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wurde die Dissoziationsneigung mit aufgenommen (Hecker u. Maercker 2015, S. 554).

      Die anhaltende Trauerstörung wurde ebenfalls neu in die ICD-11 aufgenommen. Sie beschreibt eine Störung, bei der Betroffene nach dem Tod eines Partners, Elternteils, Kindes oder einer anderen nahestehenden Person mit anhaltender und tiefgreifender Trauer reagieren, die über eine normale Trauerreaktion deutlich hinausgeht (Lotzin, Mauer u. Köllner 2019, S. 34).

      Bei den in der ICD-10 bestehenden Diagnosekonzepten wurden deutliche Veränderungen vorgenommen.

      Die Konzeption des Traumakriteriums einer PTBS wurde dahingehend verändert, dass es in der ICD-11 weniger eng gefasst wird. Der bisher gültige Zusatz, dass das traumatisierende Ereignis »… nahezu bei jedem eine tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde«, wurde gestrichen. Weiterhin wurden die Symptomkriterien auf die zentralen Symptome komprimiert sowie die Lockerung des Zeitkriteriums vorgenommen.

      Eine Modifizierung und Aktualisierung wurde auch für die Anpassungsstörung vorgenommen, die bisher vor allem als Verlegenheitsdiagnose galt. Bis zum Erscheinen des ICD-11 waren für die Anpassungsstörung keine positiv formulierten Symptomkriterien festgelegt, was u. a. die Abgrenzung zu weiteren Störungsbildern, wie Depression und Ängsten, erschwerte. Sie wurde als Ausschlussdiagnose für die Fälle genutzt, in denen die Kriterien anderer, spezifischer Störungen nicht erfüllt waren (Bachem, Lorenz u. Köllner 2019, S. 37). Maercker, Einsle u. Köllner (2007, zit. n. Bachem, Lorenz u. Köllner 2019) entwickelten ein neues Konzept der Anpassungsstörungen, in dem zwei Hauptsymptomgruppen definiert werden: (1) Präokkupation als gedankliches Verhaftetsein sowie (2) Fehlanpassung in Form von Interessenverlust gegenüber Arbeit, dem sozialen Leben, der Beziehung zu anderen und Freizeitaktivitäten, einschließlich möglicher Konzentrations- und Schlafprobleme. Die Diagnosekriterien nach ICD-11 umfassen:

      a)maladaptive Reaktionen auf einen einzelnen oder mehrere psychosoziale Stressoren, die innerhalb eines Monats auftreten

      b)Präokkupationen mit dem Stressor oder seinen Konsequenzen

      c)Fehlanpassung

      d)signifikante Beeinträchtigung in wichtigen Funktionsbereichen

      e)die Symptome erfüllen nicht die Kriterien einer anderen psychischen Störung (Bachem, Lorenz u. Köllner 2019, S. 38).

      Zwei weitere diagnostische Kategorien werden in die Gruppe der Belastungsstörungen aufgenommen: die reaktive Bindungsstörung sowie die Beziehungsstörung mit Enthemmung, beides Störungen des Kindesalters, die ausschließlich in den ersten fünf Lebensjahren diagnostiziert werden können. Kinder, die eine reaktive Bindungsstörung entwickelt haben, zeigen kaum sicherheitssuchendes Verhalten gegenüber Fürsorgepersonen und suchen diese selten auf, um Trost, Unterstützung oder weitere Formen von Fürsorge zu erhalten. Bei Kindern mit einer Beziehungsstörung mit Enthemmung zeigt sich das gegenteilige Bild. Ihr Verhalten ist durch ein nahezu wahlloses und vertrauensvolles Verhalten gegenüber Erwachsenen geprägt (Lotzin, Mauer u. Köllner 2019, S. 35).

       2.4.2Dissoziative Störungen

      Die diagnostische Einordnung dissoziativer Störungen in den Diagnosesystemen DSM und ICD ist uneinheitlich. Hauptsächlich geht es dabei um die Klassifikation der Konversionsstörungen, die im DSM kategorial von den dissoziativen Bewusstseinsstörungen abgegrenzt sind, während beide Störungsgruppen im ICD zusammengefasst werden (Hoffmann u. Eckhardt-Henn 2004, S. 308). Ein weiterer Unterschied besteht in der Klassifikation der Depersonalisationsstörung, die im DSM-IV den dissoziativen Störungen und im ICD-10 anderen neurotischen Störungen (F48) zugeordnet ist. Auch Spitzer u. Freyberger erachten die Unterscheidung der zwei Gruppen: dissoziative Bewusstseinsstörung sowie Konversionsstörung als sinnvoll (Spitzer u. Freyberger 2011, S. 233).

      Für das ICD-11 sind auch in diesem Kapitel Änderungen vorgesehen. Dissoziative Bewusstseinsstörungen, Konversionsstörungen sowie die Derealisations- und Depersonalisationsstörungen werden hier zusammengefasst. Die körperlichen dissoziativen Symptome werden in einer eigenen Kategorie zusammengefasst: dissoziative neurologische Symptomstörung (DNSS) (Priebe, Stiglmayr u. Schmahl 2018, S. 488). Diese neue Kategorie umfasst:

      •visuelle Störungen

      •Hörstörungen

      •Schwindel und Benommenheit

      •andere sensorische Störungen

      •nicht epileptische Anfälle

      •Sprachstörungen mit Lähmung oder Schwäche

      •Gangstörung

      •Bewegungsstörungen

      •kognitive Symptome

      Zu den Neuerungen des ICD-11 zählen weiterhin die Aktualisierung der bisherigen Bezeichnung »multiple Persönlichkeitsstörung« zu: Dissoziative Identitätsstörung (DIS) sowie die Einführung der Partiellen dissoziativen Identitätsstörung, die der bisherigen Klassifikation NNBDS Typ 1 entspricht, einer inkompletten und hinsichtlich der dissoziativen Symptomatik etwas weniger schwerwiegenden Form der Dissoziativen Identitätsstörung. Zusammenfassend sind für das ICD-11 die in Tab. 5 aufgeführten dissoziativen Störungen gelistet (Priebe, Stiglmayr u. Schmahl 2018, S. 488):

Dissoziative Störungen im ICD-11
6B61 Dissoziative Amnesie
6B62 Trancestörung
6B63 Besessenheits-Trance-Störung
6B60 6B60.0 bis 6B60.9 Dissoziative neurologische Symptomstörung
6B64 Dissoziative Identitätsstörung
6B65 Partielle dissoziative Identitätsstörung
6B6Y Sonstige nicht näher bezeichnete dissoziative Störungen
6B6Z Nicht näher bezeichnete dissoziative Störung
6B66 Depersonalisations-/Derealisationsstörung

       2.4.3Diagnosekonzeption nach Dell (2001)

      Dell schlug bereits 2001 eine benutzerfreundliche Diagnosestellung vor, in der sich das gesamte Spektrum dissoziativer Störungen aus ICD-10 und DSM-IV widerspiegelt (Gast 2004, S. 34 ff.). Er unterscheidet zwischen einfachen und komplexen dissoziativen Störungen. Einfache dissoziative Störungen zeigen Symptome von Amnesie, Depersonalisation, Derealisation, Fugue, Trancezuständen, Flashback-Erleben sowie pseudoneurologische und somatoforme Symptome, häufig auch in kombinierter Form (Kriterium A). Komplexe dissoziative Störungen weisen zusätzlich eine Mitbeteiligung des Identitäts- und Selbstempfindens auf. Dabei liegen zwei oder mehr unterschiedliche Identitäten


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