Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare

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Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) - William Shakespeare


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Gehorsams zertrümmern. Ich möchte mein Leben für ihn zum Pfande setzen, daß er dies geschrieben hat, um meine Ergebenheit gegen Euch, Mylord, auf die Probe zu stellen, ohne eine gefährliche Absicht.

      GLOSTER

       Meinst du?

      EDMUND

       Wenns Eur Gnaden genehm ist, stell ich Euch an einen Ort, wo Ihr uns darüber reden hören und Euch durch das Zeugnis Eures eignen Ohrs Gewißheit verschaffen sollt, und das ohne Verzug, noch diesen Abend.

      GLOSTER

       Er kann nicht solch ein Ungeheuer sein -

      EDMUND

       Und ists gewiß nicht.

      GLOSTER

       - gegen seinen Vater, der ihn so ganz, so zärtlich liebt! Himmel und Erde! Edmund, such ihn, forsche mir ihn aus, ich bitte dich; führe das Geschäft nach deiner eigenen Klugheit; ich würde alles dafür hingeben, die gehörige Klarheit zu gewinnen.

      EDMUND

       Ich will ihn sogleich suchen, Mylord, die Sache fördern, wie ichs vermag, und Euch von allem Nachricht geben.

      GLOSTER

       Jene letzten Verfinsterungen an Sonne und Mond weissagen uns nichts Gutes. Mag die Wissenschaft von der Natur sie so oder anders auslegen, die Natur selbst fühlt sich geschlagen von den Wirkungen, die ihnen folgen: Liebe erkaltet, Freundschaft fällt ab, Brüder entzweien sich; in Städten Meuterei, auf dem Lande Zwietracht, in Palästen Verrat; das Band zwischen Sohn und Vater zerrissen. Dieser mein elender Bursche bestätigt die Vorzeichen: da ist Sohn gegen Vater. Der König weicht aus dem Gleise der Natur: da ist Vater gegen Kind. Wir haben das Beste unsrer Zeit gesehn: Ränke, Herzlosigkeit, Verrat und alle zerstörenden Umwälzungen folgen uns rastlos bis an unser Grab. Erforsche mir den Buben, Edmund, es soll dein Schade nicht sein; tu's mit allem Eifer. Und der edle Kent mit seinem treuen Herzen verbannt! Sein Verbrechen: Redlichkeit! - Seltsam, seltsam!

       Geht ab.

      EDMUND

       Das ist die tollste Narrheit dieser Welt: Geht es einmal schlecht mit unserm Glück - oft, weil wirs zu weit getrieben haben in unsrer Lebensführung, schieben wir die Schuld an unsern Desastern auf Sonne, Mond und Sterne, als wenn wir Schurken wären durch Notwendigkeit, Narren durch himmlische Einwirkung, Schelme, Diebe und Verräter durch die Übermacht der Sphären, Trunkenbolde, Lügner und Ehebrecher durch zwingende Abhängigkeit von planetarischem Einfluß, und alles, worin wir schlecht sind, durch göttlichen Anstoß. Eine herrliche Ausflucht für den Liederlichen, seine hitzige Natur den Sternen zur Last zu legen! - Mein Vater ward mit meiner Mutter einig unterm Drachenschwanz, und meine Nativität fiel unter ursa major; und so folgt denn, ich müsse rauh und verbuhlt sein. Ei was, ich wäre geworden, was ich bin, wenn auch der jungfräulichste Stern am Firmament auf meinen Bastardsursprung geblinkt hätte. [Edgar ] -

       Edgar tritt auf. Und husch ist er da, wie der Schluß in der alten Komödie. Mein Stichwort ist »spitzbübische Melancholie« und ein Seufzer wie Tom aus Bedlam. - Oh, diese Verfinsterungen deuten auf diesen Zwiespalt! Fa, sol, la, mi -

      EDGAR

       Wie gehts, Bruder Edmund? In was für tiefsinnigen Betrachtungen?

