Roman Paket 9 Glenn Stirling Liebesromane für den Strand. Glenn Stirling

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      8

      Ina stand stocksteif neben dem Apparat, der Hörer war ihrer Hand entglitten, aber Marie, die ihre Schwägerin besorgt ansah, bückte sich rasch und legte den Hörer auf. Weiß wie eine Wand im Gesicht stand Ina da. Ihr dunkles aufgelöstes Haar hing bis zu den Schultern herab und unterstrich die Blässe des Gesichtes. Inas Nasenflügel bebten.

      Tante Hilde hatte den Mund geöffnet, als wollte sie eine Frage stellen, aber es kam kein Ton heraus. Sie schien es einfach nicht zu wagen, Ina anzusprechen, nicht in diesem Augenblick.

      Thomas lehnte in der Küchentür und blickte ebenso unverwandt auf seine Schwester wie die anderen.

      Er brach das Schweigen, indem er fragte: „Was ist denn? Ina, was ist geschehen?“

      Ina wandte sich ihm zu und er hatte das Gefühl, sie schaue durch ihn hindurch wie durch eine gläserne Wand. Sie bewegte ihre Lippen und dann hörten alle wie sie sagte: „Er ist nicht tot. Sie haben es nur vergessen mir zu sagen. Sie haben es vergessen ...“

      „Er ist nicht tot?“, rief Thomas. „Wieso denn das?“

      „Eine Verwechslung“, erklärte Tante Hilde. „Hat mir die Telefonistin gesagt. Irgendein anderer, der einen ähnlichen Namen hat, ist tot.“

      Ina ging zum Tisch, ließ sich auf den Stuhl sinken und nun, wo eigentlich alles gut war für sie, da brach es aus ihr heraus. Sie schlug die Hände vors Gesicht und weinte, wie Thomas seine Schwester noch nie hatte weinen hören.

      Tante Hilde stürzte wie eine Mutter zu ihrer Nichte, beugte sich über sie und legte ihre Arme um Inas Schultern, strich ihr übers Haar wie einem Kind. Aber das Schluchzen wurde eigentlich nur noch schlimmer.

      „Die Nerven“, murmelte Thomas. „Jetzt ist sie völlig fertig mit den Nerven.“

      „Aber Kind“, sagte Tante Hilde, „du hast doch keinen Grund zum Weinen. Er lebt noch, es geht ihm gut oder etwa nicht?“

      Schluchzend und unter Tränen bestätigte Ina das. Und sie sagte, dass Bernd käme, in einer Woche sei er zurück. Durch ihr Weinen war es für Tante Hilde schwer, sie überhaupt zu verstehen.

      „Da musst du doch lachen!“, rief Tante Hilde und sie versuchte den anderen zu erklären, was sie gehört hatte. Aber denen war das ja genauso zu Ohren gekommen wie ihr.

      „Begreifst du, warum sie weint?“, fragte Thomas seine junge Frau. „Sie könnte doch lachen. Warum nur weint sie?“

      „Manchmal“, sagte Marie leise, „sind Lachen und Weinen dasselbe. Wenn ich sehr glücklich bin, könnte ich auch manchmal weinen vor Freude.“

      Und wie zur Bestätigung hob Ina ihr Gesicht, das tränenüberströmt war. Aber sie lachte. Und wenn es Thomas auch so schien, als sei es ein irres Lachen, so spürte er doch, wie erleichtert und befreit Ina war.

      „Weißt du was, Schwesterherz“, sagte Thomas, „jetzt gieß ich dir erst einmal einen Cognac ein. Ich glaube, wir können alle einen gebrauchen.“

      9

      Nach dem Schwimmen in der Badeanstalt waren Dr. Harald Preiß und Schwester Marita ins Kino gegangen. Aber dort war das Programm gewechselt worden und die beiden merkten es erst, als der Hauptfilm begann. Es war ein Kriegsfilm.

