NADIA. Roman Spritzendorfer

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NADIA - Roman Spritzendorfer


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betrachtet, schienen sie nun andere Personen zu sein, als die, die auf den Pferden in die Stadt gekommen waren. Ein Waffengeschäft zu finden, war nicht besonders schwer. Nur die angebotenen Feuerwaffen fanden keinen Gefallen bei Joseph. Der Inhaber führte sie in den Keller. Dort konnte Joseph jene Colts erkennen, für die er sich letztlich auch entschied. Einen wollte er ausprobieren. Auf eine stehende Scheibe zu schießen war kein Problem.

      »Bewegen« kommandierte er.

      Die Scheibe schoss von rechts nach links und in die Gegenrichtung. Joseph leerte seinen Colt. Drei Treffer waren in der Mitte und die anderen knapp daneben. Jim und Sam folgten seinem Schießen und trafen ausgezeichnet.

      »Wir nehmen diese Colts. Dazu für jeden von uns hundert Schuss.«

      »Wollen sie damit eine Bank überfallen?« fragte lachend der Inhaber.

      »Das hat keinen Sinn, das Bewachungspersonal ist sicherlich mit jenen Waffen ausgerüstet, die sie rückwärts an der Wand hängen haben. Oder vielleicht auch mit noch besseren. Was wir gesucht haben, hilft die Herden zu schützen. Es gibt zu viel Ungeziefer.«

      »Werden sie auch der Gerichtsverhandlung beiwohnen. Wir erwarten einen starken Besucheransturm. Die Hotelbesitzer werden ausgebucht sein. In den Restaurants einen guten Platz zu bekommen, kann man vergessen.«

      »Wann ist diese Verhandlung?«

      »Übermorgen«

      »Danke, an diesem Tag sind wir schon weg. Solange lassen wir das Vieh nicht alleine. Vielen Dank für das, was sie uns angeboten haben. «

      Joseph wollte sich auf keine weiteren Fragen einlassen. Sein Interesse galt der Redaktion der New York Times. Im Waffengeschäft danach zu fragen, schien ihm unpassend zu sein. Sie setzten ihren Weg fort. In einer Parfümerie fragte er nach der Adresse. Er wollte eine Annonce drucken lassen. Er bekam die Auskunft und dorthin lenkten sie ihre Schritte.

      »Nun kommt der erste heikle Auftritt.« wendete sich Joseph an Sam.

      »Ich muss die Notwendigkeit der Photographie der Dokumente zu erreichen versuchen. Vielleicht sitzen auch hier Spione der Eisenbahngesellschaft. Wenn ich in einer Viertelstunde nicht zurück bin, geht hinein und fragt nach Joshua. Bleibt in der Nähe. Die große Uhr über den Eingang könnt ihr auch aus einiger Entfernung gut sehen.«

      Damit verschwand Joseph. Er gelangte zum Schalter und bat den Chef zu sprechen. Der Mitarbeiter, wissbegierig, wollte das Anliegen kennenlernen.

      »Auf das Polizeihauptquartier ist ein Anschlag vorbereitet und findet Übermorgen statt. Ab nun sind auch sie Mitwisser und dadurch stark gefährdet.«

      Der Mitarbeiter verschwand und bald darauf erschien der Chef. Joseph hatte mittlerweile aus seinem rechten Stiefel seinen Ausweis geholt und hielt diesen dem Chef unter die Nase. Ohne ein Wort wurde Joseph weitergeleitet. Es ging an anderen Mitarbeitern und wartenden Personen vorbei.

      »Sie haben dem armen Kerl einen richtigen Schrecken eingejagt, worum geht es wirklich?«

      »Wie sicher ist dieser Raum?«

      »Wenn dieser Raum nicht sicher ist, dann bin ich tot.«

      Joseph holte aus seiner Jacke jene Papiere, derentwegen er gekommen war. Er geduldete sich, bis der Chef seine Durchsicht beendet hatte.

      »Bitte diese Dokumente fotografieren und am Tag der Gerichtsverhandlung publizieren. Vorbereiten sie sich auch auf einen Überfall. Negativmaterial in einem Panzerschrank einer Bank hinterlegen.«

      »Sonst nichts?«

      »Sie müssen gefasst sein, daß man das Büro in die Luft sprengen wird. Ein Exemplar der Zeitung sollte in der Früh dem Militär zugespielt werden. Noch etwas, hier habe ich eine Rufnummer. Sagen sie bitte folgen Wortlaut: „Joshua war bei der New York Times in …“ Nennen sie die Straße und das Stadtviertel. Ich hoffe sie haben geschickte Photographen. Ich benötige diese Papiere, muss aber zum Empfang zurück. Ich habe vertrauenswürdige Leute mit mir. Einen Feuersturm möchte ich vermeiden. Mich darf man nicht erwähnen. Ich muss unentdeckt bleiben.«

