Arlo Finch (3). Im Königreich der Schatten. John August

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Arlo Finch (3). Im Königreich der Schatten - John August


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»Wir müssen etwas tun.«

      »Entschuldigung! Familie?«, sagte die Reiseführerin und winkte ihnen zu. »Lassen Sie uns bitte zusammenbleiben.« Während sie die Karte studiert hatten, war die Reisegruppe an einem Stand ganz in der Nähe mit hellgrünen Leihfahrrädern ausgestattet worden. Nun warteten alle darauf, dass die vier sich zu ihnen gesellten.

      Clark lächelte. »Entschuldigung! Kommt, Kinder!«

      Bei der Vorbereitung ihrer Chinareise hätte Arlo sich niemals träumen lassen, dort einmal mit einer Gruppe schwitzender amerikanischer Touristen auf einem Drei-Gang-Fahrrad unterwegs zu sein, aber genauso war es. Nach den endlosen Kilometern, die sie gelaufen waren, fühlte es sich wie der pure Luxus an, auf Asphaltwegen in die Pedale zu treten. Er hätte das stundenlang tun können.

      Aber das hier war keine Vergnügungsreise. Sie mussten an einen weniger belebten Ort, um dort einen Eingang in die Long Woods zu finden. Und sie mussten immer noch fürchten, dass die Wachmänner die Behörden alarmiert hatten.

      Clark bedeutete ihnen, an der nächsten Kreuzung rechts abzubiegen. Sie fuhren am Ende der Gruppe, die Chancen standen also gut, dass niemandem auffallen würde, dass sie sich absetzten. Sie traten kräftig in die Pedale, bis sie außer Sichtweite waren.

      Der Weg wurde schmaler und führte in einen älteren Teil des Waldes. Die Bäume waren nicht so majestätisch, ihre knorrigen, gewundenen Äste kratzten am grauen Himmel.

      »Kannst du einen Eingang finden … während wir auf dem Rad sitzen?«, keuchte Wu.

      »Weiß nicht«, sagte Arlo, ebenfalls aus der Puste. »Nie versucht.« Als er damit angefangen hatte, in die Long Woods zu gehen, hatte er absolute Stille und Konzentration gebraucht, um einen Weg zu finden. Aber mit der Zeit war es ihm auch im Gehen gelungen – und sogar auf der Flucht vor einem riesigen Troll.

      Jaycee hielt an. Sie neigte den Kopf und lauschte. »Hört ihr das?«

      Arlo hörte es. Es war ein Hubschrauber. Und er kam näher. Schnell.

      »Runter vom Weg!«, rief Arlo und fuhr voraus. Ihre Räder waren nicht für unbefestigtes Gelände gemacht, aber der Waldboden war halbwegs flach. Die Räder würden schon halten.

      Der Hubschrauber kam näher. Immer näher.

      Er dröhnte direkt über ihnen. Die bebenden Rotoren klangen wie Regen. Der Hubschrauber flog auf gerader Linie über sie hinweg.

      »Sie haben uns nicht gesehen!«, rief Wu schadenfroh.

      Oder sie waren zu schnell, dachte Arlo. Sie können jederzeit wiederkommen. Er bog nach rechts ab, dann nach links, einen Abhang hinunter. Ohne tatsächlich eine Richtung im Kopf zu haben, wollte er einfach nur so tief wie möglich in den Wald. Er bewegte sich rein instinktiv, schrammte dicht an Baumstämmen vorbei und wich Felsen aus. Alles ging viel zu schnell, um Angst zu haben.

      Er warf einen Blick über die Schulter, um sich zu überzeugen, dass die anderen dranblieben. Und dann …

      PLONNNNNK!

      Arlo flog über den Lenker. Wie in Zeitlupe segelte er durch die Luft. Er riss die Hände vor das Gesicht und rollte sich im trockenen Laub ab. Das alles war so überraschend, so unerwartet gekommen, dass er den Aufprall kaum spürte. Mit einem Satz sprang er wieder auf die Füße, starrte das Fahrrad an, das drei Meter entfernt von ihm lag – das Vorderrad war übel verbogen. Er war gegen einen im Laub verborgenen Baumstumpf geprallt.

      Arlo starrte auf seine Handflächen. Sie waren aufgeschürft und fingen gerade zu bluten an. Er hatte nicht das Gefühl, als würden sie zu seinem Körper gehören.

      Dann setzte der Schmerz ein. Er traf ihn wie eine Welle. Hände, Gesicht, Knie. Alles brannte.

      »Arlo!« Sein Dad schmiss das Rad hin und lief auf ihn zu, Wu und Jaycee folgten dicht dahinter.

      Arlo blinzelte im Sonnenlicht. Warum war es plötzlich so hell?

      Sein Dad kniete vor ihm und untersuchte sein Gesicht.

      »Bist du okay? Ist dir schwindelig? Ist etwas gebrochen?«

      »Ich glaube nicht. Mir geht’s gut.« Arlo heulte los.

      Es war nicht wegen der Schmerzen. Die Tränen flossen, weil sein Vater da war, um sich um ihn zu kümmern. Er legte den Kopf gegen die Schulter seines Dads. Für diesen einen Moment fühlte er sich sicher und beschützt.

      Wu stieg vom Rad und schleuderte es zur Seite. »Die werden uns hier kein bisschen weiterbringen.«

      Arlo fragte sich, was er meinte, bis er sich umdrehte und eine gewaltige Wüste sah. Gewaltige Dünen aus schwarzem Sand erstreckten sich wie ein gefrorener Ozean bis zum Horizont. Sie waren nicht mehr in China.

      »Du hast es geschafft«, sagte Jaycee und zauste ihm das Haar.

      Clark Finch, der erst jetzt bemerkte, dass etwas nicht stimmte, stand auf. Er sah in den Wald zurück, der jetzt hinter ihnen lag, und dann zu den endlosen Dünen, die sie nun vor sich hatten. »Wo sind wir?«, fragte er.

      Arlo lächelte. »In den Long Woods.«

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