Herrenfahrrad "Partizan". Dragan Aleksić

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Herrenfahrrad


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bis zur Schule führen: Sonja-Marinković-Straße, dann die Nemanjina, Car-Dušan-Straße, Boris-Kidrič-Straße die Karađorđe-Straße, Straße der Volksarmee und Žarko Zrenjanin.

      Ich hoffe darauf, in diesem Frühjahr die Stafette für Tito zum Tag der Jugend tragen zu dürfen, und zwar in der Hauptstraße, nicht in irgendeiner Seitenstraße. Ich muss ja nicht derjenige sein, der sie dem Vorsitzenden der Jugendorganisation übergibt, das kann ruhig jemand anderes machen, jemand älteres. So wäre ich in der Mitte, links und rechts von mir jeweils ein Mädchen, unweit der Bühne reiche ich dann den Staffelstab einer Gymnasiastin, die auf die Bühne klettert und diesen nebst einer kleinen Rede dem Vorsitzenden überreicht, der vor einem großen Tito-Bild steht. Die Hauptstraße ist voll, alle schauen uns an, alle schauen mich an. Im Publikum sind auch meine Mutter und auch meine Ex-Freundin.

      Ein Mann, der mit meiner Mutter in der Druckerei arbeitet, sagte mir, die Tochter seines Nachbarn arbeite als Sekretärin beim Jugendleiter und könne das klarmachen, dass ich die Tito-Stafette trage – wenn ich ihn an meine Mutter ranlasse. Ich sagte ihm: „Fick dich ins Knie“ und haute ab, um nicht verprügelt zu werden. Als ich klein war, hat mir meine Mama gesagt, wenn jemand auf mich zu käme und mir sagte, meine Mutter sei schön und ich solle ihn mal an sie ranlassen, solle ich ihm sagen: „Fick dich ins Knie.“

      Ich hatte eine Freundin, einen Monat lang. Es war meine erste Liebe. Sie ging in die 7a, ich in die 8b. Wir gingen abends auf der Promenade spazieren, dann standen wir eine Weile in ihrer Hauseinfahrt. Ich wusste nicht, wie ich sie küssen sollte. Ich redete, sie erwartete, dass ich sie umarme und küsse, aber ich wusste nicht, wie. Ich wollte mich nicht lächerlich machen. Mein Herz schlug furchtbar stark. Dann sagte sie: „Ich muss jetzt gehen. Tschüss.“

      Sie schaute mir in die Augen. Ich antwortete nervös: „Tschüss.“

      Ich dachte mir, am nächsten Abend würde ich sie ganz bestimmt küssen. Aber ich schaffte es nicht. Sobald sie das Tor hinter sich geschlossen hatte, rannte ich die Straße hinunter wie blöd, wütend auf mich selbst. Ich rannte eine Runde um den See, in der finsteren Nacht, und dann nach Hause. „Lauf doch, Kleiner, lauf“, rief einmal Rajko, der Antifaschist, hinter mir her, als er aus der Kneipe gegenüber dem Bahnhof kam. „Ein gesunder Schwanz in einem gesunden Körper!“ Im Bett machte ich es mir dann selbst, aber dabei stellte ich mir nicht meine Freundin vor, sondern irgendwelche älteren, verdorbenen Mädchen aus der Berufsschule, über die man alles Mögliche erzählte.

      Ich bin in der achten Klasse. Bald bin ich damit fertig. Ich weiß noch nicht, ob ich danach aufs Gymnasium will oder in die Berufsschule. Der Klassenlehrer meint, es wäre besser, wenn ich einen Beruf erlernte.

      Der Klassenlehrer meinte auch, es wäre vielleicht besser für mich, nicht mit zur Klassenfahrt an die Adriaküste zu fahren, da ich dort nicht würde rennen können. In Dubrovnik rannte niemand durch die Straßen. Meine Mutter sagte: „Hm, hm, ein Schwerenöter. Schöner Mann, aber verdorben. Wenn er Druck hat, sagt er manchmal: Hey, Rührei, sag deiner Mama, sie soll morgen nach der Schule vorbeikommen, ich will ihr deine Noten zeigen.“

      Als mich meine Freundin wegen eines Jungen aus der 7b verließ, der in der C-Jugend von Radnički Fußball trainierte, war ich traurig und sang eine ganze Woche lang beim Rennen das Lied der Gruppe Indexi „Sie hat alles den Bach runtergehen lassen.“ Tagelang rannte ich wie blöd. Auf dem Weg zur Nera sah mich mein Sportlehrer. Er fuhr gerade auf der Stange seines Fahrrads irgendein Mädel in der Abenddämmerung zur Nera, um ihr den Fluss zu zeigen. Er war unverheiratet und brachte ziemlich oft in der Abenddämmerung Mädchen zur Nera. In der kommenden Woche siegte ich bei den Wettbewerben der Südbanater Grundschulen in allen Disziplinen: einhundert Meter, zweihundert Meter, vierhundert Meter, achthundert Meter. Die Teilnehmer aus anderen Schulen nannten mich fliegender Weißkirchener, meine Schulfreunde sagten: Da ist das fliegende Rührei.

