Mami Staffel 8 – Familienroman. Lisa Simon

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Mami Staffel 8 – Familienroman - Lisa Simon


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dabei wollte er nichts sehnlicher, als an ihrer Seite zu gehen. Warum bat er sie nicht, mit in sein Haus zu kommen? Sie konnten noch ein Glas Wein zusammen trinken, und wenn sie müde war, dann brauchte sie nicht zu sprechen. Ihm genügte es, wenn sie bei ihm war.

      »Ich bin gar nicht müde. Ich habe Angst, ins Bett zu gehen«, vertraute sie ihm an. Der Weg war schmal, sie ging sehr nahe neben ihm, so nahe, daß ihr Haar seine Wange streifte. Er spürte ihren weichen, geschmeidigen Gang, er brauchte nur die Hand auszustrecken, um sie zu berühren.

      »Angst?«

      »Nicht um mich«, brach es wild aus ihr heraus. Sie stolperte, er faßte blitzschnell ihren Arm. Sie wehrte ihn nicht ab, da ließ er seine Hand an ihrem Arm. »Um mich habe ich nie Angst. Wenn ich im Bett liege, fallen die Sorgen über mich her. Wie Berge sind sie. Wenn mir doch nur eine Lösung einfallen würde. Warum gibt der Himmel mir nicht ein Zeichen?«

      Sie war stehengeblieben und sah zu den Sternen hinauf. »Ich bete und bete, aber dort oben stellen sie sich taub.«

      Er roch ihr feines Parfüm, vielleicht war es auch nur eine Seife. Noch nie war er einem Mädchen begegnet, das so war wie sie. Dachte sie niemals an sich? Drehten sich ihre Gedanken nur um andere?

      Der Mann, der dieses Wesen einmal heiratete, hatte das große Los gezogen.

      Natürlich ohne Anhang. Der Mann, der ein Mädchen mit fünf Kindern heiratete, mußte erst noch geboren werden.

      »Können Sie nicht darüber nachdenken?« bat sie ihn und nahm zutraulich wie ein Kind seine Hand. Ihre Finger fühlten sich kühl und zart an. Der Vergleich mit einem aus dem Nest gefallenem Vögelchen drängte sich ihm auf.

      »Sie sind doch ein kluger Mann, auch wenn sie keine Kinder mögen. Vielleicht sehen Sie einen Ausweg.«

      »Ich mag Kinder«, ärgerte er sich. »Ich…«

      »Ich wollte Sie nicht kränken«, beruhigte sie ihn und ging langsam weiter. »Ob Sie Kinder mögen oder nicht, ist auch nicht wichtig. Wenn Ihnen nur eine Idee kommen würde. Ich finde es furchtbar, daß wir keine Verwandten haben. Mein Bruder und ich waren die einzigen Kinder, meine Schwägerin hatte keine Geschwister. Ich zerbreche mir schon den Kopf nach entfernten Verwandten.«

      »Und was sollten die Ihnen nützen?«

      »Das wissen Sie nicht?« staunte sie. Der Weg wurde schmal, sie mußten hintereinander gehen. Er hielt ihre Hand so fest, als hätte er Angst, sie könnte davonlaufen. »Wenn ich eine Tante oder einen Onkel ausgrabe, sind wir aus dem Schneider. Sie müßten natürlich zu uns ziehen und auf dem Papier die Verantwortung übernehmen. Sie brauchten nichts tun, sie müßten nur dasein«, sie seufzte. »Aber mir fällt einfach keine Person ein.«

      Es gab so vieles, was er ihr sagen wollte.

      Ihre Bereitschaft, den fünf Kindern Mutter zu sein, für sie zu sorgen, sie zu hüten und erziehen, war ein Wahnsinn, sie war doch viel zu jung und auf keinen Fall solch einer Aufgabe gewachsen. Dachte sie denn nie an sich selbst?

      Und doch sagte er: »Ich verspreche Ihnen, darüber nachzudenken, Susanne.«

      Sie blieb stehen, das Strahlen, die Hoffnung in ihren Augen sah er nicht. Aber er hörte es in ihrer Stimme.

      »Wirklich? Wollen Sie das tun? Oh, Ihnen kommt bestimmt eine Idee. Ich bin mir ganz sicher. Vielleicht könnten Sie auch mit unserem Rechtsanwalt sprechen, wollen Sie das wirklich tun? Ich wäre Ihnen so dankbar.«

      »Sie müssen mir seine Adresse geben. Ich, ich spreche mit ihm.«

      »Und Sie werden ihm sagen, daß ich durchaus in der Lage bin, den Kindern die Mutter zu ersetzen? Sie werden ihm sagen, daß es grausam ist, die Kinder in ein Waisenhaus zu stecken?«

      »Ich tu, was ich kann, Susanne. Aber Sie dürfen nicht vergessen, daß ich dabei auch an Sie denke.«

      »O…«

      »Ich mag Sie sehr, Susanne.«

      Ohne sein Zutun waren die Worte aus seinem Mund gehüpft.

