Grantlkatz. Kaspar Panizza

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Grantlkatz - Kaspar Panizza


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ließ.

      »Ganz ruhig«, zischte eine Stimme neben seinem Ohr. »Du möchtest doch nicht, dass ich dir die Kehle durchschneide.«

      Der Mann hatte sich wieder etwas gefangen und versuchte aus der Opferrolle rauszukommen. »Das tust du ja doch nicht.« In diesem Moment spürte er, wie das Messer tiefer in seinen Hals eindrang, und ihm wurde schlagartig klar, dass sein Gegenüber es ernst meinte. Panik kam in ihm auf. »Was willst du?«, krächzte er.

      »Deine Brieftasche, deine Uhr, deine Geldbörse und dein Handy. Aber schnell.«

      Hastig wühlte er in seinen Taschen und reichte alles der Person im Regencape. Sein Hemd war bereits nass. Nass und warm. Viel zu warm für den Regen; es musste sein Blut sein. Von der Stelle an seinem Hals, an der ihn das Messer verletzt hatte. Die Halsschlagader konnte nicht getroffen sein, da war er sich sicher. Er spürte, wie die Person das Messer von seinem Hals nahm. Der Überfallene drückte die linke Hand auf die Wunde und sah zu, wie sein Gegenüber die Brieftasche nach Bargeld durchsuchte. Die Beute war spärlich – etwa 160 Euro, dafür hatte die Uhr einen Wert von mindestens 2.000 Euro. Ausweispapiere und Visitenkarten fielen zu Boden oder auf die Bank. Erst jetzt bemerkte er, dass die Person unter dem Cape eine Skimaske trug.

      »Du hattest Glück«, zischte sie, hob die goldene Uhr hoch und stand auf.

      »Warte«, röchelte der Mann und wusste in diesem Moment, dass seine Luftröhre verletzt war.

      Die Person im Regencape nahm eine drohende Haltung ein und hob erneut das Messer.

      »Hier, meine Karte«, sagte der Verletzte und streckte dem Maskierten eine Visitenkarte hin, die er aus der Brusttasche seines Sakkos zog. »Ruf mich an.«

      Der Fremde entspannte sich. Er griff nach der Karte, steckte das Messer ein und drehte sich um. Der Mann auf der Bank war sich sicher, dass er kicherte, als er geräuschlos zwischen den Büschen verschwand.

      Freitag

      Skeptisch beobachtete Kommissar Steinböck die beiden Männer aus dem Elektrogeschäft, wie sie den riesigen Karton im Wohnzimmer auf den Boden stellten. Ob er sich da nicht übernommen hatte, dachte er. Er wollte doch nur einen etwas größeren Bildschirm, und die Katze einen Fernseher mit Internetzugang.

      Nachdem die Männer das Teil endlich ausgepackt hatten, relativierte sich die Größe wieder. Der Kommissar setzte sich beruhigt aufs Sofa und tat so, als überwache er den Aufbau. Die beiden waren ausgesprochene Profis. Der Größere trug einen roten Overall mit seltsamen chinesischen Schriftzeichen und erinnerte Steinböck an einen Ferrari-Mechaniker. Inzwischen installierte der Kleinere den WLAN-Schlüssel. Er hatte eine dieser schauerlichen Undercut-Frisuren, die man hauptsächlich bei Profifußballern bewundern konnte, welche nebenbei als Litfaßsäulen herumliefen. Er dachte an den seltsamen Vertreter dieser Zunft, der vor Kurzem mit einem vergoldeten Lamborghini von sich reden machte, und kam zu dem Fazit, dass ihm das alles eigentlich am Arsch vorbeigehen sollte.

      Als der Kleinere den WLAN-Schlüssel installiert hatte, wandte er sich dem Kommissar zu: »So, ich geb Ihnen jetzt noch a kurze Einweisung, damit Sie wissen, wie Sie die Kiste bedienen müssen und wie Sie ins Internet kommen.«

      Das war jedoch gar nicht nach Steinböcks Geschmack. Er und Technik. Kurze Einweisung! Er spürte, wie ihm ein paar Schweißtropfen auf die Stirn traten.

      »Ganz ruhig, Großer«, sagte die Katze und sprang aufs Sofa. »Ich kümmere mich darum. Lass den jungen Mann mit seinem extravaganten Haarschnitt mal machen. Schon witzig, dass jede Mode irgendwann wiederkommt.«

      »Diesen braunen Frisuren-Trend hätten wir gerne überspringen können«, murmelte Steinböck zur Katze und sagte laut zum Techniker: »Okay, leg los. Wir sind ganz Ohr.«

      Der Mann im Overall musterte das ungleiche Paar auf dem Sofa misstrauisch, dann zuckte er mit den Schultern und begann damit, das Gerät und dessen Funktionen zu erklären. Ausführlich und langsam. Steinböck war froh darüber, obwohl er wusste, dass Frau Merkel auch die schnelle Version verstanden hätte.