      Ich mag Schlager. Im Fernsehen schaue ich mir alle Musikfestivals an. Ich verpasse weder den „Belgrader Frühling“, „Ihr Schlager der Saison“, das Zagreber noch das Spliter Festival der Unterhaltungsmusik, genau so wenig wie das im Kristallsaal des Hotels Kvarner in Opatija. Mama und ich schauen das immer gemeinsam. Wir machen das Licht aus, die Mama auf der Couch, ich auf dem Stuhl am Tisch. Ich sage Mama, welches Lied mir am besten gefällt und sie sagt mir ihre Wahl. Ihr gefallen immer zwei-drei Lieder gleich gut. Mir nur eins. Ich singe das Lied dann später tagelang beim Rennen vor mich hin. Ich bin traurig, wenn mein Lied nicht gewinnt. Meine Mama mag das Festival in Split am meisten, weil sie das Meer mag, aber noch nie am Meer war. Ich auch nicht. Die Klassenfahrt wäre eine Chance gewesen, das Meer zu sehen, aber ich fuhr nicht mit. Ich hätte es mir wirklich nicht vorstellen können, drei Tage nicht zu laufen, das hätte ich nicht ausgehalten. Ich wäre wahnsinnig geworden, ganz sicher.

      Prinzessin Elethia

      Ich war zehn Jahre alt, als ich meiner Mama beschrieb, wie die Hebamme und der Arzt aussahen, die ihr dabei geholfen hatten, mich endlich auf die Welt zu bringen. Ich sagte ihr außerdem, dass Papa im Wartezimmer auf die Frage, ob ich ein Junge oder ein Mädchen sei, zu der versammelten Familie sagte, er wisse es nicht, aber ich sei vollkommen gesund und Mama sei wohlauf.

      Ich sagte ihr nicht, dass ich mich daran erinnern konnte, dass es später Nachmittag war, dass der Himmel schmutzig-orange war und der Turm der nächsten Kirche sechs Mal gegen das Tor des Himmels schlug.

      Mama schaute mich eine Zeitlang stumpf an. Dann lächelte sie säuerlich und sagte: „Du erfindest Sachen.“

      Später, im Laufe unseres gemeinsamen Lebens, schaute mich Mama noch einige Male so an, stumpf, ausdruckslos, verstummt, ohne zu wissen, was sie sagen sollte, überrascht von dem, was sich ihr darbot.

      Ich brachte fünf Söhne zur Welt. Drei von einem Typen, zwei von einem anderen. Mit allen fünfen war ich je neun Monate schwanger. Meine Mama hatte mich nach zehneinhalb Monaten Schwangerschaft geboren.

      Jedes Mal, wenn ich spürte, dass ich schwanger war, griff ich mir mit den Händen auf den Bauch und sagte: „Hier ist ein Junge, ich werde einen Sohn gebären.“ Ich wollte keine Tochter. Ich wollte nicht, dass meine Tochter zum ersten Mal Sex mit ihrem Stiefvater hätte. Ich wollte nicht, dass ein betrunkener Junge unter Drogeneinfluss ihr eine Tätowierung machte, ein Krimineller, der im Gefängnis tätowieren gelernt hätte. Ich wollte nicht, dass irgendjemand in Florida zu meiner Tochter sagte, dass er sie so lange vergewaltigen würde, bis es ihm reichte, und sie dann mit einem Messer aufritzen und den Krokodilen im Sumpf zum Fraß vorwerfen würde. Ich wollte nicht, dass meine Tochter ein Junkie würde, ich wollte nicht, dass sie jemandem einen blasen müsste, um an ihre Drogen heranzukommen ...

      Mama saß in der Küche und trank Bier. Sie hatte einen Job zu Ende gebracht, war nach Hause gekommen, um sich zu duschen und anschließend zum nächsten Job zu gehen. Ich sagte zu Mama, dass ich schwanger war, dass ich zu meinem Freund, einem Kriegsveteranen, ziehen würde, er saß im Rollstuhl und konnte nicht gehen. Er war im Irak verwundet worden.

      Mama schaute mich so an wie damals, als ich zehn Jahre alt war und ihr die Hebamme und den Arzt beschrieben hatte. Es dauerte eine Weile. Schließlich blinzelte sie und ihr Gesicht war nicht mehr das gleiche. Irgendetwas entwich aus ihr. Ich sagte: „Ich hab nichts erfunden.“ Sie stand auf, ging zum Kühlschrank, holte zwei Dosen Bier heraus und machte beide auf. Eine reichte sie mir: „Stoßen wir an, liebe Tochter. Ein Mund weniger in meinem Haus, eines mehr in deinem Haus, das du dir mit deinem Ficker im Rollstuhl teilst.“

      Papa trug mich auf der Schulter. Ein wenig tat ich so, als würde ich schlafen, ein wenig lachte ich Mama zu, die hinter uns her ging, sie streckte mir die Zunge raus und machte für mich Elefantenohren. Es war ein warmer Abend, aus einigen Gärten roch es nach gemähtem Gras.

      Papa war Automechaniker. Seine Hände waren rau und aufgerissen und die Risse waren schwarz vor Fett und Öl. Er roch nach Moschus und Garage.

      Eines Abends schrie er im betrunkenen Zustand Mama an, stieß sie auf die Couch und machte mit erhobenem Arm einen Schritt auf sie zu, um sie zu schlagen. Ich schrie, er solle Mama in Ruhe lassen, er solle sie nicht schlagen. Ich war sechs Jahre alt. Papa und Mama stritten oft und Papa schlug Mama. Ich bat Gott darum, dass es


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