Der Marshal kommt: Goldene Western Sammelband 12 Romane. Frank Callahan

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Der Marshal kommt: Goldene Western Sammelband 12 Romane - Frank Callahan


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Seine Stimme klang für ihn selbst entsetzlich schwach, aber es war alles, wozu er im Moment imstande war.

      Doch es kam keine Antwort.

      „Alice!“

      Er schleppte sich weiter und hatte seine Tochter wenig später gefunden. Sie lebte nicht mehr. Einer der herunterbrechenden Dachbalken hatte sie erschlagen.

      6

      Nelson kroch aus den brennenden Trümmern seines Hauses und blieb schließlich im trockenen Gras keuchend liegen. Er sah nicht mehr, wie alles in sich zusammenstürzte.

      Nelson hatte die Augen geschlossen, während Tränen über seine Wangen rannen. Alles, was sein Leben ausgemacht, wofür er gearbeitet und gekämpft hatte, existierte nicht mehr. Seine Familie war ermordet, die Schafe massakriert, die Farm niedergebrannt …

      Ich hätte mir vorher ausrechnen können, dass ich gegen McLeish nicht ankomme!, durchzuckte es ihn bitter. Der Rancher hatte gesiegt, aber wen konnte das schon wirklich wundern?

      Und was jetzt?, fragte Nelson sich. Einfach liegen bleiben und sterben …?

      Er spürte, wie Kraft und Mut ihn verließen. Er fühlte sich müde und schwach. Die Schmerzen, die seine Schussverletzungen verursachten, kamen ihm von neuem und umso stärker ins Bewusstsein.

      Es war nicht mehr viel Leben in ihm, das war ihm klar.

      Lethargie breitete sich in ihm aus und begann ihn zu lähmen.

      Nelson dachte an den Tod.

      Er spürte, dass er nahe an ihm dran war, so nahe wie vielleicht niemals zuvor.

      Schwärze, Vergessen …

      Das Ende aller Qualen, vielleicht eine Art Erlösung …

      Aber da war noch etwas anderes in ihm, eine Pflanze, deren Same erst heute gelegt worden war: der Hass.

      Der Gedanke, dass McLeish in dieser Sache das letzte Wort haben würde, wenn er jetzt starb, erschien ihm auf einmal geradezu unerträglich zu sein.

      Alles in ihm lehnte sich dagegen auf, und das gab ihm neue Kraft, Kraft, die er schon verloren geglaubt hatte.

      Der Tag wird kommen!, dachte er grimmig. Der Tag wird kommen, an dem abgerechnet wird!

      Nelson hörte sein eigenes Keuchen, seinen eigenen schwachen Atem, der ihm zuvor wie ein Todesröcheln erschienen war.

      Jetzt klang dieser Atem wie Musik, wie eine ständige Erinnerung daran, dass er noch lebte und nicht aufgeben durfte.

      Seine Muskeln spannten sich, ächzend kam er hoch, bis er auf den Knien war. Dann sah er sich nach seinem Pferd um.

      7

      Es hatte Nelson unsägliche Mühen gekostet, in den Sattel zu kommen, und jetzt hatte er ziemliche Schwierigkeiten, sich dort auch zu halten.

      Der Schmerz riss an seiner Schulter und fraß sich den ganzen rechten Arm entlang. An seiner verwundeten Seite bohrte er sich unbarmherzig in seinen Körper, so dass er glaubte, die Zähne fest aufeinander beißen zu müssen, um nicht laut loszuschreien.

      Wahrscheinlich wäre jedoch kaum mehr als ein schwaches Stöhnen über seine Lippen gekommen, so entkräftet war er.

      Wohin reiten?, fragte er sich.

      Zunächst einmal musste er aus der Gegend verschwinden, zumindest für eine Weile.

      Aber er würde wiederkommen, das stand fest! Mochte die Sache für McLeish auch erledigt sein, für Nelson war sie es noch lange nicht!

      Er lenkte sein Pferd nach Nordosten, weil er wusste, dass dort irgendwann die County-Grenze kam.

