Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner
Читать онлайн книгу.Toni kam mit Bello von der Oberländer Alm herauf. Auf dem Geröllfeld nahm er dem Hund die Packtaschen ab und ließ ihn laufen. Mit großen Sprüngen spurtete der junge Neufundländerrüde zum nahen Gebirgsbach und stürzte sich ins Wasser. Toni und Anna standen auf der Terrasse der Berghütte und schmunzelten.
Anna griff nach den Packtaschen mit dem Vorräten.
»Lass das doch, Anna. Wir packen später aus. Im Augenblick sind keine Hüttengäste hier und wir können uns ungestört unterhalten.«
Toni ließ seinen Rucksack vom Rücken gleiten. Aus der Vordertasche nahm er einen großen hellbraunen Umschlag.
»Schon wieder ein Brief an Franzi?«, fragte Anna und runzelte die Stirn.
»Ja, Franzi hat wieder Post bekommen.«
Toni reichte Anna den Umschlag. Sie setzen sich zu Alois, der an einem der Tische saß und noch seinen Kaffee trank. Anna zeigte Alois den Umschlag.
»Der schaut genauso aus wie die anderen beiden. Und wieder ist kein Absender darauf.«
»Richtig, Alois! Der Umschlag schaut genauso aus, die gleiche Handschrift. Abgeschickt wurde er in Kirchwalden.«
Toni nahm Anna den Umschlag ab und öffnete ihn. Er holte einen Brief heraus und ein kleines Kästchen, das in buntem Papier mit einer Schleife eingepackt war. Anna packte das Geschenk aus. In dem Kästchen war ein kleiner goldener Anhänger.
»Jetzt haben wir schon drei Stück davon, einen kleinen Schornsteinfeger, ein Hufeisen und dieses Mal ist es ein kleines Herz. Des wird ja immer sonderbarer. Da müssen wir etwas tun! Vielleicht soll ich mal mit dem Wolfi reden?«
»Toni, warte, vielleicht steht etwas in dem Brief! Außerdem, was soll da die Polizei tun?«
Anna riss das Kuvert auf und faltete das Blatt auseinander.
»Da steht der gleiche Text wie in den beiden letzten Briefen.«
Anna las laut vor:
Liebe Franzi! Ich denke jeden Tag an dich und schicke dir als Zeichen meiner Liebe einen kleinen Anhänger. Ich hoffe, er gefällt dir. Ich warte auf dich! Dein Berni
»Himmel! Ganz allmählich wird mir des unheimlich, Anna. In den letzten Wochen ist jede Woche so ein Umschlag gekommen. Was für ein Glück, dass wir den ersten aufgemacht haben. Nur so konnten wir die Sache vor der Franziska verbergen. Doch jetzt habe ich die Faxen dick, Anna. Normal ist des net! Wer kann nur dieser Berni sein?«
»Toni, ich weiß es nicht! Ich habe schon vorsichtig mit Franziska gesprochen. Sie kennt keinen Berni. Und in der Schule gibt es auch keinen Berni. Wir haben mit deiner Mutter und deinem Vater geredet. Niemand kennt jemanden, der Berni heißt und die Franzi gerne sieht.«
»Anna, unsere Franzi ist noch ein Kindl! Ein kleines Madl ist sie!«
Anna schmunzelte.
»Sicher, Toni, aber auch unter Kindern gibt es die erste zarte Liebe. Hast du als junger Bub nicht für jemanden geschwärmt?«
Toni grinste. Er rieb sich verlegen das Kinn.
»Ja, schon!«, brummte er.
»So, so! Wer war sie denn?«
»Sie hieß Pia und war ein Feriengast bei meinen Eltern in der Pension. Sie war mit ihrer Tante in die Berge gereist. Sie war nur zwei Wochen geblieben. Eigentlich war sie mehr mit meiner Schwester Maria befreundet. Die Mädchen verstanden sich gut. Ich war mehr oder weniger das fünfte Rad am Wagen. Aber sie gefiel mir. Es war das erste Mal, dass ich mich für das andere Geschlecht interessierte und einem Madl schöne Augen machte oder es wenigstens versuchte.«
»Siehst du! Und wie hat sie reagiert?«
»Pia war etwas ruppig. Aber damals dachte ich, sie mag mich. Ich pflückte ihr Blumen und legte sie vor ihre Tür.«
»Toni, der Blumenkavalier!«, lachte Anna. »Wie hat sie es aufgenommen?«
»Mei, ich dachte mir, damit erobere ich ihr Herz. Die Blumen hat sie genommen, aber für einen Kuss hat es nicht gereicht. Sie war nie alleine. Dabei wollte ich sie nur auf die Wange küssen.«
Anna machte eine gespielt anteilsvolle Miene.
