Der belogene Patient. Falk Stirkat

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Der belogene Patient - Falk Stirkat


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haben als simple Fakten.

      Sinn und Zweck unseres Buches ist es also, Ihnen, lieber Leser, studienbasierte Informationen an die Hand zu geben, die Ihnen helfen sollen, sich in der komplexen Welt der Medizin besser zurechtzufinden und nicht auf Heilsversprechen von drittklassigen Wunderheilern hereinzufallen. Dabei ersetzen die nächsten Seiten natürlich auf keinen Fall einen Arztbesuch! Wir möchten aber darauf hinweisen, dass es deutlich besser ist, sich in die Obhut eines wissenschaftlich arbeitenden Mediziners zu begeben, als sich im netten Ambiente einer alternativen Praxis Lügen und Falschinformationen einimpfen zu lassen (ja, einimpfen, das Wort ist bewusst gewählt).

      Medizin wird auch heute noch in vielen Bereichen deutlich zu erfahrungsbasiert betrieben. Das heißt, es werden manche Therapien in die Wege geleitet oder bestimmte diagnostische Maßnahmen angeordnet, einfach weil das schon immer so gemacht wurde. Mit dieser Herangehensweise wollen wir nun endgültig aufräumen, wollen Ihnen zeigen, was gesichert ist und welche Therapien eigentlich schon seit Jahren nicht mehr durchgeführt werden sollten. Wussten Sie zum Beispiel, dass die »altbewährte« Schmerzspritze gar nicht mehr gegeben werden dürfte, ja, dass Berufsvereinigungen explizit vor ihr warnen? Um Ihnen hier die bestmöglichen Antworten zu geben, haben wir unzählige Publikationen durchforstet und alles, was als gesetzt gilt, auf den Prüfstand gestellt. Dabei kamen auch wir zu überraschenden Erkenntnissen. Wir zeigen Ihnen auf den nächsten Seiten, dass der alte Satz »Wer heilt, hat recht« nicht nur falsch, sondern sogar brandgefährlich ist.

      Medizin ist ein Fach, bei dem heute das Wissen von gestern schon veraltet sein kann. Wir müssen daher mit größter Vorsicht an Altbewährtes herangehen und uns täglich fragen, ob unser Wissen noch auf dem neuesten Stand ist. Für medizinische Laien ist das ganz und gar unmöglich. Sie vertrauen auf die in Deutschland in der Regel außerordentlich hohe Kompetenz des ärztlichen Fachpersonals. Allerdings nimmt dieses Vertrauen ab und Menschen wenden sich Wunderheilern, Alternativmedizinern, Heilpraktikern und Homöopathen zu – ein besorgniserregender Trend. Denn tatsächlich ist es wirklich schwer und hochgradig aufwendig, Dinge zu hinterfragen, die sich im öffentlichen Bewusstsein etabliert haben – und seien sie noch so falsch.

      Ein Beispiel: Im Jahr 2018 wurde ein Rote-Hand-Brief (Warnung vor bisher unbekannten Nebenwirkungen) über das Medikament Hydrochlorothiazid, kurz HCT, herausgegeben. Der Wirkstoff wurde über Jahrzehnte erfolgreich bei Bluthochdruck und Herzschwäche angewandt und stand nun im Verdacht, weißen Hautkrebs zu begünstigen. Die Empfehlungen waren klar: Das Medikament sollte, wo möglich, durch Alternativen ersetzt werden. Aber noch heute sieht man viele Patienten, die mit HCT therapiert werden.

      Aber natürlich ist auch das Wissen in diesem Buch nicht in Stein gemeißelt. Denn in der Naturwissenschaft ändert sich die Fakten- und Erkenntnislage manchmal. Das ist erlaubt und sogar gut. Denn nur so ist, im Vergleich zu dogmatischen Theorien wie beispielsweise der Homöopathie, Fortschritt möglich. Wir können also heute nur schreiben, was wir heute wissen! Wir haben uns mit etlichen Experten und Fachleuten unterhalten, sodass es uns möglich war, einen breiten Überblick nicht nur der Literatur, sondern auch der angewandten Spitzenmedizin zu bekommen.

      Am Ende eines jeden Kapitels räumen wir mit einer Volksweisheit auf, die viele Menschen als gegeben hinnehmen, die aber wissenschaftlich nicht haltbar ist. Und welche böte sich an dieser Stelle besser an als die Folgende?

      Falk Stirkat, Lars Bräuer

      

Info

      MYTHOS 1: WER HEILT, HAT RECHT!

