Zauberwalzer. Barbara Cartland
Читать онлайн книгу.England und Frankreich.«
»Das verstehe ich.«
»Nun, leider versucht der Zar, aus Polen ein Land unter seiner Vorherrschaft zu machen. Sowohl Österreich als auch England können dem nicht zustimmen, ebenso wenig Frankreich. Der Zar jedoch ist ein schwieriger Mann - manchmal ein naiver Idealist, manchmal aber auch äußerst verschlagen und berechnend. Ich muß immer rechtzeitig und, wenn möglich, früher als alle anderen darüber unterrichtet sein, was meine Gegner planen. Habe ich mich so weit klar ausgedrückt?«
»Ja.«
»Am leichtesten erfährt man natürlich die Pläne seines Gegners von seinen Freunden, aber noch besser von den Frauen, denen er vertraut.«
»Und dabei soll ich Ihnen helfen?« Elisabeth sagte dies ganz nüchtern.
»Genau. Sie sind neu in Wien. Sie sind schön, niemand kennt Sie. Ideal für meine Zwecke.«
»Aber was ist...«, Elisabeth zögerte kurz, bevor sie es aussprach, »was ist, wenn ich dem Zaren nicht gefalle?«
»Das müssen wir abwarten. Der Zar hat eine große Schwäche für schöne Frauen, aber Sie brauchen sich nicht vor ihm zu fürchten. Verzeihen Sie meine Offenheit, aber es ist wirklich besser, wenn Sie darüber Bescheid wissen. Er hat eine Geliebte, Madame Marie Narischkin, die jedoch aus Gründen der Diskretion und wegen der Anwesenheit der Zarin in Wien in einem Dorf der Umgebung wohnt. Madame Narischkin muß einen ungewöhnlichen Einfluß auf ihn haben. Obwohl sie häufig andere Liebhaber hat, erwartet sie von ihm unbedingte Treue, und meine Informanten berichten, daß er sich peinlich genau an diese Forderung hält. Er mag Frauen, er macht ihnen den Hof, aber das ist auch schon alles - wenn Sie mich richtig verstehen.«
»Ich verstehe sehr gut. Wie werde ich dem Zaren begegnen?«
»Das läßt sich arrangieren«, erwiderte der Fürst. »Sie müssen nur die Gelegenheit ergreifen, wenn sie sich bietet. Und dann brauchen Sie nur noch zuzuhören. Jeder Mann redet, egal ob Kaiser oder Diener, Fürst oder Bettler. Alles, was sie brauchen, ist ein Zeichen der Ermutigung von der Frau, die sie versteht.«
»Und danach?«
»Sie erzählen mir alles, was gesagt wurde. Aber wir müssen uns in dieser Angelegenheit sehr in acht nehmen. Nichts bleibt geheim in Wien, sogar die Wände haben Ohren. Niemand darf auch nur ahnen, um was es Ihnen bei einem Flirt mit dem Zaren wirklich geht.«
»Ich verstehe.«
»Gut. Sie kennen mich nicht, wir stehen in keinerlei Verbindung, und wir haben uns noch nie gesehen. Sie werden bei einer über jeden Verdacht erhabenen Person wohnen, die Sie in die exklusivsten Zirkel einführen wird. Man wird Sie als die Tochter Ihrer Mutter vorstellen. Nur wenige Leute wissen, daß ich und Charlotte vor vielen Jahren befreundet waren. Es darf niemand auch nur ahnen, daß wir Bekannte sind.«
»Ich werde Sie aber wiedersehen, nicht wahr?«
»Sie werden mich sogar sehr oft sehen«, sagte der Fürst lächelnd, »und zwar sowohl in der Öffentlichkeit als auch privat, das letztere jedoch nur unter Wahrung von äußerster Diskretion. Sind Sie bereit, sich darauf einzulassen, Elisabeth?«
»Ich würde alles für Sie tun. Meine Mutter hat viel von Ihnen gesprochen und mir erzählt, was für ein wunderbarer Mensch Sie sind. Von ihr weiß ich, wieviel Europa und Österreich Ihnen zu verdanken haben.«
Der Fürst lächelte geschmeichelt.
»Wenn Sie lang genug in Wien sind, können Sie auch ganz andere Geschichten über mich zu hören bekommen. Lord Castlereagh beispielsweise nennt mich einen politischen Hanswurst.«
»Wie kann er es nur wagen?«
»Er darf genauso seine Meinung haben wie Sie. Aber überlegen Sie es sich noch einmal gut. Ich könnte es sehr wohl verstehen, wenn Sie sich lieber nicht in so gefährliche Angelegenheiten einmischen möchten. Ich würde es trotzdem so einrichten, daß Sie in Wien bleiben können, um die großen Bälle zu besuchen.«
Elisabeth erhob sich und legte bekräftigend ihre Hand auf die des Fürsten.
