Weihnachtsgeschichten. Charles Dickens

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Weihnachtsgeschichten - Charles Dickens


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      »Sie wollen sich einen Spaß mit mir machen«, rief der Junge.

      »Nein, nein«, sagte Scrooge, »es ist mein Ernst. Geh und kaufe ihn und sage, sie sollen ihn hierhersenden, damit ich ihnen die Adresse geben kann, wohin sie ihn tragen sollen. Komm mit dem Träger hierher und ich gebe dir einen Schilling. Kommst du aber in weniger als fünf Minuten zurück, dann sollst du sogar eine halbe Krone erhalten.«

      Der Bursche schoß dahin wie der Blitz.

      »Ich will ihn Bob Cratchit schicken«, flüsterte Scrooge, sich die Hände reibend und fast vor Lachen berstend. »Er soll nicht wissen, wer ihn geschickt. Der Puter ist zweimal so groß wie Tiny Tim. Joe Miller 12 hat niemals einen so guten Witz gemacht, wie es dieser ist.«

      Als er die Adresse aufsetzte, zitterte seine Hand; aber er schrieb, so gut es gehen wollte, und ging die Treppe hinab, um die Haustür zu öffnen und den Puter zu erwarten. Als er dastand, fiel sein Auge auf den Türklopfer.

      »Ich werde ihn lieb haben, solange ich lebe«, rief Scrooge ihn streichelnd. »Früher habe ich ihn kaum angeschaut. Was für ein braves Gesicht er hat! Er ist ein wundervoller Türklopfer! – Da ist der Puter. Hallo, hussa! Wie geht's? Fröhliche Weihnachten!«

      Das war ein Puter! Er hätte lebend nicht auf seinen Füßen stehen können. Sie wären – knacks – zerbrochen wie Siegellackstangen.

      »Was, das ist ja kaum möglich, den nach Camden-Town zu tragen«, sagte Scrooge. »Ihr müßt einen Wagen nehmen.«

      Das Lachen, mit dem er dies sagte, und das Lachen, mit dem er den Puter bezahlte, und das Lachen, mit dem er den Wagen bezahlte, und das Lachen, mit dem er dem Jungen den Botenlohn schenkte, wurden nur von dem Lachen übertroffen, mit dem er sich schließlich atemlos in seinen Stuhl niedersetzte und lachte, bis ihm die Tränen von den Backen kollerten.

      Das Rasieren war heute keine leichte Sache: denn seine Hand zitterte immer noch sehr; und Rasieren verlangt große Aufmerksamkeit, selbst wenn man nicht gerade dabei tanzt. Aber wenn er sich die Nasenspitze weggeschnitten hätte, würde er ein Stückchen Heftpflaster darauf geklebt haben und zufrieden gewesen sein.

      Er zog seinen besten Anzug an und trat endlich auf die Straße. Die Leute strömten jetzt gerade aus ihren Häusern, wie er es gesehen hatte, als er den Geist der diesjährigen Weihnacht begleitete. Er ging mit auf dem Rücken zusammengeschlagenen Händen durch die Straßen, und Scrooge sah jeden mit einem freundlichen Lächeln an. Er sah so bezwingend freundlich aus, daß drei oder vier lustige Leute zu ihm sagten: »Guten Morgen, Sir, fröhliche Weihnachten!«, und Scrooge erklärte später oft, daß von allen lieblichen Klängen, die er je gehört habe, dieser seinem Ohr am lieblichsten erklungen wäre.

      Er war nicht weit gegangen, als er den stattlichen Herrn auf sich zukommen sah, der tags zuvor in sein Kontor getreten war mit den Worten: »Scrooge und Marley, wenn ich nicht irre.« Es versetzte ihm einen Stich ins Herz, als er dachte, was wohl der alte Herr im Vorübergehen von ihm denken würde; aber er wußte, was er zu tun hatte, und ging auf ihn zu.

      »Lieber Herr«, sagte Scrooge, schneller gehend und des alten Herrn beide Hände ergreifend, »wie geht es Ihnen? Ich hoffe, Sie hatten gestern noch Erfolg. Es war sehr freundlich von Ihnen. Ich wünsche Ihnen fröhliche Weihnachten, Sir.«

      »Mr. Scrooge?«

      »Ja«, sagte Scrooge, »das ist mein Name, und ich fürchte, er klingt Ihnen nicht sehr erfreulich. Erlauben Sie, daß ich Sie um Verzeihung bitte. Und wollen Sie die Güte haben« – hier flüsterte Scrooge ihm etwas in das Ohr.

      »Himmel!« rief der Herr, als ob es ihm den Atem versetzte. »Mein lieber Mr. Scrooge, ist das Ihr Ernst?«

      »Wenn Sie nichts dagegen haben«, sagte Scrooge. »Keinen Penny weniger. Es sind viele Rückstände dabei, ich versichere es Ihnen. Wollen Sie so gefällig sein?«

      »Bester Herr«, sagte der andere, ihm die Hand schüttelnd, »ich weiß nicht, was ich zu einer solchen großartigen Freigebigkeit sagen soll.«

      »Sagen Sie bitte gar nichts dazu«, antwortete Scrooge. »Besuchen Sie mich. Wollen Sie mich beehren?«

      »Aber gern«, rief der alte Herr. Und man sah, daß es ihm mit der Versicherung Ernst war.

