Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen. Henrik Ibsen

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Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen - Henrik Ibsen


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Geschichte ist also ein kombiniertes Manöver gewesen. Die gewaltsamen, rücksichtslosen Attentate, die Du – im Namen der Wahrheit – an den Spitzen der Stadt verübt hast –

      Stockmann. Was ist damit? Was ist damit?

      Stadtvogt. Die waren also nur eine verabredete Revanche für das Testament des alten rachsüchtigen Morten Kiil?

      Stockmann beinahe sprachlos. Peter – Du bist doch der gemeinste Plebejer, der mir je im Leben vorgekommen ist.

      Stadtvogt. Wir sind miteinander fertig. Deine Entlassung ist unwiderruflich; – denn jetzt haben wir eine Waffe gegen Dich. Ab.

      Stockmann. Pfui, pfui, pfui! Ruft. Käte! Der Fußboden soll gescheuert werden da, wo er gestanden hat! Sie soll mit einem Zuber hereinkommen, die, – na Donnerwetter, wie heißt sie denn – die mit der rußigen Nase –

      Frau Stockmann im Wohnzimmer. Still – Still doch, Thomas!

      Petra ebenfalls in der Tür. Der Großvater ist da und fragt, ob er Dich allein sprechen kann, Vater.

      Stockmann. Ja, gewiß kann er das. An der Tür. Kommen Sie herein, Schwiegervater.

      Morten Kiil tritt ein. Der Doktor schließt die Tür hinter ihm.

      Stockmann. Na, was gibt's denn? Setzen Sie sich.

      Kiil. Stehe lieber. Sieht umher. Bei Ihnen sieht es heut hübsch aus, Stockmann.

      Stockmann. Ja, nicht wahr?

      Kiil. Recht hübsch sieht es hier aus, und frische Luft haben Sie auch; heut haben Sie wohl genug von dem sauren Stoff, von dem Sie gestern gefaselt haben. Kann mir denken, heut müssen Sie ein großartig gutes Gewissen haben.

      Stockmann. Habe ich auch.

      Kiil. Kann ich mir denken. Klopft sich auf die Brust. Aber wissen Sie auch, was ich hier habe?

      Stockmann. Doch wohl auch ein gutes Gewissen, hoffe ich.

      Kiil. ???I! Was viel Besseres!

      Er holt eine dicke Brieftasche hervor, öffnet sie und zeigt einen Stoß Papiere.

      Stockmann sieht ihn verwundert an. Badeaktien?

      Kiil. Waren heute leicht zu kriegen.

      Stockmann. Und Sie haben aufgekauft –?

      Kiil. Für alles Geld, was ich hatte.

      Stockmann. Aber, lieber Schwiegervater, – jetzt bei der verzweifelten Lage des Bades –!

      Kiil. Wenn Sie sich benehmen wie ein vernünftiger Mensch, so wird das Bad schon wieder in die Höhe kommen.

      Stockmann. Sie sehen ja selbst, ich tue, was ich kann, aber –. Die Leute hier sind ja verrückt!

      Kiil. Sie haben gestern gesagt, die schlimmste Jauche käme aus meiner Gerberei. Aber wenn das wahr ist, so hätten ja vor mir mein Großvater und mein Vater und dann ich selbst undenkliche Jahre hindurch die Stadt verjaucht wie drei Würgengel. Glauben Sie, ich lasse die Schande auf mir sitzen?

      Stockmann. Das werden Sie wohl müssen, – leider.

      Kiil. Nein, danke sehr. Mir ist mein guter Ruf und Name was wert. Die Leute nennen mich den »Dachs«, habe ich sagen hören. Ein Dachs, das ist ja so eine Art Schmutzferkel; aber darin sollen sie denn doch nicht recht behalten. Ich will leben und sterben als reinlicher Mensch.

      Stockmann. Und wie wollen Sie das anfangen?

      Kiil. Sie sollen mich rein waschen, Stockmann.

      Stockmann. Ich!

      Kiil. Wissen Sie, was das für Geld ist, womit ich diese Aktien gekauft habe? Nein, das können Sie nicht wissen; aber ich will es Ihnen jetzt sagen. Das Geld, das Käte und Petra und die Jungen einmal kriegen sollen nach meinem Tode. Denn, sehen Sie, ich habe mir doch ein bißchen was auf die Seite gelegt.

      Stockmann braust auf. Und dann gehen Sie hin und machen so was mit Kätes Geld!

