Bahnfahren unter erschwerten Bedingungen. Frank Hole

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Bahnfahren unter erschwerten Bedingungen - Frank Hole


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sich unsere Einfahrt noch um kurze Zeit“.

      3. UNZUVERLÄSSIG, wenn ein Ereignis mit größeren Folgen wie beispielsweise einer Streckensperrung sich erst vor Kurzem ereignet hat und noch keine konkreten Gegenmaßnahmen getroffen wurden, weil die Auswirkungen des Einflusses noch unbekannt sind. Oder es überlagern sich mehrere Störungsquellen. Die entsprechende Durchsage kann lauten: „Wir informieren Sie, wenn neue Informationen vorliegen.“ Im Internet können Sie erkennen, dass sich solche Verspätungsprognosen immer wieder ändern.

      4. NICHT MÖGLICH ODER VOLLSTÄNDIG UNZUVERLÄSSIG: Bei Großstörungen8, wenn mehrere Bahnstrecken oder Linien zeitgleich unterbrochen sind. Bei großen Störungsereignissen sind Dutzende oder gar Hunderte von Zügen zeitgleich betroffen, die alle in Wechselwirkung miteinander stehen. Zugbezogene Informationen sind in solchen Fällen so unpräzise oder liegen gar nicht in den Hintergrundsystemen vor, dass sich die Fahrgäste darauf nicht verlassen könnten. Deswegen wird in aller Regel völlig darauf verzichtet und Sie sehen auf Anzeigern nur noch die Information „Bitte auf Ansagen achten“ oder „Zugbetrieb eingestellt“. Sollten bei derartigen Betriebslagen dennoch zugbezogene Informationen kommuniziert werden, so sind diese keinesfalls verlässlich. Es könnte sein, dass diese nur noch der Planzustand auf den Monitoren oder in den Onlinemedien abbilden, nicht aber die Realität.

      Je größer die betrieblichen Auswirkungen, desto weniger präzise die zugbezogenen Informationen und desto wichtiger werden die qualitativen Störungsinformationen.

      Wenn die Verspätungsursache bekannt ist, geht es darum, diese mittels folgender Fragen einzuordnen:

      • Ist die Ursache bereits behoben?

      • Welcher Art ist die Ursache?

      • Besteht die Ursache fort und ist sie von unbestimmter Dauer oder können Sie eine ungefähre Prognose wagen?

      • Ist Ihr Zug von der Ursache direkt betroffen oder steht er im Stau?

      • Gibt es möglicherweise Fahrtalternativen vor Fahrtantritt? Bietet sich eventuell unterwegs eine Möglichkeit?

      1.1.4 Entwicklung einschätzen

      Wer in einem verspäteten Zug sitzt oder am Bahnsteig auf diesen wartet, kann sich klarmachen, welche Entwicklung die Verspätung möglicherweise nehmen wird:

      1. SIE WIRD KLEINER. Wenn der Zug verspätet abfährt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er an Ihrem Zielbahnhof auch nicht pünktlich ist. Nach den Erfahrungen des Autors kommt es in vielleicht einem Viertel der Fälle vor, dass ein Zug eine Verspätung wieder einholt und dann ganz oder fast pünktlich ankommt. Ob ein Aufholen der Verspätung möglich ist, hängt letztlich von folgenden Faktoren ab:

      o Gibt es Spielräume im Fahrplan? Das ist nicht oft, aber immerhin manchmal der Fall. Diese Einschätzung können Sie nur durch einige Erfahrung treffen.

      o Hat ein Zug an einem Bahnhof planmäßig mehrere Minuten Aufenthalt, die ggf. verringert werden können?

      o Sind weniger Fahrgäste unterwegs, sodass die Aufenthaltszeiten an Bahnhöfen jeweils etwas verkürzt werden können? Insbesondere spätabends und nachts stehen die Chancen recht gut.

      o Liegt die Verspätungsursache räumlich gesehen hinter oder vor Ihrem Zug? Falls sie hinter Ihnen liegt, gibt es etwas bessere Chancen, dass sich die Verspätung reduziert.

      o Und natürlich geht es auch um die Größe der Verspätung im Verhältnis zur Reisedauer. Eine Viertelstunde Verspätung lässt sich auf einer achtstündigen Fahrt quer durch Deutschland eher aufholen als eine fünfminütige Verspätung einer halbstündigen S-Bahnfahrt.

      2. SIE BLEIBT UNGEFÄHR GLEICH. Das ist bei etwa der Hälfte der verspäteten Züge der Fall. Wenn der Fahrplan wenig Spielräume aufweist und die Aufenthaltszeiten an Bahnhöfen knapp bemessen sind, dann wird Ihr Zug kaum aufholen können.

