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und Zeitebenen werden je nach Relevanz in die Behandlung einbezogen: Solche,

      a)in denen Traumatisierungen stattfanden

      b)in denen Patientinnen keinen Zugang zu traumatischem Material hatten und ihnen das Vorliegen einer Traumafolgestörung nicht bewusst war

      c)in denen sich Patienten gegen das Vorliegen einer Traumafolgestörung innerlich wehren

      d)in denen sich die Symptome der Traumafolgestörungen spürbar entwickelten, d. h., dass den Patienten klarwurde, dass eine solche Störung vorliegt

      e)unbelastete Zeiten vor den Traumatisierungen

      f)das gegenwärtige Erleben

      g)angestrebtes Erleben (zukünftig).

      Vielleicht versuchen wir es mit einigen Basics:

      1)Komplexe Traumafolgestörungen haben einen Einfluss auf die Entwicklung der Persönlichkeit und können Persönlichkeitsveränderungen sowie Persönlichkeitsstörungen nach sich ziehen, das heißt verursachen.

      2) Traumafolgestörungen (Typ I und Typ II) können weitere psychische und somatische Erkrankungen sowie soziale Schwierigkeiten verursachen und deren Verlauf erschweren bzw. die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass solche auftreten.

      3)Psychische und somatische Erkrankungen, einschließlich der Persönlichkeitsstörungen, können die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer Traumafolgestörung erhöhen und deren Verlauf erschweren.

      4)Im Hinblick auf die transgenerative Weitergabe von Traumafolgestörungen haben sowohl diese als auch weitere psychische und somatische Störungen einen Einfluss auf das Auftreten und den Verlauf einer Traumafolgestörung der folgenden Generation.

      5)Die Wahrscheinlichkeit der Ausprägung einer traumatischen Erkrankung steigt, je mehr sich traumatische Erfahrungen aneinanderreihen. Menschen werden nicht besser in der Bewältigung von traumatischen Ereignissen, sondern schlechter.

      6)Die Frage, welcher Patient nach welchem Ereignis eine Traumafolgestörung entwickelt, ist nicht eindeutig zu beantworten.

       2.4Orientierung mittels Klassifikation von Traumafolgestörungen

      Für die traumatherapeutische Praxis sind die Fragen der diagnostischen Einordnung äußerst wichtig. Sie sind für die Behandlung wegweisend, helfen dabei, Entscheidungen über die Gewichtung der Behandlungsphasen (zum Beispiel den Umfang der Stabilisierungsphase), die Integration weiterer Behandlungsbereiche (zum Beispiel den Exkurs Schuld, Trauer oder die Therapie von Persönlichkeitsstörungen) sowie spezifischer traumatherapeutischer Interventionen (zum Beispiel die Konfrontation/Beobachtertechnik) zu fällen.

      Als die am häufigsten verwendete Orientierungshilfe in der Behandlung von Traumafolgestörungen kann die Unterteilung von Störungsbildern und entsprechenden Diagnosen angesehen werden. Eine differenzierte Klassifikation und das Bemühen um die Festlegung einer Diagnose sind aus vieler Hinsicht notwendig und hilfreich. Sie erlauben Aussagen und Entscheidungen über das therapeutische Vorgehen, den Behandlungsplan sowie einzelne spezifische Interventionen. Weiterhin erleichtern sie die Abschätzung einer Prognose und schützen vor unangemessenen Zielvorstellungen. Nicht zuletzt stellen sie eine Anerkennung des Geschehenen und der Folgen dar. Diagnosen sind nicht als Stempel oder Stigmata zu verstehen. Sie sind jedoch, wie in vielen Bereichen der klinischen Psychologie und Medizin, für eine fundierte und verantwortungsvolle Behandlung notwendig. Wenn ein Onkologe dem mit einer Krebserkrankung konfrontierten Patienten erklären würde, dass er nicht so genau wisse, unter welcher Form der Krebserkrankung er leide und welche Tumor-Art vorläge, dass es aber auch nicht so sehr auf die genaue Diagnose ankäme, da diese ohnehin relativ sei und überbewertet werde, wäre der Patient verständlicherweise höchst beunruhigt.