      Montag

      Wie üblich war Ilona Hasleitner die Einzige im Kommissariat, die auch in der Nacht zu Hause zu erreichen war. Oder konnte es sein, dass die Kollegen von der Bereitschaft nur noch bei ihr anriefen? Wie auch immer – sie war wieder mal diejenige, die alleine um 2 Uhr nachts zum Tatort in den Münchner Hofgarten fuhr. Steinböck erreichte sie nicht, vermutlich war der Akku seines Handys leer, ein Dauerzustand bei ihm, und ihr Kollege Emil Mayer trat seinen Dienst erst ab Montag wieder an.

      Ilona Hasleitner, Ende 20, stand kurz davor, ihre Ausbildung zum Kommissar abzuschließen. Seit drei Jahren bildete sie zusammen mit Emil Mayer und Hauptkommissar Steinböck ein Team. Emil Mayer junior, mittelstark pigmentierter Afro-Bayer, Rollstuhlfahrer und 60er-Fan, so stellte er sich seit Neuestem vor, hatte die letzten sechs Wochen in der Reha verbracht. Als er nach einem Sturz plötzlich Schmerzen in seinen gelähmten Beinen hatte, hofften alle, dass er seinen Rollstuhl bald verlassen könnte. Leider war diese Hoffnung verfrüht. Trotz einer spürbaren Besserung seiner Lähmung, würde er noch geraume Zeit im Rolli sitzen müssen.

      Meistens war sie als Erste der dreien am Schauplatz des Verbrechens. Das lag vor allem daran, dass Emil oft Probleme hatte, mit seinem Rolli den Tatort aufzusuchen, und Steinböck im ewigen Clinch mit seinem Smartphone lag, zugleich aber Festnetztelefone als antiquiert betrachtete.

      Kurz bevor Ilona Hasleitner am Tatort eintraf, entschied sie sich doch dazu, Emil anzurufen. Es wäre nicht gut für ihre Abteilung, wenn sie, die ihre Ausbildung noch nicht abgeschlossen hatte, als Einzige der Mordkommission am Tatort erschien. Zumindest war es eine laue Nacht. Als sie den Hofgarten erreichte, erkannte sie den mit Scheinwerfern erleuchteten Tatort schon von Weitem. Die Kollegen von der SpuSi waren vor ihr angekommen, und soeben verließ ein Rettungswagen mit Blaulicht den Platz.

      »Servus, Hasleitner«, sagte der uniformierte Kollege, mit dem sie vor drei Jahren noch Streife gegangen war. »Hast jetzt den Laden übernommen, weil du mal wieder allein kommst?«, fragte er hämisch.

      »Naa, naa«, lachte sie, »die andern sind auch gleich da.« Sie hoffte inbrünstig, dass Emil seinen Anrufbeantworter abhörte. »Also Simmerl, was ham wir denn?«

      »Raubüberfall. Ein Toter und eine Schwerverletzte.«

      »Die hat der Sanka grad weggefahren, oder?«

      »Genau. Komm mit, der Mann liegt dahinten.«

      Hasleitner hob die Aludecke hoch, mit der der Leichnam abgedeckt war. Sie pfiff überrascht durch die Lippen. Ein Mann im dunklen Anzug, weißem Hemd und Fliege lag vor ihr in einer riesigen Blutlache. Unterhalb der Brust waren zwei Einstiche zu erkennen. Sie erkannte sofort, dass es keine Einschüsse waren.

      In diesem Moment kam Thomas Klessel, der Gerichtsmediziner, dazu, stellte seine Tasche ab und legte zwei Finger an den Hals des Toten. Dann sprach er kurz in sein altmodisches Aufnahmegerät und wandte sich schließlich an Hasleitner. »Und, Ilona, wo ist er?«

      »Er kommt gleich.«

      »Da bin ich gespannt.«

      »Ist die SpuSi mit ihm fertig?«, schrie er laut.

      »Ja, der g’hört jetzt dir«, schallte es irgendwo aus dem Dunkeln zurück.

      »Ich befrag die Kollegen von der Streife, ob die schon was erfahren haben«, sagte Ilona mit fester Stimme und zog sich zurück. Unauffällig schaute sie auf ihr Smartphone, ob eine Nachricht von Emil da war.

      »Scheiße«, murmelte sie. »Warum geht von denen keiner ans Telefon?«

      »Koa Angst, Ilona, du schaffst des. Schließlich bist du mein bester Mann beziehungsweise meine beste Frau in unserem Team«, hörte sie plötzlich Steinböcks vertraute Stimme hinter sich.

      »Koa Kunst, ich bin ja auch die einzige«, zischte sie grimmig. Dann lächelte sie und erwiderte sichtbar erleichtert: »Bin ich froh, dass du da bist. Die ham sich schon wieder über uns lustig g’macht.«

      »Ist wohl an


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