte, dass sie versucht hatte, die beiden, Peter und Tina miteinander bekannt zu machen auf dem Friedhof. Aber dass so etwas dabei herauskam, das hätte sie nicht gedacht.

      »Aber wie konntest du das zulassen?«, fragte Marie empört.

      »Die Menschen machen aus guten Situationen ungute, weil sie die positiven Seiten manchmal nicht sehen. Ich habe eine gute Situation geschaffen. Die beiden haben getrauert, und beide waren in derselben Lage. Die zwei hätten sich gegenseitig trösten können.«

      »Das hast du gut gedacht«, meinte Martha, »aber mit Peter geht so etwas gar nicht. Er ist sehr eigenwillig und tut, was er für richtig hält. Ihr habt es ja gesehen.«

      Marie schnaubte: »Das ist ja ein widerlicher Kerl. So ein schlimmer ...« Martha unterbrach sie.

      »Nein, er ist im Grunde ganz weich. Er lebt für seine Arbeit. Deshalb haben wir uns auch auseinander gelebt. Ich war aber auch nicht besser und war auch lieber in der Nähstube als zu Hause.

      Peter hat mir nie etwas Böses getan. Ich konnte tun und lassen, was ich wollte. Bei unseren seltenen gemeinsamen Mahlzeiten fragte er mich immer um Rat, denn meine Meinung war ihm wichtig. Dass er Tina geschubst hat, das bereut er sicher heute sehr. Ich weiß das, aber er wird es niemals zeigen können.

      Wenn ich noch leben würde, dann wäre er schon längst bei mir in der Boutique gewesen und hätte mir alles erzählt. Und was ich ihm geraten hätte, das hätte er auch getan. Weißt du wie es ihm geht?«, fragte sie die Holle.

      »Ja, das weiß ich. Es geht ihm nicht so gut. Er vermisst dich ebenso, wie Tina Marie vermisst. Geht hin, ihr zwei und schaut es euch an. Ihr lasst mir doch keine Ruhe. Tina liegt im Klinikum Roderstadt, Privatstation, Nummer acht.«

      Schon waren die beiden Seelen in der Klinik. Tina lag mit rotgeweinten Augen im Bett und hatte ein scheußliches Nachthemd an. Sie rief nach Marie. Diese nahm ihre Hand und tätschelte sie.

      Sie hörte Tina sagen: »Sieh nur Marie, was die aus mir gemacht haben. Dieser verdammte Dr. Weber. Ich bin hier ganz allein. Keiner kann mir was zum Anziehen bringen, keiner kümmert sich um mich, und mein Fuß tut auch weh. Wenn du doch bloß hier wärst.« Marie schaute Tina erstaunt an.

      »Martha, sie kann mich sehen. Tina, siehst du mich?«

      »Nein«, sagte Martha, »sie kann dich nicht sehen.«

      »Aber sie spricht doch zu mir.« Martha schüttelte den Kopf.

      »Sie spricht zu der Orchidee. Und darin sieht sie dich.«

      Marie bekam auf einmal ein Leuchten im Gesicht, wovon alle Lichtwesen nur träumen konnten. Sie sah ihre Kinder, ihre Züchtung. Die mit den Augen. Oh wie wunderschön sie waren.

      »Tina, woher hast du die?« Sie zeigte Martha ihr Lebenswerk. »Sieh mal, die habe ich gezüchtet. Sind die nicht toll?«, fragte sie ihre Freundin. Martha musste zugeben, dass sie wirklich besonders schön waren.

      »Oh Martha, was können wir bloß machen? Wie können wir Tina helfen? So geht es nicht weiter.« Eine Schwester brachte Tina den Nachmittagskaffee


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