»Du armer Toni, bist du so enttäuscht worden? Was du nicht sagst! Du musst ja ganz schön unter Liebeskummer gelitten haben.«
»Naa, des habe ich net. Ich war von den Madln erst mal geheilt. Ich dachte mir, die sind alle zu zickig.«
»Es gibt bei Mädchen ein Alter, in dem sie sehr zickig sind.«
Anna lachte. Sie erinnerte sich genau, wie es damals bei ihr und ihren Freundinnen war. Sie fanden Jungs eklig und schworen heilige Eide, sich nie und nimmer mit einem Jungen einzulassen.
»Ich kann dich trösten, Toni, diese Zeit geht auch vorbei, sonst wäre die Menschheit schon ausgestorben. Madln sind in der Entwicklung etwas früher dran und bei ihnen läuft die Pubertät etwas komplizierter ab. Da bleiben sie gern unter sich. Als ich in diesem Alter war, da wusste ich nichts, über was ich mit einem Buben reden sollte. Mit meinen Freundinnen redete ich über Mode, Kosmetik oder über Tiere. Wir liebten alle Hunde und trafen uns regelmäßig im Reitstall. Die Jungs, die redeten über Fußball. Einmal bekam ich eine Einladungskarte zu einem Spiel geschickt. Ich schickte sie zurück. Der Junge war wohl sehr enttäuscht, aber ich hatte kein Interesse an Fußball.«
»Aber sonderbare Umschläge mit kleinen Anhängern hast nicht bekommen, wie?«
»Nein, Toni! Ich kann mich auch nicht erinnern, dass eine meiner Schulfreundinnen einen solchen Brief bekommen hätte.«
»Himmel! Wer kann nur dahinterstecken? Wir müssen das unbedingt herausfinden, Anna. Des kann gefährlich für die Franzi werden! Am Ende steckt da ein übler Kerl dahinter.«
»Das glaube ich nicht, Toni. Aber wenn es dich beruhigt, dann sollten wir überlegen, ob wir Sebastian ins Vertrauen ziehen. Er kann noch mehr als gewöhnlich ein Auge auf seine jüngere Schwester haben.«
Toni rieb sich da Kinn.
»Des wäre zu überlegen. Aber beunruhigen will ich den Bub auch nicht. Meinst net, es wäre besser die Angelegenheit mit dem Gewolf Irminger zu bereden? Als Leiter der Polizeistation ist er bestimmt auch in solchen Dingen geschult und kann uns raten.«
Anna streichelte Tonis Wange.
»Wenn es dich beruhigt, Toni, dann rede mit ihm.«
Toni dachte einen Augenblick nach.
»Das werde ich tun. Wo hast die anderen Umschläge?«
»Ich habe sie in unserem Kleiderschrank versteckt. Ich hole sie dir!«
Anna ging hinein. Der alte Alois schaute Toni nach.
»Mei, Toni, mache dir net so viele Gedanken. Die Franzi und der Basti sind jeden Tag nach der Schule bei deinen Eltern in der Pension zum Mittagessen. Vielleicht ist es mit Franzis heimlichem Verehrer genauso wie bei dir damals und der Pia.«
»Naa, Alois! Ich hab’ doch schon mit den Eltern geredet. Wir sind zusammen die Namensliste durchgegangen. Seit Monaten gab es keine Pensionsgäste, die einen Buben hatten, der Berni oder Bernhard geheißen hat. Auch bei den etwas älteren Jugendlichen ist niemand mit diesem Namen dabei gewesen. Mei, Alois, ich kann mir darauf einfach keinen Reim machen. Ich bin eben besorgt. Da läuft irgendwo jemand herum, der hat ein Auge auf die Franzi geworfen. Ich weiß nicht, wie er mit Familiennamen heißen tut, wer er ist, wo er wohnt und wie alt er ist. Was denkt er sich dabei? Alois, ich kann deswegen schon nimmer schlafen. Des musst mir glauben. Ich sorg’ mich um die Franzi.«
»Dass dich sorgen tust, des ist dein gutes Recht als Vater. Dass du der Franzi ihr Adoptivvater bist, macht dir die Sache nicht leichter, denke ich. Im Gegenteil, du bist vielleicht sogar noch