Faust. Der Tragödie erster Teil. Johann Wolfgang von Goethe

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Faust. Der Tragödie erster Teil - Johann Wolfgang von Goethe


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süss-bekannter Ton mich zog,

      Den Rest von kindlichem Gefühle

      Mit Anklang froher Zeit betrog,

      So fluch ich allem, was die Seele

      Mit Lock- und Gaukelwerk umspannt

      Und sie in diese Trauerhöhle

      Mit Blend- und Schmeichelkräften bannt!

      Verflucht voraus die hohe Meinung,

      Womit der Geist sich selbst umfängt!

      Verflucht das Blenden der Erscheinung,

      Die sich an unsre Sinne drängt!

      Verflucht, was uns in Träumen heuchelt,

      Des Ruhms, der Namensdauer Trug!

      Verflucht, was als Besitz uns schmeichelt,

      Als Weib und Kind, als Knecht und Pflug!

      Verflucht sei Mammon, wenn mit Schätzen

      Er uns zu kühnen Taten regt,

      Wenn er zu müssigem Ergetzen

      Die Polster uns zurechtelegt!

      Fluch sei dem Balsamsaft der Trauben!

      Fluch jener höchsten Liebeshuld!

      Fluch sei der Hoffnung! Fluch dem Glauben,

      Und Fluch vor allen der Geduld!

      geisterchor unsichtbar

      Weh! weh!

      Du hast sie zerstört,

      Die schöne Welt,

      Mit mächtiger Faust;

      Sie stürzt, sie zerfällt!

      Ein Halbgott hat sie zerschlagen!

      Wir tragen

      Die Trümmern ins Nichts hinüber

      Und klagen

      Über die verlorne Schöne.

      Mächtiger

      Der Erdensöhne,

      Prächtiger

      Baue sie wieder,

      In deinem Busen baue sie auf!

      Neuen Lebenslauf

      Beginne

      Mit hellem Sinne,

      Und neue Lieder

      Tönen darauf!

      mephistopheles

      Dies sind die Kleinen

      Von den Meinen.

      Höre, wie zu Luft und Taten

      Altklug sie raten!

      In die Welt weit,

      Aus der Einsamkeit,

      Wo Sinnen und Säfte stocken,

      Wollen sie dich locken.

      Hör auf, mit deinem Gram zu spielen,

      Der wie ein Geier dir am Leben frisst!

      Die schlechteste Gesellschaft lässt dich fühlen,

      Dass du ein Mensch mit Menschen bist.

      Doch so ists nicht gemeint,

      Dich unter das Pack zu stossen.

      Ich bin keiner von den Grossen;

      Doch willst du mit mir vereint

      Deine Schritte durchs Leben nehmen,

      So will ich mich gern bequemen.

      Dein zu sein, auf der Stelle.

      Ich bin dein Geselle,

      Und mach ich dirs recht,

      Bin ich dein Diener, bin dein Knecht!

      faust . Und was soll ich dagegen dir erfüllen?

      mephistopheles . Dazu hast du noch eine lange Frist.

      faust . Nein, nein! der Teufel ist ein Egoist

      Und tut nicht leicht um Gottes willen,

      Was einem andern nützlich ist.

      Sprich die Bedingung deutlich aus!

      Ein solcher Diener bringt Gefahr ins Haus.

      mephistopheles . Ich will mich hier zu deinem Dienst verbinden,

      Auf deinen Wink nicht rasten und nicht ruhn;

      Wenn wir uns drüben wiederfinden,

      So sollst du mir das Gleiche tun.

      faust . Das Drüben kann mich wenig kümmern;

      Schlägst du erst diese Welt zu Trümmern,

      Die andre mag darnach entstehn.

      Aus dieser Erde quillen meine Freuden,

      Und diese Sonne scheinet meinen Leiden:

      Kann ich mich erst von ihnen scheiden,

      Dann mag, was will und kann, geschehn.

      Davon will ich nichts weiter hören,

      Ob man auch künftig hasst und liebt

      Und ob es auch in jenen Sphären

      Ein Oben oder Unten gibt.

      mephistopheles . In diesem Sinne kannst dus wagen.

      Verbinde dich! du sollst in diesen Tagen

      Mit Freuden meine Künste sehn:

      Ich gebe dir, was noch kein Mensch gesehn!

      faust . Was willst du, armer Teufel, geben?

      Ward eines Menschen Geist in seinem hohen Streben

      Von deinesgleichen je gefasst?

      Doch hast du Speise, die nicht sättigt? hast

      Du rotes Gold, das ohne Rast,

      Quecksilber gleich, dir in der Hand zerrinnt?

      Ein Spiel, bei dem man nie gewinnt?

      Ein Mädchen, das an meiner Brust

      Mit Äugeln schon dem Nachbar sich verbindet?

      Der Ehre schöne Götterlust,

      Die wie ein Meteor verschwindet?

      Zeig mir die Frucht, die fault, eh man sie bricht,

      Und Bäume, die sich täglich neu begrünen!

      mephistopheles . Ein solcher Auftrag schreckt mich nicht,

      Mit solchen Schätzen kann ich dienen.

      Doch, guter Freund, die Zeit kommt auch heran,

      Wo wir was Guts in Ruhe schmausen mögen.

      faust . Werd ich beruhigt je mich auf ein Faulbett legen,

      So sei es gleich um mich getan!

      Kannst du mich schmeichelnd je belügen,

      Dass ich mir selbst gefallen mag,

      Kannst du mich mit Genuss betriegen:

      Das sei für mich der letzte Tag!

      Die Wette biet ich!

      mephistopheles . Topp!

      faust . Und Schlag auf Schlag!

      Werd ich zum Augenblicke sagen:

      Verweile doch! du bist so schön!

      Dann magst du mich in Fesseln schlagen,

      Dann will ich gern zugrunde gehn!

      Dann mag die Totenglocke schallen,

      Dann


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