      »Wirklich?« Sehr nahe stand sie vor ihm, so nahe, daß er glaubte, ihren Atem auf seinem Gesicht zu spüren.

      »Aber Sie mögen mich nicht so sehr, daß Sie bereit wären, mich zu heiraten.«

      »Damit fünf Kinder ein Zuhause kriegen«, beendete er ihren Satz.

      »Genau«, erklärte sie mit Härte in der Stimme. »Nicht im Traum denke ich bei einer Heirat an mich.«

      »Wissen Sie, daß Sie töricht sind?« fuhr er sie hitzig an. »So töricht wie ein Kind. Haben Sie schon einmal überlegt, daß Sie ein ganzes Leben vor sich haben? Daß Sie.«

      »Hören Sie auf, mir eine Predigt zu halten. Das ist das letzte, was ich gebrauchen kann. Wenn Sie wollen, können Sie morgen zum MIttagessen kommen, ich habe den Kindern versprochen, Reibekuchen zu machen, Reibekuchen mit Apfelmus. Ich hoffe nur, daß Thomas nicht krank wird. Er war sehr still heute abend.«

      »Jetzt laden Sie sich neue Sorgen zu Ihren alten dazu«, stellte er fest. Ihr Mund war sehr rot, er leuchtete ihm entgegen. Ihre Lippen waren leicht geöffnet. Bei jedem anderen Mädchen hätte er nicht lange gezögert, er hätte es in seine Arme genommen.

      Aber dieses Mädchen hier war anders. Bei Susanne mußte man sehr vorsichtig sein. Man mußte sie behutsam erobern.

      Ja, wollte er das denn? Um Himmels willen. Nein.

      Er wollte doch keine Frau mit fünf Kindern. Um nichts in der Welt wollte er ein solches Risiko eingehen. Er wollte seine Ruhe, die brauchte er für seine Arbeit.

      Sie stieß einen Pfiff aus, daß er zusammenzuckte. In Gedanken hatte er sie in den Armen gehalten, ihren Mund geküßt, in Gedanken hatte sich ihr weicher Körper an ihn geschmiegt.

      »Charlie. Oh, dieser Hund«, stöhnte sie. Vermutlich ist er einem Kaninchen auf der Spur. Die halten ihn immer zum Narren, er lernt einfach nicht daraus. –

      Da kommt er. Sehen Sie nur, wie verzweifelt er ist, selbst in diesem Licht sieht man es. Komm her, Charlie, ist doch nicht so schlimm! Warum willst du sie denn jagen? Du hast doch uns, du brauchst die kleinen schnellen Wesen nicht«.

      Sie kraulte seinen Kopf, Charlie stieß ein Knurren und Winseln aus, als wollte er dem Mädchen sein Herz ausschütten.

      »Ich bringe Sie zurück«, erklärte Jonathan energisch.

      Sie lachte ihn einfach aus, glockenhell klang ihr Lachen, und der Wind trug es davon. »Kennen Sie den Witz? Zwei Menschen… sie bringen sich gegenseitig nach Hause usw. usw. Witze erzählen kann ich nicht besonders gut, ich nehme mir die Pointe immer im voraus weg. Nein, ich gehe allein, ich habe ja Charlie bei mir. Danke noch einmal, daß Sie Thomas gerettet haben. Ich darf nicht daran denken, wie es ohne Sie ausgegangen wäre.«

      Er sah, wie sie schauderte. Er konnte nicht anders, beschützend legte er seinen Arm um sie und zog sie an sich.

      »Das ist vorbei. Belasten Sie sich nicht damit, Susanne.«

      Ihr Gesicht war ihm sehr nahe, ihr Mund, mit den weichen, geöffneten Lippen. Wartete sie auf einen Kuß?

      Er traute sich nicht. Behutsam ließ er sie frei, stand da mit hängenden Armen und hatte das Gefühl, um etwas betrogen zu sein.

      »Gute Nacht, Susanne. Wenn Ihre Einladung ernst gemeint ist, komme ich gern. Reibekuchen habe ich schon eine Ewigkeit nicht mehr gegessen. Macht das nicht zu viel Arbeit?«

      Sie rückte von ihm ab, er hatte das lächerliche Gefühl, daß sie enttäuscht von ihm war. Aber vermutlich bildete er es sich ein, wie vieles andere.

      »Sie haben offenbar ständig Angst, daß etwas zuviel Arbeit sein könnte«, spöttelte sie. Verflogen war die weiche Stimmung, die voll geheimnisvoller Schwingungen gewesen war. »Wie kann etwas Arbeit sein, was man gern tut? Aber wie sollen Sie das wissen? Jemand, der allein lebt wie Sie, den schon Kinderlachen stört, muß wohl so empfinden.«

      Er


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