»Ich glaube, Sie verstehen mich nicht ganz. Als ich Ihnen sagte, ich liebe mein Vaterland, war das mein völliger Ernst. Ich bin bereit, für mein Land zu sterben, wenn dies nötig sein sollte. Wenn ich ihm jedoch auf andere Weise dienen kann, dann macht es mich stolz, dazu auserwählt zu sein.«
Der Fürst ergriff ihre kleine Hand. Er sah, daß auf ihren Wangen das Feuer der Entschlossenheit brannte.
»Ich bin stolz auf Sie. Aber jetzt müssen Sie gehen. Es wäre unklug, wenn man Ihre Kutsche allzu lange vor meiner Tür stehen sieht. Sagen Sie allen, daß Sie versucht hätten, empfangen zu werden, daß es aber unmöglich gewesen sei. Fahren Sie von hier aus zur Baronin von Waluzen. Sie ist eine entfernte Verwandte meiner Frau und absolut vertrauenswürdig. Aber selbst ihr sollten Sie so wenig wie möglich von Ihrem Besuch bei mir verraten. Ich werde noch darüber nachdenken, wie ich mit Ihnen in Verbindung treten kann. Als allererstes sollten Sie sich erst einmal ausruhen, damit Sie für den Maskenball, heute abend frisch sind.«
»Ein Maskenball ?«
»Ja. Maskenbälle sind der letzte Schrei. Hier mischen sich die gekrönten Häupter, Fürsten, Adlige und Politiker unter das gemeine Volk. Jeder tanzt mit jedem. Alle tragen Kostüm und Maske. Sie werden noch von mir erfahren, in welchem Kostüm der Zar erscheint.«
»Soll ich mit ihm tanzen?«
»Sorgen Sie dafür. Eine zufällige Begegnung ist viel unverdächtiger als eine förmliche Vorstellung.«
»Ich kann kaum glauben, daß das alles wahr ist. Vielen, vielen Dank.«
Sie verbeugte sich tief und drückte einen flüchtigen Kuß auf seine Hand.
»Ich hatte so schreckliche Angst, als ich hierher kam. Angst davor, daß Sie mich abweisen würden. Und jetzt bin ich so glücklich, daß ich es kaum fassen kann.«
»Reden wir nicht mehr davon«, sagte der Fürst und sagte nach einer kleinen Pause.
»Sie sehen Ihrer Mutter nicht besonders ähnlich.«
»Genauso wenig wie meinem Vater«, erwiderte sie.
»Nein?« Es war eine Frage, aber sie verstand sie nicht.
Der Fürst ging zum Schreibtisch, setzte sich und entwarf einen kurzen Brief, den er dem Mädchen anschließend überreichte.
»Geben Sie diesen Brief der Baronin von Waluzen«, sagte er. »Sie können sicher bei ihr wohnen. Sie wird Ihnen auch alles besorgen, was Sie brauchen. Sie sollen sich in Wien nicht langweilen.«
Elisabeth lachte glücklich. Sie ergriff den Brief, wandte sich der Tür zu und wollte schon das Zimmer verlassen als ihr noch etwas einfiel.
»Können Sie mir den Anhänger wiedergeben? Er hat meiner Mutter gehört.«
»Aber natürlich.« Der Fürst zog ihn aus seiner Tasche und überreichte ihn ihr.
»Meine Mutter bat mich, ihn immer aufzubewahren. Sie hat ihn von jemand erhalten, den sie sehr liebte.«
»Hat sie Ihnen gesagt, von wem?«
»Nein, aber ich habe es erraten.«
Blaue Augen blickten in blaue Augen.
Der Fürst verbeugte sich und küßte ihr die Hand, die den Anhänger umschloß.
»Ich bin froh, daß mich Ihre Mutter nicht vergessen hat«, sagte er mit weicher Stimme.
»Als ob das so leicht gewesen wäre«, antwortete Elisabeth lächelnd.
2
Fürstin Katharina hob beide Arme über den Kopf, rekelte sich und erhob sich dann mit einer graziösen Bewegung von dem Bett, auf dem sie gelegen hatte.
Obwohl es erst Nachmittag war, waren die Fensterläden bereits geschlossen. Das ganz in blau gehaltene