      3. SIE WIRD GRÖßER. In vielleicht einem Viertel der Fälle nimmt die Verspätung unterwegs spürbar zu. Mögliche Gründe:

      o Der verspätete Zug kann in sein normales Gleis im nächsten Bahnhof nicht einfahren, weil dieses nun durch einen pünktlichen Zug belegt ist.

      o Der verspätete Zug fährt hinter einem pünktlichen, aber langsameren Zug her und kann nicht überholen.

      o Der verspätete Zug wird durch einen pünktlichen überholt.

      o Oder es kommt noch eine weitere Verspätungsursache hinzu, z. B. deutlich erhöhtes Fahrgastaufkommen aufgrund des Ausfalls des Zuges einen Takt früher.

      o Die Verspätungsursache (z. B. eingleisiger Streckenabschnitt wegen Bauarbeiten oder ein Signalausfall) liegt noch vor Ihnen.

      o Oder Sie sind zur Hauptverkehrszeit unterwegs, die Strecke ist mit Zügen dicht belegt und die Züge sind allesamt voller Fahrgäste.

      Mit einiger Erfahrung lässt sich leichter einordnen, in welche Kategorie der betreffende Zug fällt. Natürlich gibt es keine wirkliche Garantie dafür, da Sie normalerweise nicht alle relevanten Informationen haben, auch kennen Sie nicht die Entscheidungen der Fahrdienstleiter, der Disponenten des Eisenbahn-Verkehrs-Unternehmens oder der Netzdisponenten. Selbst bahninterne Experten können nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sagen, wie sich eine Fahrt entwickeln wird, da die Komplexität der Wechselwirkungen insbesondere bei größeren Ereignissen zu groß ist.

      1.1.5 Persönliche Betroffenheit bewusst machen

      Eine wichtige Frage in der jeweiligen Verspätungssituation lautet: WAS BEDEUTET DIE VERSPÄTUNG FÜR MICH KONKRET? Beispielsweise:

      • Gar nichts. Wenn kein Termindruck da ist, man sich in einer Direktverbindung befindet, ohnehin eher der entspannte Reisende ist und ein gutes Buch griffbereit ist.

      • Anschlussverlust. Dadurch geht vielleicht die Platzreservierung verloren und der nächste Zug kommt erst in einer Stunde und ist dann auch noch überfüllt. Das ist sehr ärgerlich und unbequem dazu.

      • Sie verpassen Ihren Flieger nach Tokio und somit den gemeinsamen Beginn einer vierzehntägigen Studienreise oder es entgeht Ihnen ein wichtiger geschäftlicher Termin.

      • Das lang vereinbarte Treffen mit einer guten Freundin verkürzt sich.

      • Sie kommen zu spät nach Hause, das Essen verkocht und Ihre kleine Tochter müsste eigentlich längst ins Bett, will aber vorgelesen bekommen.

      • Sie können in Ruhe Ihre geschäftliche Präsentation fertigmachen, Mails durchgehen und beantworten oder WhatsApp-Nachrichten lesen, wozu Sie sonst nie gekommen wären.

      • Es ergeben sich gute Gespräche mit Menschen, denen Sie sonst nie begegnet wären, daraus entwickeln sich Bekanntschaften, neue Ideen und Sie bekommen interessanten Anregungen und Informationen.

      Es ist also alles drin – von der gefühlten persönlichen Katastrophe über Unbequemlichkeit bis hin zu positiven oder zumindest nicht unwillkommenen Aspekten. Oft ist das Ärgerlichste an einer Verspätung, dass man sich nicht selbst imstande sieht, Einfluss darauf zu nehmen und dass etwas mit einem geschieht, was man sich nicht gewünscht hat. Auch die Unklarheit, wie und wann es weitergeht und ob nach einem ungeplanten Umsteigen ein Sitzplatz zur Verfügung steht, kann deutliche Verunsicherung und Ärger hervorrufen.

      1.1.6 Entscheidung treffen

      In vielen Fällen gibt es Wahlmöglichkeiten, was Sie tun können, auch wenn diese nicht Ihren ursprünglichen Plänen entsprechen. In Ihre Entscheidung fließen folgende Aspekte ein:

      • Was ist tatsächlich MÖGLICH in der momentanen Situation?

      o Wenn der Zug auf freier Strecke für längere Zeit zum Stehen gekommen ist, können Sie nicht aussteigen und zu Fuß zum nächsten Bahnhof gehen.

      o Wenn Sie aber von Gerolstein in der Eifel kommen und mittags in Köln Hbf mit 30 Minuten Verspätung eintreffen und nach Dortmund wollen, haben Sie zahlreiche Möglichkeiten, weiterzufahren. Vielleicht sogar schneller als mit der ursprünglich geplanten Verbindung.

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