Das Günter-Prinzip. Stefan Frädrich

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Das Günter-Prinzip - Stefan Frädrich


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die lästige Anfangsträgheit überwinden und Sport machen, geht es Ihnen hinterher besser. Lassen Sie sich aber von der Anfangsträgheit steuern, fühlen Sie sich langfristig unausgeglichen und schlapp. Oder falls Sie sich momentan unsicher fühlen und Zukunftsängste haben, weil Ihre Firma den Bach runtergeht, können Sie Unsicherheit und Zukunftsangst als Handlungssignale betrachten und sich sofort aktiv nach Alternativen umsehen: Wo bekommen Sie einen anderen Job her? Sollten Sie sich vielleicht selbstständig machen? Oder Vollgas geben, um die derzeitige Firma zu retten? Sobald Sie sich darüber im Klaren sind und die Perspektive langfristig ausgerichtet ist, wird das schlechte Gefühl »nur« zu einem Kompass, der Ihnen die Richtung zeigt. Und sobald Sie in diese loslaufen, geht es Ihnen besser. Warten Sie aber weiterhin nur passiv ab und leiden diffus vor sich hin, wird sich weder an der Situation Ihrer Firma noch an Ihrer so bald etwas ändern. Sie werden zum Spielball der Umstände. Obwohl Ihre Gefühle Ihnen die richtigen Signale angezeigt haben.

      4. Love it, change it or leave it!

      Nachdem Ihnen nun die langfristigen Implikationen klar sind, müssen Sie sich nur noch für eine von drei Reaktionsalternativen entscheiden: Love it, change it oder leave it!

      a) Love it!

      Ist das unangenehme Gefühl nur sehr kurzfristig und eigentlich ist alles in Ordnung? Haben Sie vielleicht einen kurzen Durchhänger, ein vorübergehendes Zwischentief oder einen frustrierten inneren Schweinehund, der ein wenig Zuspruch braucht? Dann kraulen Sie Günter kurz hinter den Ohren und machen dann weiter mit Ihrem Business as usual. Alles ist prima: Sie

      können Ihr Leben lieben und genießen – und vorübergehende Unpässlichkeiten getrost ausblenden. Love it!

      b) Change it!

      Hängt das unangenehme Gefühl allerdings mit einem Umstand zusammen, den Sie positiv beeinflussen können, dann verändern Sie diesen Umstand unbedingt: Change it! Erst danach wird es Ihnen besser gehen. Nun wäre es ein Fehler, Ihre schlechten Gefühle zu verdrängen.

      c) Leave it!

      Und falls Sie die Umstände, die Ihnen schlechte Gefühle bereiten, weder verändern noch dauerhaft ertragen können, sollten Sie unbedingt konsequent sein und die Situation ganz verlassen: Leave it! Sonst geht es langfristig nur auf Ihre Kosten. Auch hier sind schlechte Gefühle ein eindeutiges Handlungssignal. Sie dürfen sie auf keinen Fall verdrängen.

      ÜBUNG

      Die Einser-Regel

      Um bei typischen Schweinehundesituationen in die langfristige Perspektive zu wechseln, hilft die Einser-Regel. Fragen Sie sich ganz konkret: »Was bedeutet mein Handeln für mich in einer Minute, in einer Stunde, einem Tag, einer Woche, einem Monat, einem jahr, einem Jahrzehnt?«

      Beispiel regelmäßiges Joggen: Eine Minute nach dem Beginn des Laufens fühlen Sie sich womöglich unangenehm außer Puste, Sie müssen erst noch richtig in Schwung kommen. Nach einer Stunde stehen Sie aber vielleicht schon glücklich unter der Dusche und sind froh, dass Sie sich bewegt haben. Nach einem Tag wissen Sie, dass Sie gestern joggen waren und es heute nicht müssen. In einer Woche können Sie so locker drei bis vier Laufrunden in Ihrem Alltag unterbringen, ohne dass es zur täglichen Pflicht wird, zu der Sie sich quälen müssen. Nach einem Monat ist Ihre Kondition schon ein wenig besser geworden und vielleicht haben Sie ein halbes Kilo Gewicht verloren. Nach einem Jahr fühlen Sie sich deutlich fitter als im Vorjahr und die Waage zeigt ein klares Minus. Und nach einem Jahrzehnt sind Sie im Vergleich zu den regelmäßigen Nichtsportlern in Ihrer Umgebung kaum gealtert und fühlen sich nach wie vor jung und frisch. Na? Hat Günter jetzt immer noch so viel Respekt vor der kleinen Anfangshürde?