      Der schlimmste und gefährlichste aller medizinischen Mythen, den man so gut wie überall hört und über dessen wahre Bedeutung kaum jemand wirklich nachdenkt. Denn oft ist es eben nicht der (Alternativ-)Mediziner, der heilt, und oft werden Korrelation und Kausalität (siehe >) auf gefährliche Art und Weise verwechselt. Selbst gebildete Menschen argumentieren nicht selten mit dieser völlig skurrilen und absurden Aussage. Die Gründe für die vorgebrachte Abneigung gegen das pauschale Totschlagargument jedweder medizinischen Diskussion sind vielseitig. Zum einen ist der Satz faktisch einfach falsch, zum anderen fehlt ihm jede Definition von »heilen« wie auch von »recht haben«. Das mag alles sehr theoretisch klingen, birgt aber in der täglichen Praxis unkalkulierbare Risiken. So wird ein Patient glauben, dass ein Antibiotikum seinen viralen Infekt geheilt hat, weil es ihm drei Tage nach der Antibiotikagabe wieder besser ging. Der Arzt vermag diesem Irrglauben ebenso aufzusitzen, weshalb er beim nächsten Patienten erneut zum falschen Medikament greift. Wer heilt, hat recht? Nein! Ein anderes Beispiel: Der Patient, erkrankt an einer selbstlimitierenden leichten Krankheit, also einer Krankheit, die auch ohne jegliche Therapie ausheilt, glaubt, die »Therapie« mit homöopathischen Mittelchen hätte sein Leiden gelindert, ja sogar geheilt. Derselbe Patient greift dann im Falle einer wirklich schweren Krankheit wieder zum homöopathischen Mittel – und stirbt. Nimmt man das allgegenwärtige Credo der immerwährenden Nichtzweifler ernst, dann führt das dazu, dass statistische Erhebungen ignoriert und individuelle Erfahrungen überhöht wahrgenommen werden. Die größte Gefahr für den Arzt ist aber die Überschätzung der eigenen Erfahrung auf Kosten großer, statistischer Erhebungen. »Wer heilt, hat recht« lädt genau dazu ein.

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      Die Pandemie der Scharlatane

      Was lernen wir von Corona?

      Im Februar des Jahres 2020 veröffentlichten wir auf unserem YouTube Kanal mehrere Videos über die Harmlosigkeit eines aus China kommenden Virus und stellten öffentlich die Frage, wie es zu einer derartigen Massenhysterie kommen konnte. Drei Wochen später war unsere Meinung eine völlig andere – wir hatten uns ausführlich mit der wissenschaftlichen Literatur beschäftigt, die ein düsteres Bild der Zukunft zeichnete. Gerade als Familienväter bekamen wir es mit der Angst zu tun. Was rollte hier auf uns zu? In dieser Zeit war ein deutscher Wissenschaftler eine besondere Hilfe: Prof. Dr. Christian Drosten. Sein Podcast versorgte uns mit den neuesten Informationen über wissenschaftliche Publikationen und das rasant anwachsende Wissen zum Thema Coronavirus. Selbst für uns, einen Universitätsprofessor und einen routinierten Kliniker, also zwei Menschen, die sich mit dem Thema Infektionskrankheiten durchaus auskennen, war es zu jener Zeit unmöglich, die komplexe Welt des Virus zu verstehen und in die Praxis zu übersetzen. Diese Aufgabe übernahm der Professor für uns und wir sind ihm dafür enorm dankbar. Wie aber kann es sein, dass Laien plötzlich der Meinung sind, Dinge zu verstehen, bei denen selbst medizinische Profis mit äußerster Zurückhaltung agieren und auf die eigene fehlende Expertise hinweisen? Plötzlich waren irgendwelche C-Promis öfter in den Medien vertreten als je zuvor und führten eine Hetzkampagne gegen einen der renommiertesten deutschen Virologen. Und das Schlimme daran war: Derartige Vollkatastrophen schossen plötzlich überall aus dem Boden und erzählten den Menschen nicht das, was passierte, sondern das, was diese hören wollten.

      WAS BISHER GESCHAH …

      Bedenkt man rückwirkend, wie alles begann, dann fragt man sich zwangsläufig, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, früher zu reagieren, sensibler mit den verschiedenen Hinweisen umzugehen. Stattdessen machten wir noch im späten Januar des Jahres 2020 unsere Späße. Man schoss ein Selfie mit einer Flasche des mexikanischen Biers »Corona« und postete die flachsige Beschwerde, niemand verstünde den eigenen Humor. Aber wie sollten wir sie auch verstehen, die Hinweise? Wir waren in Friedenszeiten aufgewachsen. In Europa, einem Kontinent, auf dem sich alles immer nur nach vorne zu entwickeln schien. Größer, lauter, besser, billiger … Bis auf ein paar Jugendliche, die uns vor einer Gefahr warnten, die vielleicht irgendwann auf uns zukommen könnte, und dafür freitags die Schule schwänzten, war unsere Generation nie mit wirklichen Problemen konfrontiert – zumindest nicht mit solchen. Wobei wir im Nachhinein oft denken, dass wir es vielleicht doch hätten ahnen können.

      Wir erkannten die Warnungen also nicht und stellten uns viel zu oft die Frage, wieso man denn um eine Erkrankung mit einer derart niedrigen Fallsterblichkeit so viel Aufhebens machte, wo doch jährlich viel mehr Menschen an Grippe


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