APEX. Ramez Naam

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APEX - Ramez  Naam


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Anruf aus einem angrenzenden Raum der Suite heraus. Sein Kampagnenmanager Cline, sein Vizepräsident Ben Fuhrman, sein Pressesprecher Greg Chase und ein halbes Dutzend andere beobachteten sie von einem angrenzenden Zimmer aus.

      Er stellte sich vor, dass es auf der anderen Seite ähnlich aussehen dürfte. Stockton wartete und wartete und wartete. Er war sich sicher, dass Kims Leute das nur aus reiner Provokation taten.

      Dann leuchtete der Bildschirm an der Wand plötzlich auf und Stan Kim war darauf in einem schwarzen Anzug und blauer Krawatte zu sehen. Eine amerikanische Flagge war an seinem Revers angesteckt. Er sah trotz der späten Stunde nicht das kleinste Bisschen müde aus.

      »Senator Kim«, sagte Stockton.

      »Herr Präsident«, erwiderte Kim.

      Sie wussten beide, dass dieses Gespräch aufgezeichnet wurde. Dass dies endgültig in die Geschichte eingehen würde.

      »Senator Kim, die Zahlen unserer Kampagne, sowie die jedes maßgeblichen Netzwerks und unabhängigen Analysten zeigen, dass ich mit einer überwältigenden Mehrheit an elektoralen und direkten Stimmen gewonnen habe. Ich rufe an, um Ihnen meine Anerkennung für ein großartiges Rennen auszusprechen und Ihnen zu sagen, dass ich mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen als Seniorsenator des großartigen Staates Kalifornien für die nächsten vier Jahre freue. Gleichzeitig möchte ich Sie bitten, öffentlich Ihre Niederlage im Rennen um die Präsidentschaft anzuerkennen. Sind Sie gewillt, dies zu tun, Senator?«

      Stan Kim starrte ihn an. Dann sagte er die Worte, die Stockton befürchtet hatte.

      »Mr. Präsident, ich erkenne meine Niederlage nicht an.

      Amerika will mich als seinen Präsidenten. Meine Kampagne hat in siebenunddreißig Staaten Klage im Namen der Wähler eingereicht, denen es illegaler Weise und verfassungswidrig verwehrt wurde, mit dem Vorteil des jüngsten Wissens um Ihren wahren Charakter und Ihre kriminellen, ja womöglich sogar hochverräterischen Taten, abzustimmen. Ich weiß, dass etliche unabhängige Klagen eingereicht wurden, die ihre Eignung für die Präsidentschaft anfechten. Ich erkenne meine Niederlage nicht an, Mr. Präsident. Und ich bin vollkommen zuversichtlich, dass ich es sein werde, der am Tag des Amtsantritts in das Weiße Haus einziehen wird.«

      Stockton versuchte, seine Mimik ruhig zu halten. Siebenunddreißig Staaten? Seine Eignung für die Präsidentschaft?

      Er fühlte, wie sein Gesicht heiß wurde.

      Sie wollen mich provozieren, sagte er zu sich selbst. Ignoriere es.

      »Senator«, sagte er und hatte seine Stimme dabei vollkommen unter Kontrolle. Er hielt sich an das Skript, das sie vorbereitet hatten. »Lassen Sie uns Amerika nicht auseinanderreißen. Ich bin mir sicher, dass, wenn wir zusammenarbeiten, wir einen Weg finden können …«

      »Ich verhandle nicht mit Terroristen«, sagte Kim.

      Der Bildschirm wurde schwarz.

      »Arschloch!«, brüllte Stockton. Seine Faust schmetterte gegen den Bildschirm an der Wand.

      Zwanzig Minuten später ging er auf die Bühne, nachdem das Lokalanästhetikum Zeit gehabt hatte, seine geprellte und vielleicht gebrochene Hand zu betäuben. Er legte sein breitestes Grinsen auf. Die Menschenmenge brach in Jubel aus: »Vier weitere Jahre!«

      »Heute!«, begann er. »In der großartigen Stadt Houston, im großartigsten Land dieser Erde!«

      Stan Kim trat hinaus auf seine eigene Bühne des Moscone Center in San Francisco und streckte unter einem ebenso tosenden Beifall seine Arme aus.

