Die Abenteuer des Sherlock Holmes. Arthur Conan Doyle

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Die Abenteuer des Sherlock Holmes - Arthur Conan Doyle


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gut, daß ich es nicht riskieren wollte, sie zu verlieren.

      So vergingen acht Wochen, und ich hatte über Äbte und Arkaden und Armenrecht und Architektur und Attika geschrieben, und ich hoffte zuversichtlich, daß ich bald zu den Bs kommen würde. Das hatte mich einiges an Büttenpapier gekostet, und mit meinem Geschreibe hatte ich ein Regalbord fast gefüllt. Und dann war plötzlich alles zu Ende.«

      »Zu Ende?«

      »Ja, Sir. Und zwar genau heute früh. Ich bin wie üblich um zehn Uhr zu meiner Arbeit gegangen, aber die Tür war zu und verschlossen, und ein kleines viereckiges Pappschild war auf die Tür genagelt. Hier ist es, und Sie können es selbst lesen.«

      Er hielt ein Stück weißer Pappe hoch, etwa so groß wie ein Blatt Notizpapier. Es lautete wie folgt:

      DIE LIGA DER ROTSCHÖPFE IST AUFGELÖST 9. OKTOBER 1890

      Sherlock Holmes und ich betrachteten diese knappe Mitteilung und das traurige Gesicht dahinter, bis die komische Seite der Angelegenheit jede sonstige Erwägung restlos beiseite schob und wir beide in brüllendes Gelächter ausbrachen.

      »Ich wüßte nicht, daß da irgend etwas komisch ist«, rief unser Klient; er errötete bis an die Wurzel seines flammenden Schopfes. »Wenn Sie nichts Besseres tun können als mich auslachen, kann ich genausogut anderswo hingehen.«

      »Nein, nein«, rief Holmes und schob ihn zurück in den Sessel, aus dem er sich zur Hälfte erhoben hatte. »Ich möchte Ihren Fall um nichts in der Welt missen. Er ist überaus erfrischend ungewöhnlich. Aber, wenn Sie mir das zu sagen erlauben, es ist daran etwas, das ein klein wenig lustig ist. Bitte, welche Schritte haben Sie unternommen, als Sie die Mitteilung an der Tür gefunden hatten?«

      »Ich war fassungslos, Sir. Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Schließlich bin ich zum Hausbesitzer gegangen, einem Revisor, der im Erdgeschoß wohnt, und habe ihn gefragt, ob er mir vielleicht sagen könnte, was aus der Liga der Rotschöpfe geworden ist. Er sagte, er hätte nie von einer solchen Körperschaft gehört. Dann habe ich ihn gefragt, wer Mr. Duncan Ross ist. Er hat geantwortet, der Name sei ihm neu.

      ›Na‹, sage ich, ›der Gentleman in Nummer 4.‹

      ›Was, der Rotschopf?‹

      ›Ja.‹

      ›Oh‹, sagt er, ›sein Name war William Morris. Er ist Anwalt und hat meine Räumlichkeiten vorübergehend benutzt, bis seine neue Kanzlei fertig ist. Er ist gestern ausgezogen.‹

      ›Wo könnte ich ihn finden?‹

      ›Na, in seinem neuen Büro. Er hat mir die Anschrift genannt. Ja, 17 King Edward Street, nahe St. Paul's.‹

      Ich bin sofort aufgebrochen, Mr. Holmes, aber als ich zu dieser Adresse kam, war es eine Manufaktur für künstliche Kniescheiben, und niemand dort hatte je weder von Mr. William Morris noch von Mr. Duncan Ross gehört.«

      »Und was haben Sie dann getan?« fragte Holmes.

      »Ich bin heimgegangen, zum Saxe-Coburg Square, und habe den Rat meines Assistenten eingeholt. Aber er konnte mir in keiner Weise helfen. Er konnte nur sagen, ich würde postalisch etwas hören, wenn ich nur Geduld hätte. Aber das war mir nicht genug, Mr. Holmes. Ich wollte eine so gute Stellung nicht kampflos aufgeben, und deshalb bin ich sofort zu Ihnen gekommen, weil ich gehört habe, daß Sie so gut sind, armen Leuten, die sie brauchen, Ratschläge zu geben.«

      »Das war ein sehr kluger Entschluß von Ihnen«, sagte Holmes. »Ihr Fall ist über alle Maßen bemerkenswert, und es ist mir ein Vergnügen, mich damit zu befassen. Nach dem, was Sie mir erzählt haben, halte ich es für möglich, daß ernstere Dinge daran hängen, als man auf den ersten Blick denken könnte.«

      »Ziemlich ernst«, sagte Jabez Wilson. »Ich habe nämlich vier Pfund die Woche verloren.«

