Was als Spiel begann - Ein Norwegen-Krimi. Unni Lindell

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Was als Spiel begann - Ein Norwegen-Krimi - Unni Lindell


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die unter Schock stehen, sondern einen besonderen Geruch ab. Einen Geruch, der an verfaulte Blätter erinnert. Randi Johansen setzte sich neben Maiken Blad auf den Rücksitz.

      Als der Wagen auf die Hauptstraße fuhr, rollte eine rote U-Bahn über die am Straßenrand entlangführenden Gleise. Cato Isaksen versuchte, den Wagen neben dem Zug zu halten, damit Maiken Blad nicht sehen konnte, dass die Techniker noch immer an der Stelle arbeiteten, an der einige Stunden zuvor ihre Mutter gefunden worden war. Die Wagen bildeten eine ruhige Bewegung, im Grunde war es ein einziger Eisenwagen, der auf stählernen Rädern davonfuhr.

      Alles zusammengenommen war es ein grauenhafter Beginn. Als Axel Blad eintraf, reagierte er wie die meisten Väter: Er wollte seine Tochter an sich ziehen, aber sie wich aus.

      »Fass mich nicht an«, schrie Maiken Blad und brach in hysterisches Weinen aus. »Du bist doch bestimmt froh darüber, dass sie tot ist. Jetzt kannst du diese miese Kuh sofort heiraten. Jetzt brauchst du nicht mal mehr auf die Scheidungspapiere zu warten«, schluchzte sie.

      Axel Blad, der ohnehin schon blass war, erbleichte noch mehr. Ihm standen Tränen in den Augen, als er hilflos die Arme sinken ließ. Randi Johansen und Cato Isaksen wechselten einen Blick, dann wandten sie sich Roger Høibakk zu, der gerade durch die Tür kam.

      Maiken Blad ließ sich auf ein schmales zweisitziges Sofa vor der einen Querwand sinken. Sie schluchzte stoßweise und schlug mit der Faust auf das orangefarbene Polster. Erst jetzt schien ihr wirklich aufzugehen, was passiert war. »Wo ist Mama?«, rief sie. »Wo ist sie? Ist sie im Krankenhaus oder im Leichenschauhaus? Wo ist sie? Wo?«

      Randi Johansen ging zu ihr, setzte sich und legte energisch den Arm um sie. Als Axel Blad sich einmischen wollte, führte Roger Høibakk ihn aus dem Raum und in ein auf demselben Gang gelegenes Vernehmungszimmer. Dort sank der entlaufene Ehemann des Opfers auf einen Stuhl und starrte ins Leere.

      Cato Isaksen kam herein und zog leise die Tür hinter sich zu. Er stellte ein hohes Glas Wasser auf den Tisch. Das Unbehagen hatte sich in Axel Blads Gesichtszüge eingefressen. Das Schluchzen seiner Tochter bohrte sich durch die Wand. Cato Isaksen musterte Axel Blads teure Designerschuhe und seine makellose Kleidung. Die grauen Wände des Verhörraumes rahmten den Ehemann der Ermordeten auf eine falsche Weise ein. »Ich kann nicht hier sitzen, wenn meine Tochter im Nebenzimmer kurz vor dem Zusammenbruch steht«, sagte er.

      »Doch«, sagte Cato Isaksen energisch. »Im Moment will sie nicht von Ihnen getröstet werden, und das müssen wir respektieren.«

      Axel Blad stützte die Ellbogen auf den Tisch und schlug die Hände vors Gesicht.

      Roger Høibakk zog einen Stuhl heran. Cato Isaksen blieb stehen. Nach einigen Minuten ließ Axel Blad die Hände sinken. Seine Augen waren ganz und gar trocken. »Siv Ellen und ich hatten arge Probleme«, begann er und schaute die Tischplatte an. »Wir hatten schon seit vielen Jahren nebeneinander hergelebt. Sie hatte die Musik. Ich arbeitete und arbeitete. In meinem Schuhgeschäft im Bogstadvei. Der gehört übrigens nur mir. Ich habe ihn von meiner Mutter geerbt. Für Siv Ellen war es vor allem wichtig, dass wir viel Geld hatten, wissen Sie. Dann habe ich Beth kennengelernt.«

      »Erzählen Sie von Beth«, sagte Cato Isaksen.

      »Beth Hvinden. Sie arbeitet in meinem Geschäft. Unsere Beziehung hat vor einem Jahr begonnen. Im September hat Siv Ellen das entdeckt und mich vor die Tür gesetzt. Das war mir eigentlich recht. Wir sind inzwischen zusammengezogen, Beth und ich. Bis auf weiteres haben wir ein Haus gemietet. Obwohl Siv Ellen mich vor die Tür gesetzt hatte, wurde sie hysterisch, als ich dann weg war«, sagte er leise. Er schien nicht gern über seine Situation zu reden. »Siv Ellen konnte ein wahnsinniges Temperament haben«, fügte er dann hinzu. »Und leider hat sie Maiken auf ihre Seite ziehen können«, sagte er verbittert.