      »Ich danke Ihnen«, sagte Scrooge. »Ich bin Ihnen sehr verbunden. Ich danke Ihnen tausendmal. Leben Sie recht wohl!«

      Er ging in die Kirche, ging durch die Straßen, sah die Leute hin und her eilen, klopfte Kindern die Wange, fragte Bettler und sah hinab in die Küchen und hinauf zu den Fenstern der Häuser; und fand, daß all dies ihm Vergnügen machen könne. Er hatte sich nie träumen lassen, daß ein Spaziergang oder sonst etwas ihn so glücklich hätte machen können. Nachmittags lenkte er seine Schritte nach der Wohnung seines Neffen.

      Er ging wohl ein dutzendmal an der Haustür auf und ab, ehe er den Mut hatte anzuklopfen. Endlich faßte er sich Mut und klopfte.

      »Ist dein Herr zu Hause, gutes Kind?« sagte Scrooge zu dem Mädchen. »Ein hübsches Mädchen, wahrhaftig!«

      »Ja, Sir!«

      »Wo ist er, gutes Kind?« fragte Scrooge.

      »Er ist im Speisezimmer, Sir, mit der gnädigen Frau. Ich will Sie melden, wenn Sie erlauben.«

      »Danke, danke. Er kennt mich«, sagte Scrooge, mit der Hand schon auf der Türklinke. »Ich will hier eintreten.«

      Er machte die Tür leise auf, steckte den Kopf hinein und sah sich um. Aber niemand bemerkte ihn: denn sie musterten die Festtafel, die heute besonders schön dekoriert war; junge Hausfrauen sind nämlich in solchen Dingen sehr sorgsam und sehen gern alles in Ordnung.

      »Fritz?« lispelte Scrooge.

      Heiliger Himmel! Wie seine Nichte erschrak! Scrooge hatte in dem Augenblicke vergessen, daß sie auf dem Hocker in der Ecke gesessen hatte, sonst hätte er es um keinen Preis getan.

      »Donnerwetter«, rief Fritz, »wer ist denn das?«

      »Ich bin's, dein Onkel Scrooge. Ich habe mich selbst zum Essen eingeladen. Willst du mich hereinlassen, Fritz?«

      Ihn hereinlassen! Es war nur gut, daß er ihm nicht den Arm abriß. Der Onkel war in fünf Minuten wie zu Hause. Nichts konnte herzlicher sein, als die Begrüßung seines Neffen. Und auch seine Nichte empfing ihn ebenso freundlich. Auch Topper, als er kam. Und die dicke Schwester, als sie auf der Bildfläche erschien. Und alle, als sie der Reihe nach anrückten. Wundervolle Gesellschaft, wundervolle Spiele, wundervolle Harmonie, wundervolle Glückseligkeit!

      Aber am andern Morgen erschien Scrooge früh in seinem Kontor. Oh, er erschien sehr früh. Wenn er nur dort zuerst hätte sein können und Bob Cratchit beim Zuspätkommen erwischen! Das war's, worauf sein Sinn stand. Und es gelang ihm wahrhaftig! Die Uhr schlug neun. Kein Bob. Ein Viertel auf zehn. Kein Bob. Er kam volle achtzehn und eine halbe Minute zu spät. Scrooge hatte seine Tür weit offenstehen lassen, damit er ihn in seinen Kabuff kommen sähe.

      Endlich erschien Bob atemlos. Sein Hut war vom Kopf, ehe er die Tür öffnete, auch der Schal vom Hals. Im Augenblick saß er auf seinem Stuhl und eilte mit der Feder übers Papier, als wollte er versuchen, neun Uhr einzuholen.

      »Hallo«, knurrte Scrooge, so gut wie es jetzt noch ging, seine sonst übliche Stimme nachahmend. »Was soll das heißen, daß Sie so spät kommen?«

      »Es tut mir sehr leid, Sir«, sagte Bob. »Ich habe mich verspätet.«

      »Nun, Sie gestehen es ein«, wiederholte Scrooge. »Ich will's auch meinen. Kommen Sie erst mal hier herein.«

      »Es ist nur einmal im Jahre, Sir«, sagte Bob, aus seinem Kabuff nähertretend. »Es soll nicht wieder vorkommen. Ich war ziemlich vergnügt gestern, Sir.«

      »Nun, ich will Ihnen was sagen, Freundchen«, meinte Scrooge, »ich kann das nicht länger so mitansehen. Und daher«, fuhr er fort, von seinem Stuhl springend und Bob einen solchen Stoß vor die Brust gebend, daß er wieder in seinen Kabuff zurückstolperte, »und daher


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