Tod in Rothenburg. Barbara Edelmann

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Tod in Rothenburg - Barbara Edelmann


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als gestern.« Kurti ließ sich auf den Beifahrersitz sinken. »Du hast dich übrigens gerade auf eine zerquetschte Erdbeere gesetzt, die auf dem Sitz lag.«

      »Verflixt.« Dodo verzog das Gesicht. »Das war mein letztes Kleid mit Viskoseanteil. Wenn das so weitergeht, muss ich Jeans tragen, und ich habe echt keine Hosenfigur.«

      »Könntest du aber bekommen. Ich helfe dir«, bot Kurti ihr an.

      Dodo gähnte herzhaft. »Du wirst noch sehr, sehr lange Single bleiben«, prophezeite sie. »Fahren wir zum Hautarzt. Das wird ein langer Tag.«

      Die Praxis Dr. Wilbold lag am Rande des Gewerbegebietes von Rothenburg – ein großer, moderner Neubau mit dunkel verglasten Fensterflächen. Ein älterer Mann im Blaumann, der gerade die Rasenflächen wässerte, winkte Dodo im Vorbeigehen zu und pfiff ihr hinterher.

      Sie durchquerten einen gefliesten Vorraum und betraten die Praxisräume durch eine gläserne Doppeltür, auf der in goldenen Lettern Wilbolds Name prangte. Sofort umfing sie angenehme Kühle. Im Hintergrund dudelte leise ein Radio, und bis auf mehrere eilig umherhuschende junge Frauen, die im Flüsterton aufgeregt tuschelten, war kein Mensch zu sehen.

      »Wahnsinn, diese Helligkeit.« Dodo beschattete ihre Augen mit der Hand, um sie vor dem gleißenden Sonnenlicht zu schützen, das durch riesige Dachfenster fiel. »Ist das Absicht?«

      »Hör mal.« Kurti deutete auf eine gepolsterte Tür, durch die gedämpft aufgeregte Stimmen klangen. Es war nichts zu verstehen.

      Am Empfangstresen wurden sie von einer bildschönen dunkelhaarigen Frau mit strahlendem Lächeln begrüßt.

      »Guten Tag, ich bin Melanie. Haben Sie einen Termin?«, fragte sie. Ihr weit aufgeknüpfter weißer Kittel gab den Blick auf ein makelloses Dekolleté frei. »Waren Sie schon einmal bei uns?«

      »Was wollen Sie denn damit sagen?«, erkundigte sich Dodo gereizt.

      »Gar nichts«, beeilte sich die junge Frau zu versichern. »Aber man muss ja nicht immer warten, bis …« Abrupt verstummte sie, als sie den Gesichtsausdruck ihres Gegenübers bemerkte.

      Kurti lachte schallend. »Hallo Melanie, einen wunderschönen guten Morgen. Ich bin Kurt Voggel vom Kriminaldauerdienst in Ansbach, das ist Frau Haug, meine charmante Kollegin.« Er zückte seinen Dienstausweis. »Wir ermitteln wegen eines Kapitaldeliktes. Kennen Sie Sandra Kaiser?«

      »Warum?« In Melanies makellosem Gesicht zuckte kein Muskel. Ausdruckslos sah sie die beiden an. »Hatte sie einen Unfall?« Graziös erhob sie sich und enthüllte dabei ein Paar bemerkenswert lange, schlanke Beine in hochhackigen goldenen Sandaletten.

      »Bedauerlicherweise ist Frau Kaiser gestern verstorben, und wir stellen in diesem Fall Nachforschungen an«, erklärte ihr Kurti.

      »Verstorben? Fall?«, wiederholte Melanie, plötzlich bleich geworden.

      »Was ist hier eigentlich gerade los?« Dodo beobachtete zwei weitere hübsche junge Frauen im Kittel, die an ihnen vorbeihuschten und dabei aufgeregt miteinander tuschelten.

      »Der Chef findet wieder mal sein Mobiltelefon nicht«, erklärte ihr Melanie mürrisch. »Er verlegt es regelmäßig, und dann müssen wir es alle suchen. Neulich haben wir es im Kühlschrank gefunden. Was ist mit Sandra?«

      »Genau das möchten wir herausfinden«, antwortete Kurti. »Und Ihnen ein paar Fragen stellen. Wie gut kannten Sie Frau Kaiser?«

      »Nicht sonderlich. Tut man bei Kollegen doch nie.« Melanie zupfte einen imaginären Fussel von ihrem blütenweißen Kittel.

      »Sie können uns gar nichts über ihr Privatleben erzählen?«, vergewisserte sich Kurti.

      »Weniger als nichts.« Das Gesicht der Arzthelferin blieb ausdruckslos. »Es tut mir leid, aber ich habe viel zu tun.« Sie wirkte mit einem Mal sehr nervös. »Sandra hat noch nicht lange hier gearbeitet. Sie war nett. Wirklich.« Das klang wie eine Beschwörung.

