APEX. Ramez Naam

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APEX - Ramez  Naam


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tatsächlich dahintersteckt. Wir werden nicht voreilig Hinweise preisgeben.«

      Hinter dem Präsidenten schaute NSA Direktor Reid auf. Er traf Pryces Blick und nickte. Pryce neigte zur Antwort minimal ihren Kopf.

      Stockton fuhr fort: »Lassen Sie uns damit beginnen, Telefonate mit dem Sprecher und dem Oppositionsführer des Senats zu führen. Vielleicht können wir einen von ihnen dazu bringen, eine Stellungnahme abzugeben.«

      Carolyn Pryce verkniff sich eine Grimasse. Es würde ein unerfreulicher Morgen werden.

      Stanley Kim lehnte sich nach dem Telefonat zurück. Er hatte sich langsam beruhigt.

      Michael Brooks kam mit zwei Tassen Kaffee zurück und reichte Stan Kim eine davon. Kim nahm einen vorsichtigen Schluck von seinem Kaffee. Er war immer noch zu heiß.

      Kaffee war seiner Meinung nach ein ziemlich dürftiges Hirn-Doping, aber es war die Art von Substanz, auf die er sich beschränken musste. Eines der vielen Opfer, die er für ein Leben im Dienst der Öffentlichkeit gebracht hatte.

      »Ich glaube Reid ja schon fast«, sagte er zu seinem Kampagnenmanager. »Normalerweise ist er immer ausweichend. Immer voller Vorbehalte. Nicht im Rahmen dieses Programms, Senator, und solche Aussagen. Aber heute war es anders.«

      Brooks zuckte mit den Schultern. »Er stand gerade nicht unter Eid. Er begeht keinen Meineid, wenn er Sie außerhalb des Senats anlügt.«

      Stan Kim knurrte.

      »Und«, fuhr Brooks fort, »er weiß, dass Sie reinen Tisch machen, wenn Sie gewinnen.«

      »Das ist wahr«, sagte Kim. Er nippte an seinem Kaffee. »Okay. Wie sehen die Zahlen für morgen aus?«

      Brooks tippte auf sein Tablet, das auf dem Couchtisch lag. Der Bildschirm an einer der Wände der Suite leuchtete mit einer animierten Wahlkarte der Nation auf.

      Rot dominierte mit einigen blauen Aussparungen im Westen und Nordosten.

      Kim ließ einen Pfiff los. »Immer noch so schlecht, hm?«

      Brooks schüttelte leicht den Kopf. »Das sind die frühen Wähler. Viele Stimmen wurden abgegeben, bevor die Nachrichten eingetroffen sind.« Er tippte wieder auf sein Tablet. »So würde es ausschauen, wenn es morgen eine echte Neuwahl wäre.«

      Nun dominierte Blau.

      »… oder«, fuhr Brooks fort, »wenn genug Leute versuchen würden, ihre Stimmen zu ändern, Klage einreichen würden, wenn sie herausfänden, dass das nicht möglich ist und das Gericht zu ihren Gunsten entscheiden würde.«

      Stan Kim starrte auf die Karte und nahm dann einen weiteren Schluck von seinem Kaffee. Zumindest war die Temperatur nun besser.

      »Okay«, sagte er zu seinem Kampagnenmanager. »Bringen Sie den Stein ins Rollen.«

      Der Avatar wachte in Lings Bett auf, in Lings Körper. Sie wurde von den Alarmen ihrer Sub-Agents aus ihrem Schlummer gerissen.

      Das Netz wimmelte nur so von weiterentwickelten Codes. Seltsame, wilde Dinge, die keiner Ordnung unterlagen. Gebilde, die weder von menschlicher noch künstlicher Intelligenz waren.

      Der Avatar wartete, wartete, bis die Dichte an Hunter-Killern geringer wurde, die nach Schanghais Attentäter suchten.

      Dann öffnete sie sich, ließ all die winzigen Tarnkappenagenten, die sie entsendet hatte, wieder herein und verarbeitete ihre Informationspakete.

      Ahhhh. Die Amerikaner hatten die Brotkrumen, die sie hinterlassen hatte, gefunden. Und nun hatten sie den Köder geschluckt.

      Es war eine Erleichterung. Ein weiterer Lohn für das Risiko, das sie eingegangen war. Weniger Risiken, die sie nun in Zukunft eingehen musste.

