Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2). Perry Rhodan
Читать онлайн книгу.auf. Er wusste, dass einige prominente Bordmitglieder untergetaucht waren. ANANSI unternahm nur wenig, um ihren Spuren zu folgen. Vielleicht hing ihr Unwille damit zusammen, dass zwei der Flüchtigen, Lerva Onteren und Yüs Ghysar, eng mit der Semitronik zusammengearbeitet hatten. Womöglich fühlte sie so etwas wie eine emotionale Bindung zu ihrer Betreuerin und einem der kompetentesten Positroniker.
Ich sollte viel stärker auf Onker Dous Kompetenz vertrauen, dachte Holonder. Er mag ein sperriger, mitunter auch unangenehmer Charakter sein. Aber er wird alles geben, um die RAS TSCHUBAI zu befreien.
Bru Shaupaard saß hinter ihm, auf einem der Besuchersitze des COMMAND-Levels. Holonder fühlte seine Blicke auf sich ruhen – und das nicht nur im übertragenen Sinne. Der Cairaner strahlte etwas Erdrückendes aus. Was er sagte, waren die Worte und Gedanken der VECU.
»Ziel erreicht«, sagte Lit Olwar, der Leiter der Funk- und Ortungsabteilung. »Bitte sehr: die Riesensonne Prascai.«
Ein mächtiges Gestirn tauchte im Hologlobus der Zentrale auf. Der blaue Riese ähnelte der heimischen Sonne Wega. Allerdings kreisten bloß zwei Planeten um das Gestirn, wobei sie auf künstliche Weise auf ihren Kursen stabilisiert wurden.
»Der ehemalige Laborplanet Talzmant und der Gasriese Prutha«, ließ sich Shaupaard vernehmen. Seine Stimme klang gleichermaßen bitter und aggressiv. »Prascai hatte einst dreiunddreißig Planeten, auf denen sich zwei Kulturen friedlich nebeneinander ausgebreitet hatten. Die insektoiden Vachzach und die Wasserwesen der Elefen-Prinzen, ätherisch wirkende Geschöpfe, die schmal gebauten terranischen Quallen ähnelten und zu den Lieblingen der VECU gehörten. Sie hatten sich der mathematischen Philosophie verschrieben und waren eben dabei, eine Symbiose mit den Vachzach einzugehen, als die Phersunen auftauchten.«
»Was ist mit den Elefen-Prinzen geschehen?«, fragte Holonder.
»Es gibt sie nicht mehr. Die Phersunen haben sie ausgelöscht. So, wie sie einunddreißig Welten des Systems zerstört haben, um Vektormaterie zu schöpfen.«
Holonder gab Befehl, die Zoomfunktion einzusetzen und einzelne, im Hologlobus abgebildete Elemente besser darzustellen. Er bekam würfelförmige Elemente aus Vektormaterie zu sehen, die den Gasriesen Prutha umkreisten.
Die Würfel waren unterschiedlich groß. Manche maßen bloß wenige Meter, andere Hunderte Kilometer im Durchmesser.
»Das ist alles, was von den Welten und Monden des Systems übrig geblieben ist«, fuhr Shaupaard fort. Er stand auf einmal neben Holonder. Die golden gesprenkelte Gesichtshaut hatte an Spannkraft verloren, die beiden Arme mit den insgesamt vier Händen bewegten sich unruhig. »Alles, was die Phersunen im Auftrag der Kandidatin Phaatom unternehmen, schmeckt nach Untergang, Tod und Leid.«
»Was hast du vor, Bru? Geht es um Rache?«
Der Cairaner hielt in seinen Bewegungen inne. Der Schimmer in seinem Gesicht verstärkte sich, er kommunizierte mit der VECU.
»Auf Talzmant unterhalten die Phersunen eine größere Station«, sagte er schließlich. »Dort wird am Abyssalen Fundament für den zukünftigen Abyssalen Triumphbogen gebaut. Das Projekt befindet sich in einer für die Kandidatin Phaatom heiklen Phase. Wir werden diese Schwäche nützen.«
Holonder hatte durchaus Verständnis für den Grimm Bru Shaupaards. Was die Kandidatin Phaatom in Ancaisin anrichtete, war grauenvoll. Ungezählte Wesen waren gestorben, um Vektormaterie zu erzeugen. Biologisches Leben wurde in Substanz umgewandelt, die der Kandidatin bei ihrem Wachstum half.
»Die VECU bittet um eure Unterstützung«, fuhr Shaupaard fort. »Sie und ich wissen, dass ihr mit unseren Methoden nicht einverstanden seid. Auch wenn wir nicht verstehen, warum das so ist.«
»Worauf willst du hinaus?«, fragte Holonder überrascht. Woher kam diese plötzliche Offenheit?