      Mit der Linken krallte er sich am Sattelknauf fest, während sein Pferd vorwärts trottete. Jede Erschütterung spürte er schmerzhaft, aber er musste durchhalten.

      Zeitweise überfiel ihn gnädige Benommenheit, die ihn den Schmerz besser ertragen ließ.

      Wenn er dann wieder ins volle Bewusstsein zurückkehrte, war es dafür umso schlimmer.

      Vor seinem geistigen Auge tauchte das Gesicht von Lynn auf, mit ihrer langen roten Mähne, die er so mochte.

      Sie war die Frau seines Lebens gewesen. Er hatte sie von ganzer Seele geliebt, ihr Temperament und ihren eigensinnigen Dickkopf, den sie von ihrem irischen Vater geerbt hatte, wie auch die Sanftheit und Zärtlichkeit, zu der sie genauso fähig war.

      Sie war die Mutter seines Kindes gewesen; eine gute Mutter.

      Dann dachte er an Alice, hörte noch einmal ihr Rufen um Hilfe, und es krampfte sich dabei alles in ihm zusammen.

      McLeish!, schrie es in ihm. Verdammt, so wahr ich noch lebe! Das hast du nicht ungestraft getan!

      Sein Gesicht verzog sich gequält. Dann senkte sich gnädige Dunkelheit über ihn.

      8

      Der Junge hatte strubbeliges dunkles Haar und eine Menge Dreck an den Fingern und im Gesicht.

      Er war vielleicht zehn oder zwölf Jahre alt.

      „Hast du deine Arbeit schon erledigt?“, fragte seine Mutter, eine Frau von Anfang Dreißig, deren Gesichtszüge für ihr Alter um einiges zu hart waren.

      Sie musste eine Menge durchgemacht haben, sonst wären diese Spuren in ihrem Gesicht kaum erklärlich gewesen.

      Der Junge nickte ihr zu.

      „Ja“, erklärte er im Brustton der Überzeugung. „Ich habe alles gemacht!“

      Für einen kurzen Augenblick entspannten sich die Züge der Frau etwas; ihr Mund bildete fast so etwas wie ein Lächeln.

      „Dann willst du jetzt sicher mit dem Pony herumreiten?“, vermutete die Frau, und der Junge lachte.

      „Ja“, sagte er.

      „Tu das, Tom. Aber komm nicht zu spät zurück, hörst du? Man weiß nie, was für Gesindel sich in der Gegend herumtreibt!“

      Der Junge machte eine wegwerfende Geste.

      „Ach, ich bin doch schon groß genug, um auf mich selbst aufzupassen, Ma!“

      „Trotzdem tust du, was ich dir sage, verstanden?“

      „Ja.“

      Die Frau seufzte, als der Junge gegangen war.

      Ihr Gesicht wurde wieder sorgenvoll und ein wenig hart.

      Sie wischte sich die schweißverklebten Haare aus dem Gesicht.

      Soll der Junge nur mit dem Pony herumspielen!, dachte sie. Wer weiß, wie lange wir es noch haben!

      Die kleine Farm konnte sie und den Jungen kaum ernähren.

      Der Boden war trocken und steinig. Letztes Jahr hatte die Dürre die Ernte vernichtet, und wenn es dieses Jahr genauso sein würde, dann müssten sie nicht nur das Pony verkaufen.

      Sie würden hungern.

      9

      Der Junge besaß weder Zaumzeug noch Sattel für das Pony.

      Er schwang sich geschickt auf den Rücken des Tieres und klammerte sich mit den Händen an der Nackenmähne fest.

      Das Tier hörte auf ihn.

      Es reagierte auf den Druck, den er mit seinen schmächtigen Schenkeln ausübte. Er brauchte keine Zügel.

      „Heya!“, rief der Junge und trieb das Pony vorwärts.

      Aber das Tier schien etwas müde zu sein.

      Schließlich hatte es tagsüber den Pflug ziehen


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