Den du nicht siehst - Ein Schweden-Krimi. Mari Jungstedt

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Den du nicht siehst - Ein Schweden-Krimi - Mari  Jungstedt


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bitte, mit Milch. Ich komme direkt vom Flughafen, und Flugzeugkaffee schmeckt wie Katzenpisse.«

      Er strich sich die Haare aus der Stirn und sank im Sessel zurück. Schlug ein elegantes Hosenbein über das andere und lächelte leicht angespannt, als der Kommissar das Tonbandgerät holte und vor sie auf den Tisch stellte.

      »Müssen wir das benutzen?«

      »Leider lässt sich das nicht vermeiden«, sagte Knutas. »Versuchen Sie einfach, es zu ignorieren. Das hier ist, wie ich schon am Telefon gesagt habe, eine reine Routinevernehmung. Wir haben außer mit Ihnen schon mit allen Partygästen gesprochen. Deshalb sind Sie hier.«

      »Ja, gut.«

      Norrby brachte Kaffee.

      »Was haben Sie am Abend des 4. Juni gemacht, am Pfingstmontag also?«

      »Da war ich, wie Sie bereits wissen, zum Essen bei meiner alten Freundin Helena Hillerström und ihrem Bekannten, Per Bergdal. Helena und ich kennen uns schon seit vielen Jahren.«

      »Sind Sie allein dorthin gegangen?«

      »Ja.«

      »Erzählen Sie uns von diesem Abend.«

      »Anfangs war alles sehr nett. Wir aßen und tranken sehr viel guten Wein. Wir waren seit einem Jahr nicht mehr in dieser Runde zusammen gewesen. Nach dem Essen wurde getanzt. Niemand musste am nächsten Tag arbeiten, und deshalb wollten wir richtig ausgiebig feiern.«

      »Wie kam es zu dem Streit zwischen Ihnen und Per Bergdal?«

      Kristian lachte nervös und fuhr sich über seinen gepflegten dunklen Dreitagebart.

      »Ja, das war ziemlich blöd. Ich weiß wirklich nicht, was da in ihn gefahren ist. Er führte sich auf wie ein verdammter Neandertaler. Es fing damit an, dass ich ganz normal mit Helena getanzt habe. Plötzlich kam Per angestürzt wie ein Berserker und riss sie aus meinen Armen. Ich konnte kaum reagieren. Per zerrte sie auf die Veranda. Dann kam Helena hereingestürzt. Sie weinte und rannte auf die Toilette. Ich habe Helena an diesem Abend nicht mehr gesehen«, beendete er seinen Bericht.

      Vielleicht hast du sie später wieder gesehen, dachte Knutas, aber er sagte nichts.

      »Was ist dann passiert?«

      »Ich ging nach draußen, um mit Per zu reden. Aber kaum war ich aus der Tür getreten, da semmelte er mir eine voll ins Gesicht. Verdammter Idiot«, murmelte er und schüttelte den Kopf.

      »Haben Sie nicht zurückgeschlagen?«

      »Das hätte ich sicher getan, wenn die anderen nicht dazwischengegangen wären. Danach war die Party natürlich zu Ende. Die hatte er wirklich wunderbar ruiniert.«

      »Wie sind Sie dann nach Hause gekommen?«

      »Ich habe mir mit Beata und John ein Taxi genommen. Sie wohnen in Visby und ich in Brissund.«

      »Die beiden sind also aus dem Taxi gestiegen, und Sie sind allein weitergefahren?«

      »Ja.«

      »Wohnen Sie allein?«

      »Ja.«

      »Haben Sie eine Freundin?«

      »Nein.«

      »Warum nicht?«

      Kristian Nordström lief dunkelrot an.

      »Und was geht Sie das an, verdammt noch mal?«

      »Das geht uns sehr viel an«, antwortete Knutas gelassen. »Jedenfalls, solange wir diesen Mord noch nicht aufgeklärt haben. Also antworten Sie bitte.«

      »Ich habe keine Antwort.«

      »Sind Sie schwul?«

      Nordströms Gesicht wurde noch ein wenig dunkler.

      »Nein.«

      »Jetzt reden Sie schon«, mahnte Knutas. »Sie sehen gut aus, das wissen Sie sicher selbst. Sie scheinen gut zu verdienen, Sie sind ledig und in den besten Jahren. Hatten Sie jemals eine längere Beziehung?«

      »Was zum Teufel ist das hier? Sind Sie Psychologen, oder was soll das alles?«

      »Nein, aber wir brauchen eine Antwort.«

      »Ich war noch nie verlobt oder verheiratet und habe auch nie mit einer Frau zusammengelebt. Ich bin beruflich zweihundertfünfzig Tage im Jahr unterwegs. Es ist vielleicht nicht ganz abwegig, dass das eine Rolle spielt«, sagte Nordström sarkastisch. »Wenn Sie wissen wollen, ob ich Sex habe, dann lautet die Antwort Ja. Sex kann man sich bekanntlich auf mancherlei Weise verschaffen, und mehr brauche ich im Moment in meinem Leben nicht.«

      Er erhob sich halbwegs.

      »Reicht das jetzt, oder wollen Sie noch mehr wissen? Welche Stellungen ich bevorzuge, vielleicht?«

      Norrby und Knutas waren beide überrascht über diese heftige Reaktion.

      »Regen Sie sich ab. Und setzen Sie sich«, bat Knutas. Kristian Nordström setzte sich wieder und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Das scheint ja ein empfindlicher Bursche zu sein, dachte Knutas. Hier müssen wir vorsichtiger vorgehen.

      »Wie war Ihre Beziehung zu Helena Hillerström?«

      »Gut. Wir waren gute Freunde. Wir kannten uns schon seit dem Gymnasium.«

      »Hat es zwischen Ihnen irgendwann mal mehr gegeben als nur gute Freundschaft?«

      »Nein. Dazu ist es nie gekommen.«

      »Haben Sie ihr nie andere Gefühle entgegengebracht als rein freundschaftliche?«

      »Natürlich fand ich sie toll. Das ging doch allen so.«

      »Zwischen Ihnen beiden ist aber nie etwas gewesen?«

      »Nein.«

      »Und warum nicht, was meinen Sie?«

      »Keine Ahnung. Es hat sich einfach nicht ergeben.«

      »Per Bergdal zufolge haben Sie mal mit ihr ›herumgemacht‹, wie er das ausdrückt, und zwar vor vielen Jahren.« »Unsinn.«

      »Wie kann er auf diese Idee gekommen sein?«

      »Keine Ahnung. Er ist so verdammt eifersüchtig. Bildet sich Gott weiß was ein.«

      Viel mehr konnten sie bei dieser ersten Vernehmung aus Kristian Nordström nicht herausholen. Er durfte gehen und musste versprechen, sich zu melden, ehe er die Insel wieder verließ.

      Danach tranken die beiden Polizisten gemeinsam Kaffee und tauschten ihre Eindrücke aus.

      »Den Typen müssen wir im Auge behalten«, sagte Knutas.

      »Ja, der schien wie auf Kohlen zu sitzen. Unglaublich nervöser Kerl«, sagte Norrby nachdenklich. »Wir müssten uns im Bekanntenkreis erkundigen, ob er wirklich die Wahrheit sagt.«

      Knutas stimmte zu.

      »Ich werde sofort jemanden darauf ansetzen.«

Freitag, 8. Juni

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