»Wir werden Talzmant angreifen und dabei alle Möglichkeiten der RAS TSCHUBAI nutzen. ANANSI wird uns bestmöglich unterstützen. Aber es kommt auf jedes einzelne Besatzungsmitglied an. Auf einen gemeinsamen Willensakt. Lasst uns der Kandidatin Phaatom eine Niederlage beibringen, die ihr zu denken geben wird. Das ist doch auch in eurem Sinne. Nicht wahr?«
Holonder überlegte lange. Er fühlte die Blicke vieler Mitglieder der Zentralebesatzung auf sich ruhen.
Hatten sie denn eine Wahl? War die VECU auf sie angewiesen? Benötigte sie für ihren Kampf so etwas wie einen Grundkonsens und eine Willenserklärung der Wesen an Bord? Zog sie daraus ihre Kraft?
»Wir machen mit«, sagte Holonder schließlich. »Es geht schließlich gegen die Kandidatin Phaatom. Aber darüber hinaus sollte die VECU nichts von uns erwarten.«
»Eine Kooperation auf Zeit also.« Bru Shaupaard verschränkte die Arme ineinander. »Die VECU wundert sich, warum du ihr nicht mehr vertraust. Aber das sind Dinge, über die wir nachher sprechen können.«
»Wird es ein Nachher geben? Ich zähle dreißig Deltaraumer der SEMSHAD-Klasse und gut doppelt so viele Einheiten kleinerer Klassen. Die Phersunen haben eine riesige Streitmacht versammelt.«
»Sie bekommen es mit der VECU zu tun. Und mit euch. Gemeinsam werden wir diesen Kampf gewinnen.«
»Also schön.« Holonder bedeutete seinen Leuten, ihre Positionen einzunehmen und die RAS TSCHUBAI gefechtsbereit zu machen. »Wie ist der Plan?«
»Du wirst ihn spüren. Die VECU ersucht dich, während des Angriffs die Rolle des Piloten zu übernehmen. Du bist einer der besten Emotionauten, die Ertrus jemals hervorgebracht hat. Wir werden deine Talente benötigen.«
*
Er hatte während der letzten Tage und Wochen immer wieder als Pilot der RAS TSCHUBAI fungiert. Auch wenn er als Schiffskommandant dafür nicht mehr vorgesehen war. Briony Legh und Andris Kantweinen erledigten diese Aufgabe schließlich zu ihrer aller Zufriedenheit.
Holonder liebte es, mit dem Schiff verbunden zu sein. Der Platz in der Pilotenmulde war ihm vertraut, ebenso der intime Kontakt mit der Schiffssemitronik und damit mit der RAS TSCHUBAI selbst.
Holonder wurde zum Teil des Schiffs, er war das Schiff. Er fühlte stählerne Muskeln, den Feuerhauch der Waffen, die energiereichen Schutzschirme. Dieser Metabolismus, metallen und künstlich ausgelegt, war wie ein Lebewesen, das es kein zweites Mal in diesem Universum gab. Und er, Cascard Holonder, wurde zum Bestandteil dieses Geschöpfs.
Er fühlte ANANSI. Den semitronischen Rechnerverbund, dem er nicht trauen durfte und der in diesen Minuten dennoch der beste Verbündete war, den er sich vorstellen konnte.
Der Rechner legte eine sonderbare Unterwürfigkeit an den Tag, aber wenn es notwendig werden sollte, korrigierte und verfeinerte er seine Entscheidungen. ANANSI war Sklavin und Herrin gleichermaßen.
Da war noch etwas: ein Element, das Holonder niemals zuvor gespürt hatte. Es harmonierte mit ANANSI und reichte sanft an ihn heran, ohne ihn beeinflussen zu wollen.
Die VECU. Sie streichelte über seinen Geist, während er sich mit dem Schiff verband und die Kontrolle übernahm. Ihre nonverbale Kommunikation war rätselhaft und kaum verständlich. Sie trug etwas in sich, dem Holonder unter keinen Umständen folgen durfte, wollte er bei Verstand bleiben. An einer Superintelligenz verbrannte man sich nur allzu leicht.
Es geht los, wisperte ANANSI.
Ich brauche einen Plan!, verlangte Holonder.
Du wirst wissen, was zu tun ist, sobald es so weit ist. Ergänze mich, ergänze das Schiff, ergänze die VECU. Was die Superintelligenz dir anbietet, ist ein Privileg, das nur wenigen Wesen zuteil wird.
ANANSI lockte und verlockte. Sie ließ ihn die Rolle als Piloten spielen, um ihn enger mit der VECU in Kontakt zu bringen. In der Hoffnung, ihn auf die Seite der Superintelligenz zu ziehen.
Holonder öffnete sich ein kleines Stückchen weit. Er fühlte rings um sich die Bereitschaft des Schiffs für den Kampf. Die Waffensysteme waren bereit, die Abwehrsysteme ebenso.
Zu seiner Verwunderung, aber auch zu seinem Ärger, verzichtete ANANSI darauf, die Schweren