      Marita rutschte unruhig auf ihrem Sessel hin und her und Harald Preiß schien auch nicht wohl zu sein. Er blickte Marita an und flüsterte: „Mögen Sie so etwas?“

      Marita schüttelte heftig den Kopf.

      „Nein, ich finde es furchtbar“, flüsterte sie zurück.

      Er nahm sie am Arm, sie standen auf und verließen das Kino.

      Draußen auf der Straße blieben sie stehen und Harald Preiß fragte amüsiert: „Was machen wir nun? Ein anderes Kino?“

      „Viel Lust habe ich dazu nicht mehr. So ein blöder Film! Es stand doch etwas ganz anderes draußen an der Tafel.“

      „Regen wir uns nicht auf. Gehen wir irgendwo in ein Lokal, wo etwas Musik ist. Ich weiß eines.“

      „Doch keine Disco, oder?“, fragte Marita.

      „Nein. Oder wollen Sie dahin?“

      Sie schüttelte den Kopf, zog die Schultern hoch, denn ihr war kalt. Er merkte es, öffnete seinen Mantel und legte ihn mit um ihre Schultern.

      Sie kuschelte sich an ihn. Dann fing es wieder an zu regnen.

      Ihr Auto stand ein ganzes Stück entfernt.

      „Es lohnt nicht, zum Wagen zu gehen. Das Lokal ist nur hundert Meter weiter. Das werden wir doch schaffen, oder?“ Sie rannten, Marita stolperte, aber Harald fing sie noch. Bei dieser Gelegenheit hatte er sie in den Armen und presste sie an sich. Eine Sekunde lang standen sie ganz still und schauten sich trotz des Regens ins Gesicht.

      Marita lachte und Harald sagte heiter: „Machen Sie das ruhig öfter.“

      Und plötzlich küsste er sie. Sie hätte es sich denken können, aber es war dennoch völlig überraschend.

      Sie machte sich frei und sagte erregt: „Das dürfen Sie nicht tun.“

      Er schwieg und sie gingen weiter. Als sie das Lokal erreicht hatten, das im Souterrain lag, gingen sie die drei Stufen nach unten, blieben aber vor der Tür stehen. Es war dunkel da.

      „Die Klinke ist rechts“, sagte Harald, der nicht aufmachen konnte, weil sie direkt vor der Klinke stand.

      Sie wandte sich um. „Ich habe klitschnasses Haar. So kann ich doch da nicht hinein.“

      „Aber wieso, denn?“ Er lachte. „Das macht uns doch nichts aus. Kommen Sie. Sie stehen direkt an der Klinke, ich kann Ihnen nicht aufmachen.“

      Sie tat es und er folgte ihr. Es gab noch eine weitere Tür und dann standen sie im Raum. Marita fand es sofort urgemütlich und es war warm. In der Mitte des Raumes stand ein großer Kachelofen. Er zog sie magnetisch an. Sie ging darauf zu und legte ihre Hände gegen die grünen Kacheln.

      Ein paar Gäste schauten zu ihr hinüber. Auch die alte Frau hinter der Theke warf einen Blick zu Marita hinüber.

      Harald schaute sich nach einem Tisch um und als er einen freien Tisch gefunden hatte, kam schon der Ober. Harald und er kannten sich. Marita sah aus den Augenwinkeln, wie sie miteinander sprachen, aber sie hörte nichts, denn in diesem Moment setzte die Musik ein.

      Marita schaute rechts hinten in die Ecke, wo die vier Musiker standen. Zwei spielten Bouzouki, ein dritter Gitarre und der vierte hielt eine Klarinette in den Händen. Marita erkannte schon bei den ersten Tönen die Theodorakis Melodie Aprilis. Als einer der Spieler zum Gesang anhob, summte Marita die Melodie mit.

      Harald war neben sie getreten und fragte leise: „Wollen wir nicht Platz nehmen? Ziehen Sie Ihren Mantel aus?“ Er half ihr aus dem Trenchcoat, hängte ihn auf und sie gingen zusammen zu dem Tisch, den er ausgesucht hatte. Höflich fragte er: „Gefällt es Ihnen hier?


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