      ÜBUNG

      Sie sehen: Mit der Einser-Regel lassen sich etliche Sorgen, Mühen und Anstrengungen relativieren. Denn: Die meisten schlechten Gefühle sind langfristig betrachtet unwichtig, denn sie gehen vorbei. Es sei denn, wir erkennen sie nicht als einen Wink mit dem Zaunpfahl und verändern gar nichts. Zum Beispiel wird chronische Unzufriedenheit mit der eigenen Jobsituation (tut nicht gut) mit der Zeit meist immer frustrierender, wenn man nichts gegen sie unternimmt (tut noch weniger gut). Auch so mancher kurzfristige Kick wird aus der langfristigen Perspektive als schädlich entlarvt: Jeden Abend die Füße hochlegen und Chips essen (tut gut) führt eben langfristig zu Trägheit und Schwäche (tut nicht gut).

      4. Das Prinzip »ABENTEUER«

      Survival of the fittest?

      Okay, das bewusste Wahrnehmen unserer Gefühle und ihre Betrachtung unter zeitlichen Aspekten relativiert also unseren bequemen Lust-Schmerz-Autopiloten. Und das ist sehr wichtig – auch unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit! Schauen wir uns dazu noch mal die Gruppe Menschen an, die vorm Tiger davonläuft: In der Regel folgt deren Laufleistung ja der Normalverteilung: Die Allermeisten laufen im Mittelfeld, ein paar wenige an der Spitze der Gruppe und ein paar andere wenige am Ende. Was bedeutet das?

      Nun, der alte Charles Darwin hat ja gesagt: »Survival of the fittest«. Doch das ist falsch. Denn in der Natur überleben nicht nur die Fittesten, sondern auch das Mittelmaß. Was Darwin meinte, war vielmehr »Death of the unfittest«. Den Letzten fressen die Tiger. Und das kommt tatsächlich den Umständen in der wahren Welt ziemlich nahe. Wer nicht einmal ein Minimum an Leistungsfähigkeit draufhat, verschwindet vom Markt. Das erleben Antilopen, wenn sie von Löwen gejagt werden und leistungsmäßig zu den ganz Schlechten gehören. Das erlebt jede Firma, wenn sie einen wichtigen Startschuss nicht hört und die Mitbewerber schneller reagieren. Und das erleben jedes Wochenende junge Männer beim Balzen in den Clubs, wenn sie sich zu seltsam verhalten haben und deshalb wieder mal alleine nach Hause müssen. Nein, Leistungsfähigkeit sieht anders aus. Gewisse Mindeststandards sind einfach überlebenswichtig. Selbst für die Schnarchnasen, die nur nach dem Lust-Schmerz-Prinzip leben.

      Das graue Mittelfeld

      Die im Mittelfeld hingegen haben es besser: Sie versuchen, sich in ihrer Leistungsfähigkeit einfach nur dem Umfeld anzupassen – und obwohl sie keine wirklich guten Leistungen zustande bringen, leben sie so ziemlich sicher. Schließlich definiert die Masse, was gerade Standard ist. Und solange man sich daran hält, bleibt man am Leben – selbst wenn man sich hin und wieder auch mal notgedrungen anstrengen muss, um sich halbwegs in Schuss zu halten: täglich von neun bis fünf zur Arbeit gehen, um das Mittelklasse-Leben zu finanzieren, ein- bis zweimal pro Woche trainieren, um die Freizeit-Liga zu halten, und die lieben Kunden kriegen jedes Jahr brav eine Weihnachts- und Geburtstagspostkarte, weil man das so macht. Alles ganz normal eben.

      Dass es im Mittelfeld nicht unbedingt bunt zugeht, ist offensichtlich. Doch wozu auch? Oberste Maxime ist, sicher am Leben zu bleiben. Und die kriegt man mit einer ordentlichen Portion Lust-Schmerz-Prinzip schon hin. Auch unser Betriebssystem »Sicherheit« mit seinen Routinen und Gleichgewichtszuständen scheint hier gut zu passen. Wir verwalten, was wir haben. Und wenn wir Zwischengas geben müssen, tun wir es. Zwar bremsen wir hinterher freilich wieder ab und bewegen uns dann wie zuvor, aber das ist schon okay: Wozu sich auch überanstrengen? Wenn der Tiger sowieso nur den Langsamsten frisst.

      Die gut trainierte Spitze

      Ganz anders hingegen sieht es an der Spitze der Laufgruppe aus. Da rennen nur die Besten und müssen sich für die Flucht vor dem Tiger nicht einmal besonders anstrengen. Es reicht ihnen, eine normal gute Leistung abzurufen und sie joggen den anderen vergleichsweise locker davon. Warum? Weil ein Tiger hinter ihnen herläuft? Nicht unbedingt, denn sie können auch schnell laufen,


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