      Er wartete und wartete und wartete darauf, dass sie aufhörten. All diese Leute, die mit ihm durch dick und dünn gegangen waren. Die ihn unterstützt hatten, als er unbeliebte Positionen einnahm. Als er sich für eine Wiedereinsetzung der Bürgerrechte stark machte, auch als die verängstigte, breite Öffentlichkeit bereit war, sie sogar noch weiter zu beschränken. Als er für ein Amerika gekämpft hatte, das in die Zukunft schaute, statt in der Vergangenheit festzustecken.

      Sie dachten, sie würden ihm zujubeln für seine ehrenwerten Bemühungen. Dafür, dass er sein Bestes gegeben hatte. Sie dachten, sie würden seine Laune aufrechterhalten angesichts dieser Niederlage.

      Dafür liebte er sie.

      Er wartete, bis die Menge sich beruhigt hatte und posaunte dann drei Worte aus. Mit verstärkter Stimme durch den ganzen Raum.

      »WIR. KÄMPFEN. WEITER.«

      Die Menschenmenge jubelte zustimmend, pfiff und schwang ihre Banner. Sie johlten und brüllten und die meisten von ihnen hatten es noch immer nicht verstanden.

      Er rief in die Menschenmenge und streckte seine Hände dabei nach ihnen aus:

      »Wir kämpfen für ein Land, in dem jede Frau und jeder Mann in unserer Gesellschaft über das Schicksal des eigenen Körpers und des eigenen Bewusstseins bestimmen kann!«

      Die Menge brüllte ihre Zustimmung.

      »Wir kämpfen für eine Nation, die die Freiheit jedes Einzelnen als fundamentales, felsenfestes Grundprinzip begreift.«

      Die Menge jubelte und tobte.

      »Wir kämpfen für ein Land, in dem Lügen, Manipulation, Folter und Mord an seinen Staatsbürgern Verbrechen sind!«

      Die Menge brüllte.

      »Für ein Land, in dem Straftäter, ganz egal wie hoch angesehen und mächtig sie sein mögen, für diese Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden!«

      »Ge-rech-tigkeit!« Die Menge verfiel in einen Sprechgesang. »Ge-rech-tigkeit! Ge-rech-tigkeit!«

      »Wir kämpfen für ein Land, in dem die Regierung ehrfürchtiger seinen Bürgern gegenüber ist, als seine Bürger der Regierung gegenüber!«

      Die Menge brüllte. Er hatte sie soweit.

      »WIR. KÄMPFEN. WEITER.«

      Blitzlichter gewitterten durch den Saal. Das Konfetti und die Ballons wurden losgelassen und regneten auf die Tausenden von Menschen herunter, die hier zusammengekommen waren. Die gigantischen Bildschirme hinter ihm leuchteten auf.

      WAHLKARTE – EINSCHLIESSLICH AKTUALISIERTER STIMMEN

      Sie zeigten weite Streifen an Blau über die Westküste hinweg, sowie über den mittleren Westen bis hinauf in den Nordosten und Florida.

      Die Menge geriet außer sich und schrie. Sie verstanden nun, was vor sich ging.

      »Mehr als elf Millionen Wähler haben in den letzten achtundvierzig Stunden versucht, ihre Stimmen abzuändern und für uns zu wählen! Wenn die Stimmen dieser Wähler korrekt gewertet werden, wie es ihnen die Verfassung zuspricht, dann bitten wir den Obersten Gerichtshof um Bestätigung: WIR HABEN GEWONNEN!«

      

      

       23| UNRUHESTIFTER

      

       Dienstag, 06.11.2040

      »Herr im Himmel«, sagte Oscar. »Da ist ein verdammter Aufstand.«

      »Was?«, schrie Rangan.

      »Alles voller Leute«, sagte Oscar. »Was zur Hölle …«

      Rangan zog sich in eine aufrechte Position und spürte dabei einen stechenden Schmerz in seinen Rippen. Und dann sah er es.

      Vor der Windschutzscheibe war die Straße voll von Leuten, wütenden Leuten. Einige von ihnen schwangen Schilder, einige riefen Parolen oder hoben ihre Fäuste in die Luft. Andere …

      Rangan beobachtete, wie ein Mann emporgehoben wurde. Er hing schlaff an einem Seil herunter, das um seine Kehle geschnürt und an einem langen Mast befestigt war. Sein Mund stand vor Schreck


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