Sommer Roman-Paket Unterhaltungsromane und Erzählungen: In Paris und andernorts. Sandy Palmer

Читать онлайн книгу.

Sommer Roman-Paket Unterhaltungsromane und Erzählungen: In Paris und andernorts - Sandy Palmer


Скачать книгу
gab Veronika nervös zurück und begab sich zu ihrem Platz. »Unheimlich, diese Flugzeuge«, stöhnte sie, nachdem sie ihr Handgepäck verstaut hatte. »Es wundert mich immer wieder, dass diese großen, schweren Maschinen fliegen. Na ja, einige schaffen es auch nicht, oben zu bleiben.«

      »Veronika!«, rügte Marina.

      »Entschuldige Schätzchen, ich wollte dir keine Angst einjagen!«

      Marina schmunzelte. »Wer von uns beiden hat wohl mehr Angst?«

      »Ich«, gab die Schauspielerin unumwunden zu. »Deshalb werde ich mir gleich nach dem Start einen doppelten Kognak bringen lassen. Brauchst du auch einen?«

      »Ich bin okay.«

      »Der Mensch hat in der Luft nichts zu suchen. Er ist kein Vogel. Es ist anmaßend, überheblich und dumm, alles können zu wollen, deshalb kriegen wir von ganz oben hin und wieder eins auf den Deckel, damit wir nicht größenwahnsinnig werden.«

      Marina machte es sich neben ihrer Mutter bequem und schüttelte amüsiert den Kopf. »Ich verstehe dich nicht, Veronika. Wieso buchst du einen Urlaub auf Teneriffa, wenn du weißt, dass damit ein etwa fünfstündiger Flug verbunden ist?«

      »Du hast recht. Ich muss nicht ganz bei mir gewesen sein, als ich das Reisebüro aufgesucht habe.«

      »Wie sonst sollte man die Kanarischen Inseln erreichen?«

      »Früher nahm man sich die Zeit und fuhr mit dem Schiff.«

      »Und was, bitteschön, hat der Mensch auf dem oder im Meer zu suchen? Ist er ein Fisch?«

      »Es wäre klüger gewesen, im Schwarzwald Urlaub zu machen.«

      »Wo es von fünf Wochen viereinhalb verregnet.«

      »Das darfst du nicht sagen«, widersprach Veronika. »Ich war schon mal drei Wochen da, und es fiel kein einziger Regentropfen.«

      »Diese drei Wochen hat man bestimmt im hundertjährigen Kalender rot angestrichen.«

      Die Stewardess ging durch den Mittelgang. »Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit, Frau Hagen?«

      »Ja«, antwortete die Schauspielerin mit belegter Stimme. »Alles bestens. Danke.«

      »Es ist der Crew eine Freude, Sie an Bord zu haben.« Die Stewardess ging weiter.

      Veronika legte den Kopf auf die Lehne und atmete tief durch. »Es ist viel schlimmer als Lampenfieber«, verriet sie ihrer Tochter. »Und ganz besonders schlimm ist es kurz vor dem Start. Da glaube ich immer, ich sterbe.«

      Marina riet ihr, den Gurt anzulegen. Sie selbst hatte ihren bereits geschlossen. Als das Flugzeug anrollte, griff Marina nach der Hand ihrer Mutter, die eiskalt war.

      »Wie war das denn, als du zum ersten Mal geflogen bist?«, erkundigte sie sich, um Veronika abzulenken.

      »Noch viel grauenvoller. Ich wäre nach dem Start am liebsten ohne Fallschirm abgesprungen.«

      »Schämst du dich nicht?«

      »Vor dir? Du bist doch meine Tochter.«

      »Angenommen, es würde jemand anderer neben dir sitzen«, sagte Marina.

