Nikolas Nickleby. Charles Dickens

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Nikolas Nickleby - Charles Dickens


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und macht es finster aussehen wie das eines schrecklichen, abscheulichen, verteufelten kleinen Kobolds.«

      »Auf diese Weise wirst du mich nicht besänftigen«, schmollte Madame. »Den ganzen Abend hast du ihr den Hof gemacht.«

      »Aber geh, Schätzchen. Was sprichst du da!«

      »Ja, sage ich dir. Ich will nicht, daß du mit andern tanzst. Lieber nehme ich Gift.«

      »Ach, Schätzchen wird kein Gift nehmen und sich dadurch schreckliche Schmerzen bereiten«, säuselte Mantalini, offenbar sehr gelangweilt. »Schon deshalb nicht, weil sie einen verteufelt schönen Mann hat, der zwei Gräfinnen hätte heiraten können, und eine Witwe –«

      »Zwei Gräfinnen? Du sprachst doch früher nur von einer.«

      »Zwei«, beteuerte Mantalini, »zwei verteufelt schöne Damen. Wirkliche Gräfinnen und immens reich.«

      »Warum hast du sie denn nicht geheiratet?« fragte Madame schnippisch.

      »Warum nicht? Weil ich bei einer gewissen Matinee die verteufelt süßeste kleine Zauberin gesehen habe, gegen die alle Gräfinnen und Witwen in England –« Mr. Mantalini beendete seinen Satz nicht, sondern gab Madame einen schallenden Schmatz. Dann schienen noch mehrere Küsse von Zeit zu Zeit das Geschäft des Frühstücks zu unterbrechen.

      »Und wie sieht es in der Kasse aus, du Juwel meines Daseins?« fragte Mantalini nach einer Weile. »Über wieviel haben wir zu verfügen?«

      »Leider nur über sehr wenig«, seufzte Madame.

      »So müssen wir uns irgendwie Geld beschaffen«, rief Mr. Mantalini, »der alte Nickleby muß uns wieder einen Vorschuß geben, damit wir uns durchschlagen können.«

      »Du kannst aber doch nicht schon wieder Geld brauchen?«

      »Mein Leben und meine Seele, bei Serrubbs steht ein Pferd zu Verkauf – rein umsonst. Es wäre direkt eine Sünde, eine solche Gelegenheit auszulassen. Rein umsonst. Lumpige hundert Guineen! Stell dir vor, wenn ich damit grade vor dem Wagen der verschmähten Gräfinnen durch den Hydepark reite, sie werden vor Schmerz und Wut in Ohnmacht fallen. ›Er ist unsern Liebesnetzen entwischt. Verteufelte Sache das.‹ Sie werden sich gegenseitig teufelsmäßig hassen und dich tot und begraben wünschen. Ha, ha, verteufelt.«

      Madame Mantalinis Klugheit, wenn sie überhaupt welche besaß, hielt nicht stand gegenüber solchen in Aussicht gestellten Triumphen. Sie klimperte ein wenig mit den Schlüsseln und erklärte, in der Kasse nachsehen zu wollen. Zu diesem Zweck öffnete sie die Flügeltüre und trat in das Zimmer, in dem Kate saß.

      »Himmel!« rief sie und prallte überrascht zurück. »Wieso sind Sie hier, liebes Kind?«

      »Kind!« rief auch Mr. Mantalini und eilte rasch herbei.

      »Wieso sind Sie–eh–oh–zum Teufel. – Wie geht es Ihnen?«

      »Ich warte hier schon einige Zeit, Madame«, erklärte Kate der Putzmacherin. »Vermutlich hat der Bediente vergessen, Ihnen zu melden, daß ich hier bin.«

      »Du mußt wirklich diesen Burschen einmal beim Schopf nehmen!« sagte Madame zu ihrem Gatten.

      »Ich will ihm seine verteufelte Nase aus dem Gesicht reißen, weil er ein so entzückendes Wesen so ganz allein hier läßt.« »Mantalini!« verwies Madame. »Du vergissest dich!«

      »Ich vergesse dich nicht, mein Schatz, und kann und werde dich auch nie vergessen«, beteuerte Mantalini, küßte seiner Gattin die Hand und blinzelte zugleich Kate zu, die sich jedoch verächtlich abwandte.

      Durch diese Schmeichelei beschwichtigt, nahm Madame Mantalini ein paar Banknoten aus ihrem Schreibpult und händigte sie ihrem Gatten ein, der sie mit großem Entzücken entgegennahm. Dann forderte sie Kate auf, ihr zu folgen, und führte sie eine Treppenflucht hinunter und über einen Gang in ein großes Hinterzimmer, in dem eine Anzahl junger Mädchen mit Nähen, Zuschneiden, Umändern und verschiedenen andern ähnlichen Verrichtungen beschäftigt war. Es war ein langes schmales Zimmer, in das durch eine Öffnung in der Decke Licht hereinfiel, und so düster und unbehaglich wie nur irgend möglich.

