Das Günter-Prinzip. Stefan Frädrich

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Das Günter-Prinzip - Stefan Frädrich


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hat.

      Stellen Sie sich mal einen Park voller Tiefschnee vor. An dem laufen Sie mit Günter vorbei und sagen ihm: »Weißt du was? Komm, lass uns da reingehen!« Wie wird Ihr innerer Schweinehund wohl reagieren? Klar: »Bist du bekloppt? Viel zu kalt und viel zu anstrengend!« Höchstens wenn uns ein Tiger in den Park hineintriebe, gäbe Günter seine Verweigerungshaltung kurzzeitig auf. Was aber, wenn Günter in der einen Ecke des Parks etwas zu fressen bekommt? Wenn da jemand extra eine Fressbude für innere Schweinehunde hingestellt hat? Klar, nun würde Günter hoch motiviert sagen: »Los, rein da! Dort hinten gibt es lecker Fressen!« Und randvoll mit Dopamin ginge es in den Park. Schritt für Schritt durch den tiefen Schnee in Richtung Fressbude. Dass es immer noch anstrengend und kalt ist – geschenkt! Denn schließlich sieht Günter nun einen Grund für seine Handlung. Er ist voll drin im Abenteuermodus.

       Fressbude 1: Der motivierte Gang in den Tiefschnee – dank Fressbude. Einmal in Schwung gekommen, geht es leicht und macht Spaß.

      Anfangshürden, Anstrengung und Erfolg

      Übrigens kommen auch hier wieder ein paar Motivationsprinzipien zum Einsatz, die wir bereits kennen: Zunächst muss die übliche Anfangshürde überwunden werden. Also der Gleichgewichtszustand, außerhalb des Tiefschnees zu sein. Das geht mit der Fressbude als Ziel recht einfach. Man startet einfach, macht zwei, drei Schritte in den Schnee und ist dann drin im Laufen. Einmal in Schwung gekommen, bleibt man in Schwung.

      Nun passiert etwas anderes Interessantes: Zwar kostet jeder einzelne Schritt nüchtern betrachtet Kraft – dennoch empfinden wir es nicht so, denn wir nähern uns einem konkreten Ziel. Unterwegs treibt uns im Kopf dabei das Dopamin an. Und wir kommen unserem Ziel mit jedem Schritt näher, sodass uns Günter sogar noch anfeuert: »Los, geh weiter! Bald hast du es geschafft!« Sprich: Wir tun mit Spaß, was ohne Sinn einfach nur anstrengend wäre.

      Und noch etwas ist dabei sehr wichtig: Dass wir handeln, bis wir am Ziel angekommen sind! Dann erst kickt es nämlich so richtig im Kopf: Die Fressbude ist erreicht, das Futter schmeckt. Im Kopf gibt es eine Extradosis Dopamin und ein paar Spritzer Endorphine – wir haben eine Synapsenparty zwischen den Ohren. Günter ist glücklich, er weiß: »Alles richtig gemacht!« Nun hat er gelernt, dass er auch beim nächsten Besuch im Park bis zur Fressbude durchlaufen muss, um seine Belohnung zu kriegen. So wie auch wir im Alltag manche Projekte nicht nur anfangen und dann wieder abbrechen sollten. Stattdessen sollten wir sie unbedingt so lange weitermachen, bis sich Erfolge einstellen. Also nicht nur anfangen mit der Diät, der Fortbildung, dem Sport …

      NICHTSTUN

      MACHT

      NICHT

      GLÜCKLICH

      Schlechte Nachricht für alle Fans des dauerhaften Füßehochlegens: Der berühmte amerikanische Psychologieprofessor Mihály Csikszentmihályi (sprich: »Tschik-sent-mihayi«), einer der wichtigsten Glücksforscher, fand heraus, dass aktives Handeln Menschen glücklicher macht als faules Nichtstun. Warum? Weil wir uns, wenn wir ganz in eine Aufgabe versunken sind, so fühlen, als seien wir selbst gar nicht da! Was zählt, ist dann einfach nur die Aufgabe. Wir selbst, die Welt um uns herum, unsere Sorgen, Nöte, Wünsche – alles egal, alles wie aufgelöst. Sogar die Zeit vergeht, ohne dass wir es noch wahrnehmen! Und dabei fühlen wir uns wie im Fluss. Unbeschwert. Einfach gut. Wie in Trance. Und irgendwann mal schauen wir auf die Uhr und sind überrascht: »Was? So spät ist es schon?«

      Einer der wichtigsten Faktoren für dieses von ihm »Flow«-Empfinden genannte Phänomen ist die begrenzte Verarbeitungskapazität unseres Nervensystems. Unser Bewusstsein kriegt nämlich nur etwa 110 Bits Informationen pro Sekunde auf die Reihe. Alles darüber hinaus müssen wir zwangsläufig ausblenden. Um zum Beispiel diesen Text hier zu lesen, müssen Sie ungefähr 60 Bits pro Sekunde verarbeiten. Läuft nun nebenher auch das Radio, können Sie zwar noch gerade so »mit einem Ohr« den Nachrichten folgen. Will sich nun aber auch noch jemand mit Ihnen unterhalten, sind Sie überfordert. Um das hinzukriegen, legen Sie entweder das Buch weg oder Sie schalten das Radio aus. Das gleiche Phänomen kennen Sie übrigens auch vom Autofahren. Was macht man da, wenn man sich plötzlich auf die Straße konzentrieren muss? Richtig: erstmal das Radio aus.

      Das bedeutet aber auch, dass wir selbst Unangenehmes oder Lästiges nicht bewusst wahrnehmen, während wir voller Leidenschaft etwas tun, das unsere ganze Aufmerksamkeit erfordert. Der Fußballspieler fühlt während eines wichtigen Angriffs keine Erschöpfung. Der Autor vergisst während des konzentrierten Schreibens den Kaffee auf seinem Tisch, der langsam kalt wird. Und selbst schlechtes Wetter kann uns nichts anhaben, wenn wir unsere Aufmerksamkeit etwas wirklich Relevantem widmen.

      Umgekehrt bedeutet das aber, dass wir immer dann, wenn wir im Leben unterfordert sind, auch unwichtige Lästigkeiten wahrnehmen: den Kratzer im Lack, die Regenwarnung für übermorgen und einen leicht mürrischen Partner am Frühstückstisch. Was wohl der Lackierer verlangt? Ob wir wieder Schnupfen kriegen? Und wann uns der nächste Krach droht? Insofern kann ein vermehrtes Wahrnehmen von Problemen oder häufiges Grübeln über drohendes Ungemach auch ein Symptom von Unterforderung sein! Wir faulenzen uns unglücklich.

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