      »Bitte melden Sie uns bei Dr. Wilbold an«, bat Dodo. »Es ist dringend.«

      »Einen Moment bitte.« Melanie warf ihr einen eisigen Blick zu und verschwand mit klappernden Absätzen.

      »Jetzt verstehe ich Hübners Satz von wegen Diplomatie.« Kurti klopfte Dodo beruhigend auf die Schulter. »Wir besorgen dir schnellstmöglich ein Aspirin und zur Not einen Schneeballen. Einen riesigen. Aber ich muss sagen, dieser Doktor hat bezüglich seiner Angestellten einen sagenhaften Geschmack.«

      »Kannst dich ruhig einschleimen bei der hiesigen Damenwelt.« Dodo massierte sich die Schläfen, als hätte sie Kopfschmerzen. »Für diese Sorte Mädels ist jede andere Frau eine Kriegserklärung auf zwei Beinen. Bei der da kommt man mit Freundlichkeit nicht weit. Und sie hat mit Sicherheit etwas zu verbergen.«

      »In diesem Kittel?« Kurti grinste. »Aber ich muss dir recht geben.«

      »Bitte hier hinein.« Melanie stand urplötzlich wieder vor ihnen und wies auf eine geöffnete Tür am Anfang des lichtdurchfluteten Ganges. »Der Herr Doktor wird gleich bei Ihnen sein. Nehmen Sie Platz.«

      »Wie hat sie das eben gemacht?«, wisperte Dodo. »Ich habe sie nicht kommen hören, und das in solchen Schuhen.«

      Kurti berührte sachte einen antiken Stuhl mit aufwendig geschnitzter Lehne. »Das Geschäft läuft gut, schätze ich. Der ist garantiert echt.«

      »Guten Morgen.« Die Tür öffnete sich, und ein untersetzter Mann Ende sechzig trat ein. Er maß höchstens eins fünfundsechzig und verströmte eine Aura abgeklärter Kompetenz. Das faltige Gesicht unter dem schütteren grauen Haarkranz war gerötet, genau wie seine Augen und die von roten Äderchen überzogene Nase. Ächzend nahm er hinter dem Schreibtisch Platz und musterte seine beiden Besucher mit ausdruckslosem Blick.

      »Schönen guten Morgen. Sie sind wundervoll eingerichtet.« Kurti machte eine umfassende Handbewegung. »Scheinbar mögen Sie Antiquitäten? Da könnte man neidisch werden.«

      »Ich bin leidenschaftlicher Sammler«, gestand Wilbold. »Nun denn.« Er rückte seinen Sessel zurecht und betrachtete prüfend Dodos Gesicht. »Sie haben sich also zu diesem Schritt entschlossen? Wir führen diese Behandlung seit Jahren durch, sie ist sehr effizient. In drei Tagen erkennen Sie Ihre Haut nicht wieder.«

      Kurti lachte, als er Dodos entgeisterten Gesichtsausdruck bemerkte. »Ihre Empfangsdame hat uns falsch verstanden, Herr Doktor.«

      »Wie bitte? Melanie hat mich informiert, Sie wären hier wegen eines eiligen Fadenliftings«, sagte Wilbold irritiert und ließ seine Augen nicht von Dodo, die angestrengt lächelte. »Wenn ich Sie aber so ansehe, würde ich lediglich zu einer Schälkur raten. Tut auch nicht lange weh. Aber wegen Ihrer Kinnlinie müssten Sie demnächst etwas unternehmen, die ist ein wenig schwammig. Ich kann Ihnen hierfür jemanden empfehlen.«

      »Was Ihre gehörgeschädigte Angestellte vergessen hat, Ihnen mitzuteilen: Wir sind Kurt Voggel und Dorothea Haug vom Kriminaldauerdienst in Ansbach.« Dodo legte mit unbewegter Miene ihren Ausweis auf den Tisch.

      »Verstehe. Also kein Eingriff.« Wilbold rutschte ächzend auf seinem Stuhl hin und her, wobei ihm sein Bauch im Weg war. Dann beugte er sich über den Schreibtisch und studierte den Ausweis gründlich. »Und was kann ich für Sie tun, Frau Haug?«

      »Wir sind wegen Sandra Kaiser hier«, sagte Dodo. »Ehe wir weiterreden, Herr Doktor, möchte ich eines klarstellen: Wir wissen bereits, dass Sie mit Frau Kaiser eine Affäre unterhielten.«

      Wilbold war mit einem Schlag blass geworden. »Sie wissen …«

      »Leider müssen wir davon ausgehen, dass Frau Kaiser Opfer eines Verbrechens wurde. Gestern Nacht.« Dodo ließ ihn nicht aus den Augen.

      Wilbold schien zutiefst verunsichert. »Opfer eines Verbrechens«, wiederholte er tonlos.

      »Sehr richtig. Frau Kaiser verstarb aufgrund eines Sturzes von der Stadtmauer, direkt am Galgentor«, erklärte Kurti bedauernd. »Auf ihrem Handy fanden wir eine Nachricht von Ihnen, in der Sie sie bitten, sich um zweiundzwanzig Uhr dort


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