      Dienstbeflissen eilte sofort Miss Knag, eine kleine, geschäftige, wichtigtuende, aufgedonnerte Person herbei, während die Nähterinnen einen Augenblick in ihrer Beschäftigung innehielten und einander kritische Bemerkungen über den Schnitt und Stoff von Kates Kleid zuflüsterten.

      »Miss Knag, hier ist das junge Mädchen, von dem ich bereits mit Ihnen gesprochen hatte«, begann Madame Mantalini.

      Miss Knag antwortete mit einem verbindlichen Lächeln, das sie Kate gegenüber geschickt in ein herablassendes umzuwandeln wußte, und erklärte dann, daß man zwar mit jungen Mädchen, die an das Geschäft noch nicht gewöhnt seien, anfangs viel Mühe habe, aber sie sei überzeugt, daß Kate sich nach Kräften anstellig erweisen werde.

      »Ich denke, es wird vorderhand am besten sein, wenn Miss Nickleby mit Ihnen in das Ankleidezimmer geht und den Kundschaften beim Anprobieren hilft«, meinte Madame Mantalini.

      »Sie wird sich jetzt noch in keiner anderen Weise nützlich machen können, und ihr Äußeres –«

      »Harmoniert ausgezeichnet mit dem meinigen, Madame«, fiel Miss Knag ein. »Nur ist mein Teint etwas dunkler als der ihrige, und, hem, ich glaube, mein Fuß wird auch ein wenig kleiner sein. Gewiß. Miss Nickleby wird mir nicht übelnehmen, daß ich so spreche, wenn sie hört, daß unsere Familie von jeher wegen ihrer kleinen Füße berühmt war, seit – hem – seit, glaube ich, unsere Familie überhaupt Füße besaß. Ich hatte einmal einen Onkel, Madame Mantalini, der in Cheltenham wohnte und eine sehr ausgedehnte Tabakfabrik besaß, hem. Er hatte so winzig kleine Füße, wie man sie gewöhnlich an hölzernen Beinen anbringt, hem. Füße von so wunderschönem Ebenmaß, Madame, wie Sie sich sie nur denken können.«

      »Dann mögen sie wohl einige Ähnlichkeiten mit Klumpfüßen gehabt haben, Miss Knag«, witzelte Madame.

      »Kostbar! Nein kostbar! Das sieht Ihnen wieder ganz gleich«, schmeichelte Miss Knag. »Ha, ha, ha, Klumpfüße, köstlich, wie oft habe ich zu den jungen Mädchen schon gesagt, die treffendsten Witze, hem, die ich je gehört habe – und ich habe viel gehört, denn als mein Bruder noch lebte, hatten wir jede Woche zwei oder drei junge Herren beim Abendessen, die wegen ihres Witzes allgemein bekannt waren, Madame –, die treffendsten Witze, sage ich den jungen Mädchen immer, die ich je gehört habe, macht Madame Mantalini. Sie sind so sarkastisch und dabei doch nie beleidigend, daß es mir, wie ich erst diesen Morgen noch zu Miss Simmonds sagte, ein wahres Rätsel ist, woher Sie sie nur so aus dem Ärmel schütteln können.«

      Atemlos hielt Miss Knag inne.

      »Ich bitte also Sorge zu tragen, daß Miss Nickleby ihr Ressort genau kennenlernt«, kam Madame Mantalini einem neuerlich drohenden Redeschwall zuvor. »Ich übergebe sie jetzt Ihrer Obhut, Miss Knag. – Guten Morgen.«

      »Eine bezaubernde Dame, nicht wahr, Miss Nickleby!« wendete sich Miss Knag, sich die Hände reibend, jetzt an Kate.

      »Ich habe sie erst ein paarmal flüchtig gesehen«, wich Kate einer ausführlichen Antwort aus.

      »Mr. Mantalini kennen Sie doch auch?«

      »Ja, ich bin ihm schon zweimal begegnet.«

      »Ist er nicht ein entzückender Mann?«

      »Nun, er ist mir nicht gerade so vorgekommen«, versetzte Kate.

      »Nicht?« rief Miss Knag und schlug erstaunt die Hände zusammen. »Barmherziger Himmel, ja, was haben Sie denn für einen Geschmack? So ein schöner, schlanker, vornehm aussehender Herr! Und diese Haare! Diese Zähne, der Bart! Hem. Nein, Sie setzen mich wirklich in Erstaunen.«

      »Ich gebe gerne zu, daß ich recht töricht bin, aber da meine Ansicht weder für ihn noch jemand anders einen besonderen Wert hat, so bedaure ich nicht, sie mir gebildet zu haben, wie ich auch nicht glaube, daß ich sie so schnell ändern werde.«

      Nach einem kurzen Schweigen, während dessen Kate ihren


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