      »Soweit Sie persönlich betroffen sind«, meinte Holmes, »sehe ich für Sie keinen Grund, sich über diese außergewöhnliche Liga zu beklagen. Im Gegenteil – wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Sie um etwa dreißig Pfund reicher geworden, ganz zu schweigen von den eingehenden Kenntnissen, die Ihnen über alle mit A beginnenden Themen zuteil geworden sind. Sie haben durch die Liga keinen Verlust erlitten.«

      »Nein, Sir. Aber ich möchte herausbekommen, wer sie sind und welches Ziel sie hatten, als sie mir diesen Streich gespielt haben – wenn es ein Streich war. Für sie war es ein ziemlich teurer Spaß, er hat sie nämlich zweiunddreißig Pfund gekostet.«

      »Wir werden versuchen, diese Fragen für Sie zu klären. Zunächst eine oder zwei Fragen dazu. Ihr Assistent, der Sie überhaupt erst auf die Anzeige aufmerksam gemacht hat – wie lange war er da bei Ihnen gewesen?«

      »Damals ungefähr einen Monat.«

      »Wie ist er zu Ihnen gekommen?«

      »Auf eine Annonce hin.«

      »War er der einzige Bewerber?«

      »Nein, ich hatte ein Dutzend.«

      »Warum haben Sie ihn genommen?«

      »Weil er sehr geschickt war, und außerdem billig.«

      »Er wollte nur den halben Lohn, nicht wahr?«

      »Ja.«

      »Erzählen Sie mir etwas über diesen Vincent Spaulding.«

      »Er ist klein, stämmig, in allem sehr schnell, hat kein Haar im Gesicht, obwohl er nicht viel unter dreißig sein kann. Er hat ein weißes Säuremal auf der Stirn.«

      Mit beträchtlicher Erregung richtete sich Holmes in seinem Sessel auf.

      »Das hatte ich fast erwartet«, sagte er. »Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, ob seine Ohren wie für Ohrringe durchbohrt sind?«

      »Ja, Sir. Er hat mir erzählt, daß ein Zigeuner das gemacht hat, als er noch ein Junge war.«

      »Hmmm«, machte Holmes; gedankenschwer ließ er sich wieder in den Sessel sinken. »Er ist noch immer bei Ihnen?«

      »O ja, Sir; ich habe ihn eben erst verlassen.«

      »Und hat er sich während Ihrer Abwesenheit um Ihr Geschäft gekümmert?«

      »Kein Grund zur Klage, Sir. Vormittags ist da aber nie sehr viel zu tun.«

      »Das hilft mir schon weiter, Mr. Wilson. Es wird mir ein Vergnügen sein, Ihnen innerhalb von einem Tag oder zweien ein Gutachten zu diesem Problem geben zu können. Heute ist Samstag, und ich hoffe, daß wir bis Montag zu einem Schluß gelangt sind.«

      »Nun, Watson«, sagte Holmes, als unser Besucher uns verlassen hatte, »was halten Sie von der Sache?«

      »Ich kann nichts damit anfangen«, antwortete ich freimütig. »Das ist eine ganz mysteriöse Geschichte.«

      »In der Regel«, sagte Holmes, »stellt sich eine Sache, je bizarrer sie zu sein scheint, als desto weniger rätselhaft heraus. Es sind die gewöhnlichen Verbrechen ohne auffällige Züge, die am schwierigsten zu lösen sind, genau so, wie ein gewöhnliches Gesicht am schwierigsten zu identifizieren ist. Aber diese Sache muß ich unverzüglich in Angriff nehmen.«

      »Was wollen Sie denn machen?« fragte ich.

      »Rauchen«, erwiderte er. »Dies ist durchaus ein Drei-Pfeifen-Problem, und ich bitte Sie, die nächsten fünfzig Minuten nicht mit mir zu sprechen.« Er rollte sich in seinem Sessel zusammen, zog die dürren Knie bis zur Falkennase empor und blieb so sitzen, mit geschlossenen Augen, und die schwarze Tonpfeife ragte wie der Schnabel eines seltsamen Vogels hervor. Ich war zu dem Schluß gekommen, daß er eingeschlafen sein mußte, und begann eben selbst einzunicken, als er jäh aus seinem Sessel aufsprang, mit der Miene eines Mannes, der einen Entschluß gefaßt hat; er legte seine Pfeife auf den Kaminsims.

      »Sarasate spielt heute nachmittag12 in der St. James' Hall«, bemerkte er. »Was meinen Sie, Watson? Können Ihre Patienten Sie ein paar Stunden entbehren?«

      »Ich habe heute nichts zu tun. Meine


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