      »Dann würde ich mich wahnsinnig zusammenreißen, und die Höllenangst würde in mir stattfinden, aber das wäre noch schrecklicher.«

      »Du bist schon sehr zu bedauern.«

      »Du sagst es, Kleines«, gab Veronika ihr seufzend recht. »Du sagst es. Nur wer die Angst vorm Fliegen kennt, weiß, wie ich leide.«

      16

      Veronika brauchte insgesamt drei Kognaks, um einigermaßen Ordnung in das innere Chaos zu bringen. Es waren Kopfhörer ausgeteilt worden. Die Stecker dafür befanden sich in den Armlehnen. Man konnte aus acht verschiedenen Programmen wählen: klassische Musik, Operette, Country Music, Evergreens, Hitparade ... Veronika machte von diesem »Ablenkungs-Programm« nur kurz Gebrauch. Sie unterhielt sich lieber mit ihrer Tochter, denn das entspannte sie mehr.

      Marina fragte sich, wer wohl an Veronikas Seite gesessen hätte, wenn sie nicht mitgekommen wäre. Irgendjemand hätte mitkommen müssen. Allein wäre Veronika bestimmt nicht gereist.

      Als der Kapitän verkündete, dass sie sich im Anflug auf Teneriffa befanden, stöhnte Veronika: »Gleich haben wir es hinter uns. Dann beginnt der schöne Teil unseres Urlaubs.«

      Kurz darauf erblickte Marina zum ersten Mal den majestätisch aufragenden, von Wolken umschwebten Vulkan Teide. Er bot ein imposantes Bild, beherrschte die Insel, und Veronika sagte, man könne ihn von jedem Punkt Teneriffas aus sehen. Die Landung kostete sie noch einmal Nerven. Danach war sie jedoch sofort wie ausgewechselt. Es ging ihr mit einem Mal blendend. Sie fühlte sich großartig, war aufgekratzt, fröhlich und bester Dinge. Die Weltuntergangsstimmung gehörte der Vergangenheit an. Jetzt begann der Urlaub.

      Als sie die Maschine verließen, sagte die Stewardess: »Es würde mich freuen, Sie bald wieder an Bord begrüßen zu dürfen.«

      Veronika lachte. »Erst mal wird ausgiebig gefaulenzt.«

      »Einen schönen Aufenthalt auf der Insel, Frau Hagen.«

      »Danke.«

      Ein Bus brachte die Passagiere zum Flughafengebäude. Über den Betonpisten flimmerte die heiße Luft.

      Veronika und Marina warteten am Förderband auf ihr Gepäck. Als es kam, stellten sie es auf den Kofferwagen, den Veronika organisiert hatte, und wenig später passierten sie die Zollkontrolle. In der Ankunftshalle steuerte Veronika den Schalter einer Leihwagenfirma an und mietete für die Dauer des Urlaubs einen Landrover.

      »Ich bin gern mobil«, meinte sie, nachdem das Gepäck im Kofferraum verstaut war. »Nun gehört Teneriffa für fünf Wochen uns.«

      Marina schmunzelte. »Was hast du vor?«

      »Wir werden dem Leben hier unseren Stempel aufdrücken«, antwortete ihre Mutter tatendurstig.

      Marina hatte eigentlich nicht diese Absicht. Sie war hier, um von Tommy Lindner Abstand zu gewinnen und zu vergessen, was er ihr angetan hatte. Unerreichbar wollte sie für ihn sein.

      »Hör mal, Veronika, wäre es nicht besser, wenn ich fahren würde?«

      »Aber Kindchen, du kennst dich auf der Insel doch überhaupt nicht aus.«

      »Aber ich habe keine drei Kognaks gezwitschert.«

      »Die hat meine Flugangst doch sofort absorbiert.«

      »Muss ich an deine Vernunft appellieren ...«

      »Schätzchen, ich bin okay.«

      »Du solltest mir ein gutes Beispiel sein«, beharrte Marina hartnäckig. »Wenn du neben mir sitzt, kannst du mir sagen, wie ich fahren muss.«

      »Na schön«, gab Veronika nach und rutschte auf den Beifahrersitz hinüber. »Vielleicht ist das wirklich die bessere Lösung.« Sie erklärte Marina kurz, wie der allradgetriebene Geländewagen zu fahren war, und dann ging es los.

      Bald hatten sie den Flughafen »Reina Sofia« hinter sich gelassen. Die Autobahn nach Santa


Скачать книгу