      Kiil. Jawohl, das ganze Geld steht jetzt auf dem Bade. Und nun will ich doch einmal sehen, ob Sie wirklich so wahnsinnig – so heillos toll sind, Stockmann. Wenn Sie jetzt noch weiter Tiere und ähnliches Dreckzeugs aus meiner Gerberei herauskommen lassen, so ist es akkurat dasselbe, als ob Sie breite Riemen schnitten aus Kätes und Petras und der Kinder Haut. Aber das tut kein anständiger Familienvater, – wenn er nicht verrückt ist.

      Stockmann geht auf und ab. Ich bin doch aber verrückt, ich bin verrückt!

      Kiil. Sie werden doch wohl Ihr letztes bißchen Verstand noch zusammennehmen können, wenn es sich um Weib und Kind handelt.

      Stockmann bleibt vor ihm stehen. Weshalb konnten Sie es mir denn nicht sagen, ehe Sie den Kram da aufkauften?

      Kiil. Das ist nun mal geschehen; daran ist nicht mehr zu tippen.

      Stockmann geht unruhig umher. Wenn ich meiner Sache nur nicht so sicher wäre –! Aber ich bin im Innersten so überzeugt davon, daß ich recht habe.

      Kiil wägt die Brieftasche in der Hand. Wenn Sie nicht von Ihrer Verrücktheit ablassen, dann ist das da nicht mehr viel wert. Steckt die Brieftasche ein.

      Stockmann. Aber Donnerwetter, die Wissenschaft, sollte ich meinen, müßte doch wohl Verhütungsmittel ausfindig machen können; irgend ein Präservativ –

      Kiil. Womit man die Tiere tötet, meinen Sie?

      Stockmann. Ja, oder sie unschädlich macht.

      Kiil. Könnten Sie es nicht mal mit Rattengift probieren?

      Stockmann. Ach Unsinn, Unsinn! – Aber alle Leute sagen ja, es wäre nur ein Hirngespinst! Kann es denn nicht ein Hirngespinst sein! Mögen sie ihren Willen haben! Die unwissenden, engherzigen Hunde – haben sie mich nicht einen Volksfeind gescholten; – und mir die Kleider vom Leibe zu reißen, dazu waren sie auch bereit!

      Kiil. Und die Masse Scheiben, die sie Ihnen eingeschmissen haben!

      Stockmann. Ja, und jetzt wieder diese Sache mit den Pflichten gegen die Familie! Darüber muß ich mit Käte reden; in solchen Sachen kennt sie sich aus.

      Kiil. Das ist famos; hören Sie nur auf den Rat einer vernünftigen Frau.

      Stockmann fährt auf ihn los. Daß Sie auch so etwas Dummes machen konnten! Kätens Geld aufs Spiel zu setzen; mich in diese schauderhaft peinliche Lage zu bringen! Wenn ich Sie ansehe, so ist mir, als sähe ich den leibhaftigen Gottseibeiuns –!

      Kiil. Dann ist es wohl besser, ich gehe. Aber bis zwei Uhr will ich Ihre Antwort haben. Ja oder nein. Lautet sie nein, so gehen die Aktien an die Stiftung, – und zwar noch heutigen Tages.

      Stockmann. Und was bekommt dann Käte?

      Kiil. Nicht so viel!

      Die Vorzimmertür wird geöffnet. Draußen sieht man Hovstad und Aslaksen.

      Kiil. Seh mal einer die beiden da!

      Stockmann starrt sie an. Was? Sie wagen es noch, meine Schwelle zu betreten!

      Hovstadt. Jawohl, wir sind so frei.

      Aslaksen. Wir haben mit Ihnen zu reden, sehen Sie.

      Kiil flüstert: Ja oder nein – bis zwei Uhr.

      Aslaksen wechselt mit Hovstad einen Blick. Aha!

      Kiil ab.

      Stockmann. Na also, was wollen Sie von mir? Machen Sie es kurz.

      Hovstadt. Ich begreife wohl, daß Sie wegen unserer Haltung gestern auf der Versammlung etwas gegen uns haben –

      Stockmann. Und das nennen Sie Haltung? Eine schöne Haltung, das! Ich nenne es haltungslos, altweiberhaft –. Pfui Teufel!

      Hovstadt. Nennen Sie es, wie Sie wollen; aber wir konnten nicht anders.

      Stockmann. Sie durften wohl nicht? Ist's nicht so?

      Hovstadt.


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