      Die Klassifikation und Diagnosestellung einer Traumafolgestörung in Verbindung mit einer angemessenen Psychoedukation kann Patientinnen erleichtern und ihnen Hoffnung geben, zum Beispiel, indem sie plötzlich ihre Symptome besser verstehen und einordnen können und indem ein konkreter Behandlungsplan abgeleitet werden kann. Sie kann sie jedoch in gleichem Maße stark verunsichern. Diagnosen können sehr erschrecken, einen Abgrund oder ein schwarzes Loch öffnen, vor denen viele Patienten verständlicherweise große Angst haben und die sie mit absolut besorgniserregenden Attributen verbinden, wie zum Beispiel bei der Diagnose einer Dissoziativen Identitätsstörung (DIS).

      Im Fall von Hoffnung erhöhen sich Stabilität und Behandlungsmotivation deutlich, was die psychotherapeutischen Bemühungen entsprechend erleichtert. Im Fall von Erschrecken kann eine nachvollziehbare Aversion für erhebliche Behandlungsschwierigkeiten sorgen, beispielsweise allein schon deshalb, weil die Diagnose nicht wahr sein darf.

      Die Diagnose einer Traumafolgestörung kann ungünstigenfalls einen prägenden Einfluss haben, wenn Patientinnen beispielsweise annehmen, dass sie nun unheilbar krank seien, sich alle Menschen von ihnen abwenden würden und ihr Leben auf dem absteigenden Ast besiegelt sei. Nicht zuletzt sind diagnostische Einordnungen für eine differenzierte Selbsthilfe hilfreich, da die Patienten wissen, worum es geht, wonach sie suchen müssen und welche Ansprechpartner neben der Therapeutin infrage kommen. Sie können nach Menschen mit ähnlichen Erfahrungen suchen, die beispielsweise im Heilungsprozess schon einige Schritte voraus sind, ihnen davon berichten und ihnen Mut machen.

      Wir brauchen also eine Idee von dem, worunter unsere Patientinnen und Patienten leiden. Wir brauchen dafür Worte, wir brauchen Vergleichs- und Zuordnungsmöglichkeiten, ohne dabei Stempel, Schubladen und starre Kategorien zu verwenden. Wir brauchen Entscheidungshilfen, die die Auswahl der Interventionen ermöglichen und uns den Weg durch die Behandlung zeigen. Diese Wege unterscheiden sich drastisch voneinander und hängen von sehr vielen Faktoren ab. Im Folgenden wird ein Überblick über die diagnostischen Kategorien gegeben.

       2.4.1Spezifisch belastungsbezogene psychische Störungen

      In die ICD-11, die im Mai 2019 verabschiedet wurde und ab 2022 in Kraft treten soll, wurde erstmals eine Kategorie der »spezifisch belastungsbezogenen psychischen Störungen« aufgenommen (siehe Übersicht in Tab. 1). In dieser Kategorie werden Störungsbilder zusammengefasst, die als direkte Folge des Erlebens verschiedener Arten von Belastungen entstehen können (Lotzin, Mauer u. Köllner 2019, S. 32). In die ICD-11 wurden neue Diagnosekonzepte eingeführt, die dazu beitragen, das breite Spektrum dieser Störungen besser abzubilden.

      Die wichtigste Neuerung stellt aus meiner Sicht die lange überfällige Einführung der Diagnose der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung dar, die Judith Herman bereits Anfang der 1990er-Jahre vorgeschlagen hatte. Die Behandlung von Menschen mit dieser Störung machte und macht einen Großteil der psychotherapeutischen Arbeit von Traumatherapeuten aus, ohne dass sie bisher eindeutig diagnostizierbar war, d. h., ohne dass eine offizielle diagnostische Kategorie existierte. Die diagnostische Zuordnung war durch die bisherigen Klassifizierungsrichtlinien nur unzureichend möglich (Schellong 2013, S. 43). Sie geschah auf Umwegen und mittels Restkategorien, Ergänzungen oder phänomenologischen Beschreibungen. Eine klare diagnostische Definition komplexer Traumafolgestörungen ist nicht nur für die Forschung unabdingbar, sie ist ebenfalls für die traumatherapeutische Praxis essenziell.

      Entsprechend der neuen Diagnosekonzeption der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung müssen zusätzlich zu den drei Kernsymptomen einer PTBS:

      a)Wiedererleben des Ereignisses

      b)Vermeidung von Gedanken oder Aktivitäten, die an das Ereignis erinnern, und

      c)ein anhaltendes Gefühl einer erhöhten Bedrohung

      drei weitere Schwierigkeiten zutreffen:

      d)Schwierigkeiten in der Emotionsregulation

      e)negative persönliche Grundüberzeugungen und

      f)Schwierigkeiten,


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