      »Wenn wir das drucken, sind wir, sofern noch am Leben, tagelang ausverkauft.«

      »Keine Angst, ich lebe noch. Ich war im Zug.«

      Joseph verließ das Zimmer und gelangte zum Empfang. Gerade rechtzeitig. Sam hatte noch nicht die Eingangstüre verschlossen. Der ehemals angesprochene Angestellte wusste nicht, was diese drei Männer mit ihren grimmigen Mienen, die seelenruhig auf der Bank nun Platz genommen hatten, wirklich wollten. Joseph hatte leise OK zu Sam gesagt. Nach einiger Zeit kam der Chef und überreichte Joseph einem Umschlag. Joseph öffnete diesen, kontrollierte den Inhalt und verschloss ihn sorgfältig. Dann nickten sich beide Männer zu.

      »Das Pferd hat seinen Stall verlassen.« meinte der Chef. Sie schüttelten sich die Hände und Joseph und seine Begleiter verließen das Office.

      »Wohin jetzt?« wollte Sam wissen.

      »Versicherung«

      Die zu finden war nicht schwer. Die Leuchtreklame war auch bei Tageslicht nicht zu übersehen. Doch davor hatten sich unzählige Menschen versammelt. Der Polizeieinsatz war stark vertreten und hielt die Menge zurück. Joseph wollte zum Kommandanten. Das dauerte. Seinen Ausweis wollte man ihm abnehmen. Joseph zog seinen Colt und trieb den Polizisten zum Kommandanten. Dort wurden er und seine Begleiter nahezu verhaftet. Man umringte sie mit entsicherten Maschinenpistolen. Unbeirrt zeigte Joseph seinen Ausweis und eine Telefonnummer.

      »Rufen sie bitte diese Nummer an und sagen sie folgenden Wortlaut: Charles der Clown ist nun bei der Versicherung. Nennen sie ihren Namen und legen sie auf.«

      Das befolgte der Kommandant mit Verwunderung. Einige Minuten später wurden Joseph und seine Begleiter zum Erstaunen aller eingelassen.

      »Wir haben uns gewundert, wer so spät am Nachmittag bei uns vorsprechen will. Wie ist es ihnen nur gelungen, vorzudringen?«

      Joseph gab keine Antwort, er deutete ihm weiterzugehen. Man gelangte in ein oberes Stockwerk. Bei einer großen Türe stand wieder die Polizei. Nach dem Eintritt gewahrte Joseph den langen Tisch. An ihm saßen erschöpft aussehende Männer, deren Krawatten offen waren.

      Ohne ein Wort marschierte Joseph mit dem Kuvert in seiner Linken und mit dem entsicherten Colt in seiner Rechten bis zum Ende des Tisches. Dort saß ein alter Mann, dem diese Begegnung nicht geheuer war. Gefolgt wurde Joseph von Sam und Jim. Joseph legte vorsichtig das Kuvert auf den Tisch, sicherte seinen Colt und steckte ihn zurück. Er verbeugte sich vor dem alten Mann und nahm Haltung an. Der alte Mann war aufgestanden und reichte ihm seine Hand. Er bot Joseph und seinen Begleitern eine eiligst herbeigeschaffene Sitzgelegenheit an. Dann machte er das Kuvert auf.

      Nach Durchsicht konnte man seine Erleichterung erkennen. Bis zu diesem Zeitpunkt war kein Wort gesprochen worden.

      »Sie müssen diese Unterlagen an einem absolut sicheren Ort ablegen.

      Vielleicht gibt es auch keine Scheu, auch dieses Gebäude zu sprengen und Niederzubrennen, wie es mit der Maschinenhalle geschehen ist. Unabhängig davon, wird die New York Times einiges über diese Vorgänge zu berichten versuchen. Solange das Gericht kein Urteil gesprochen hat, ist noch nichts entschieden. Die Männer, die hier sitzen, können sie schweigen?«

      »Ich hoffe es.»

      »Wenn nicht, war alle unsere Mühe umsonst. Wir sind einfache Farmer.«

      »Aber sehr gut bewaffnet.»

      »Das muss so sein, Ungeziefer gibt es überall.«

      »Wann haben sie zuletzt etwas gegessen?«

      »Heute in der Früh beim Morgengrauen.«

      »Sie sind sicherlich sehr hungrig und durstig?«

      Joseph nickte.

      »Vor allem sehr müde. Wir müssen aber wieder unerkannt zurück. Das wird nicht sehr einfach sein. Wir benötigen einen vertrauenswürdigen Begleiter, der sich vor nichts fürchtet.«

      »Wir


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