      EDMUND

       Ich sinne, Bruder, über eine Weissagung, die ich dieser Tage las, was auf diese Verfinsterungen folgen werde!

      EDGAR

       Gibst du dich mit solchen Dingen ab?

      EDMUND

       Ich versichere dich, die Wirkungen, von denen er schreibt, treffen leider ein! - Unnatürlichkeit zwischen Vater und Kind, Tod, Teuerung, Auflösung alter Freundschaft, Spaltung im Staat, Drohungen und Verwünschungen gegen König und Adel, grundloses Mißtrauen, Verbannung von Freunden, Auflösung des Heers, Trennung der Ehen und was noch alles!

      EDGAR

       Seit wann gehörst du zur astronomischen Sekte?

      EDMUND

       Sag mal, wann sahst du meinen Vater zuletzt?

      EDGAR

       Nun, gestern abend.

      EDMUND

       Sprachst du mit ihm?

      EDGAR

       Ja, zwei volle Stunden.

      EDMUND

       Schiedet ihr in gutem Vernehmen? Bemerktest du kein Mißfallen an ihm in Worten oder Mienen?

      EDGAR

       Durchaus nicht.

      EDMUND

       Besinne dich, womit du ihn beleidigt haben könntest, und ich bitte dich, meide seine Gegenwart, bis eine kurze Zwischenzeit die Hitze seines Zorns abgekühlt hat, der jetzt so in ihm wütet, daß ihn kaum eine Mißhandlung an deiner Person besänftigen würde.

      EDGAR

       Irgendein Schurke hat mich angeschwärzt!

      EDMUND

       Das fürcht ich auch. Ich bitte dich, weiche ihm sorgfältig aus, bis die Heftigkeit seines Ingrimms nachläßt, und, wie gesagt, verbirg dich bei mir in meinem Zimmer, wo ichs einrichten will, daß du den Grafen reden hören sollst. Ich bitte dich, geh, hier ist mein Schlüssel! Wagst du dich hervor, so geh bewaffnet.

      EDGAR

       Bewaffnet, Bruder?

      EDMUND

       Bruder, ich rate dir dein Bestes: Geh bewaffnet! Ich will nicht ehrlich sein, wenn man Gutes gegen dich im Schilde führt. Ich habe dir nur schwach angedeutet, was ich sah und hörte; längst noch nicht, wie entsetzlich die Wirklichkeit ist. Bitte dich, fort!

      EDGAR

       Werd ich bald von dir hören?

      EDMUND

       Zähle auf mich in dieser Sache.

       Edgar geht ab. Ein gläubger Vater und ein edler Bruder, So fern von allem Unrecht, daß er nie Argwohn gekannt, des dumme Ehrlichkeit Mir leichtes Spiel gewährt! Ich seh den Ausgang: Wenn nicht Geburt, schafft Güter mir die List; Mir gilt für gut, was dazu nützlich ist. Er geht ab.

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      DRITTE SZENE

       Inhaltsverzeichnis

       Ein Zimmer in [Vor ] dem Palast des Herzogs von Albany

       Goneril und Oswald, ihr Haushofmeister.

      GONERIL

       Hat mein Vater einen meiner Edlen geschlagen, weil er seinen Narren schalt?

      HAUSHOFMEISTER

       Ja, gnädige Frau!

      GONERIL

       Bei Tag und Nacht kränkt er mich! Jede Stunde

       Bricht er hervor mit der und jener Grobheit,

       Die uns verstimmt und stört; ich duld es nicht!

       Frech werden seine Ritter, selber schilt er

       Um jeden Tand. Wenn er vom Jagen kommt,

       Will ich ihn jetzt nicht sehn; sagt, ich sei krank.

       Wenn Ihr in Eurem Dienst saumselger werdet,

       So tut Ihr recht; die Schuld nehm ich auf mich.

       [Trompeten. ]

      HAUSHOFMEISTER

       Jetzt kommt er, gnädge Frau, ich hör ihn schon.

       Hörner hinter der Szene.

      GONERIL

      


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