      Es gab jedoch noch mehr zu tun in den Vereinigten Staaten.

      Sie musste sich für die unausweichlichen Geschehnisse der Wahlnacht in den Vereinigten Staaten vorbereiten.

      Der Avatar begann die anarchistischen Foren in den USA zu durchwälzen und sorgfältig hier und da Ideen zu pflanzen. Gleichzeitig sendete sie eine Nachricht an einen Mann, der sich selbst Breece nannte.

      Der Avatar versetzte sich dann selbst wieder in den Wartungszustand. Den Zustand, in dem sie den Input des Tages verarbeitete und in sinnvolle Zusammenhänge ordnete. Den Zustand, den ein Mensch Schlaf nennen würde.

      Als der Avatar in den schlafähnlichen Zustand versank, öffnete Ling ihre Augen und starrte an die Decke. Verwirrt, verängstigt und allein gelassen fing sie an, leise zu weinen.

      Doch keiner hörte sie.

      

      

       18| GEWISSENSAKTE

      

       Montag, 05.11.2040

      »Wieso nicht?«, fragte Bobby. Schon wieder.

      Wieso nicht? Wieso nicht? Wieso nicht? Die anderen Jungs nahmen diesen Refrain auf und bombardierten ihn damit. Sie waren traurig und waren sich sicher, dass sie ihn nie wieder sehen würden, wenn er nicht mit ihnen kommen würde.

      Rangan holte tief Luft, setzte sich auf und lehnte sich gegen die Wand, als das Dutzend chaotischer, junger Bewusstseine auf ihn einstürmte.

      Weil das ERD mein Gesicht und meinen Namen gepostet hat, dachte er. Weil sie nach mir fahnden. Weil ihr ohne mich sicherer seid.

      Doch er unterdrückte diese Gedanken und fokussierte sich auf die Message, die er, Levi und Abigail den Jungs gegeben hatten.

      »Ich werde euch alle bald wieder sehen«, sagte er. Heute war er stärker, nachdem er mehr Schlaf gekriegt und sein Körper mehr Zeit gehabt hatte, sich zu regenerieren. »Ich werde euch bei eurem ersten Schritt begleiten. Danach werde ich einen anderen Weg einschlagen. Aber ich werde euch alle in Kuba wiedertreffen. Dann werden wir alle wieder vereint sein.«

      Hoffe ich.

      Er lügt, sendete Timmy.

      Rangan zuckte zusammen.

      Er lügt nicht, antwortete Alfonso. Er hat nur Angst.

      Angst? Rangan? Er konnte den Zweifel der Jungs spüren.

      Er seufzte. Ich mache mir ein wenig Sorgen, sendete er ihnen.

      Es fühlte sich immer noch seltsam für ihn an, auf diese Art zu kommunizieren, während es für sie so natürlich war. Aber tut einfach das, was Abigail und die anderen Erwachsenen sagen und alles wird gut, okay? Versprecht ihr mir das?

      Das Warten war das schlimmste. Den ganzen Sonntagnachmittag und Abend. Und dann Sonntagnacht unruhig zu schlafen.

      Und dann wieder den ganzen Montag über auf den Anbruch der Nacht zu warten, Levi und Abigail nach Einzelheiten auszuquetschen, die sie nicht gewillt waren, ihm zu geben.

      »Je weniger du weißt, desto weniger kannst du ihnen liefern, wenn sie dich kriegen«, sagte Levi. »Nicht einmal wir wissen alle Einzelheiten.«

      »Hab einfach Vertrauen, Rangan«, sagte Abigail zu ihm.

      »Vertrauen.«

      Sonnige Strände. Palmen. Ein Ort, wo er kein gesuchter Mann war. Wo er endlich seine Eltern anrufen konnte und ihnen sagen konnte, dass er am Leben war. Dass er in Sicherheit war. Und dass er kein Terrorist war. Ein Ort, wo ihn keiner foltern würde. Oder Kinder foltern würde, um die Technologie, der er miterschaffen hatte, aus ihren Köpfen herauszuzwingen.

      Gib mir das, murmelte Rangan in seinem Kopf, dann habe ich vielleicht etwas Vertrauen.

      Dann kam die Dunkelheit.

      Levi tauchte in den versteckten Keller ab.


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