      Cato Isaksen und Roger Høibakk wechselten einen Blick. Roger Høibakk dachte daran, dass Cato Isaksen etwas ganz Ähnliches erlebt hatte, als er Sigrid Velde verlassen hatte, die Mutter Georgs, um zu seiner Exfrau Bente und den beiden ältesten Söhnen zurückzukehren.

      »Um ganz ehrlich zu sein, glaube ich, dass sie mein Geld interessanter fand als mich. So war sie schon immer. Gut leben zu können, ein schönes Haus zu haben, das war ihr ungeheuer wichtig. Das wurde nach meinem Auszug natürlich schwierig.« Er fügte als Erklärung hinzu: »Siv Ellen kann sich das Haus eigentlich nicht leisten, deshalb hat sie die Kellerwohnung an eine alleinstehende Mutter vermietet. – Geld war in den letzten Jahren bei uns ein ewiges Thema«, sagte er dann. »Das Schlimmste ist, dass ihre Eltern auf meiner Seite standen, wenn man das so sagen kann. Siv Ellen war schon immer schwierig. Ich telefoniere zweimal im Monat mit ihrem Vater. Ihre Mutter liegt leider in einem Pflegeheim und ist in sehr schlechter Verfassung. Sind die beiden übrigens schon informiert worden?«

      »Das wird noch geschehen.« Cato Isaksen sah Roger Høibakk an. »Wir müssen Sie leider bitten, die Tote zu identifizieren.«

      Axel Blad schob das hohe Wasserglas hin und her. »Jetzt sofort?«, fragte er.

      »Montagvormittag«, sagte Cato Isaksen und zeigte ihm ein Polaroidfoto der Toten auf dem Boden.

      Axel Blad warf einen kurzen Blick auf das Bild, nickte und wandte sich ab.

      Die Ermittler tauschten abermals einen Blick. Beide dachten dasselbe. Warum fragte er nicht, wie sie ermordet worden war?

      Der Mann vor ihnen schien ihre Gedanken gelesen zu haben. Er setzte sich gerade. »Wie ist es passiert?«, fragte er.

      »Der vorläufige Obduktionsbericht wird hoffentlich morgen Nachmittag vorliegen«, sagte Cato Isaksen ruhig. »Aber vermutlich ist sie mit einem Messer erstochen worden.«

      »An welcher Stelle des Körpers denn?«

      »Am Hals.«

      »Das ist doch einfach absurd. Ich bin schockiert.« Axel Blad unterbrach sich für einen Moment. Er schien nicht so recht zu wissen, ob er weiterreden sollte. Dann sagte er: »Siv Ellen war ein asexueller Mensch, wenn ich das ganz offen sagen darf. Ja, es tut mir leid, es hat mit dem Fall ja eigentlich nichts zu tun, aber das war sie. Sie verlangte sogar, dass das Klavier im Schlafzimmer stand. Ihre Instrumente waren ihr wichtiger als ich.«

      Cato Isaksen musterte ihn mit größerem Interesse. Er sah für einen Moment Sigrids Gesicht vor sich. Plötzlich fiel ihm ein, dass er dasselbe über sie gedacht hatte, ehe er ausgezogen war. Der Liebesakt mit Sigrid hatte etwas Trauriges gehabt. Sie war wie ein hilfloser dünner Vogel gewesen. Cato Isaksen erinnerte sich plötzlich daran, wie ihre Verletzlichkeit am Ende zu einem verminten Gelände geworden war. Vor allem erinnerte er sich an den Tag, an dem er beschlossen hatte, sie zu verlassen. Sie hatte vor dem Fenster im senfgelben Licht gestanden und ihn schweigend angestarrt. An das alles dachte er im Laufe weniger Sekunden, weil Axel Blad die Ermordete als asexuellen Menschen bezeichnet hatte.

      Roger Høibakk rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Ich muss Sie eigentlich fragen, wo Sie gestern Abend und heute Nacht gewesen sind.« Im Nachbarraum war es jetzt still geworden. Axel Blad starrte ihn misstrauisch an. »Was passiert jetzt mit Maiken?«, fragte er besorgt.

      »Randi Johansen kümmert sich um sie«, sagte Cato Isaksen beruhigend. »So was kann sie gut. Das wird schon gut gehen.«

      »Das wird nicht gut gehen«, sagte Axel Blad leise. »Hier sitzen Sie und fragen mich, wo ich heute Nacht war, als ob ich meine Exfrau erstochen hätte.« Die Stille, die jetzt folgte, war kühl wie Eisen.

      Cato Isaksen erhob sich und ging zum Fenster. Die Samstagsstadt lag schwer und farblos hinter dem Fenster. Er starrte die Mauer eines Parkhauses an.

      »Wo waren Sie gestern Abend?«, fragte Roger Høibakk noch einmal.

      »Ich war zu Hause«, sagte Axel Blad müde und fuhr sich über das Gesicht. »Ich war allein.«

      »Und Ihre Bekannte?«

      »Die war mit Freundinnen unterwegs.«

      »Haben Sie mit irgendwem gesprochen, kann jemand Ihre Aussage bestätigen?«

      Axel Blad schüttelte


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